Seit wir denken können, verreisen wir mit Reiseführern. Je nach Land mit dicken Wälzern oder dünnen Bändchen, stets voller Markierungen und Notizen. Nicht ganz so lange, seit Ende der 1990er-Jahre (Michael) bzw. Anfang der Nullerjahre (Gabi), schreiben wir auch Reiseführer. Und seit 2018 versuchen wir uns im Bloggen.
Reiseblogs versus Reiseführer: Was spricht dafür, was dagegen? Was sind die Vorteile, was die Nachteile? Wir haben uns mal ein paar Gedanken gemacht zu einem ziemlich schwierigen Thema.
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Das kompakte Ganze ohne endlose Internetrecherche
Nehmen wir mal den Peloponnes, wo wir gerade (November 2020) unterwegs sind. Zur Reisevorbereitung kauften wir uns einen ausführlichen Reiseführer mit vielen Adressen. Diesen überflogen wir grob, markierten Orte und Sehenswürdigkeiten, die sich gut lasen. Für uns als Camper zudem wichtig: Infos über Campingplätze im Reisegebiet.
Alle Markierungen auf der Karte ergaben für uns schließlich eine grobe Route, der wir aber never ever sklavisch folg(t)en. Das Reiseleben bietet zum Glück immer wieder Überraschungen und neue Bekanntschaften mit zusätzlichen Tipps.
All diese Infos vorab bei einer Blogrecherche zu bekommen, ist zumindest für uns ein Ding der Unmöglichkeit. Wo anfangen, wo weiterlesen in der Unendlichkeit der Blogosphäre? Da ein spannend klingendes Info-Fitzelchen, dort ein Info-Fitzelchen. Wir würden an der Masse der Info-Fitzelchen verzweifeln.
Kurzum: In Blogs haben wir noch nie einen wirklichen objektiven und umfassenden Überblick über ein Reiseziel bekommen. Welcher Blogger recherchiert auch schon eine ganze Region oder gar ein ganzes Land? Wohl die wenigsten. Das machen wir für unseren Blog ja auch nicht. Wohl aber für die von uns verfassten Reiseführer.
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Die andere Art der Sprache
In Blogs kann man schreiben, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Das lieben wir am Bloggen. Und genau das lieben wir an vielen Blogs: individuelle, kreative und oft sehr unkonventionelle Federn, die nicht von Verlagsvorgaben eingeschränkt werden. Ganz eigene Herangehensweisen an Orte und Themen. Spannende Erinnerungen, die sich riesig unterscheiden von sachlichen Reiseführertexten, in denen bloße Infos aneinander gereiht werden.
Das ABER: Man kann zigmal über seine eigenen Texte gehen und wird eine Stilblüte oder einen Rechtschreibfehler immer und immer wieder übersehen. Lektorate und Korrektorate haben durchaus ihre Daseinsberechtigung und täten auch vielen Blogs gut.
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Die meist schönere Aufmachung
Viele Blogger setzen ihre Posts superschön in Szene. Haben tolle Fotos. Und können außerdem deutlich mehr Bildmaterial unterbringen als der Reiseführer, der ja kompakt sein soll. Schaut man sich zudem die drögen Layouts so mancher Reiseführer an, dann wundert es nicht, dass viele junge Traveller dem gedruckten Reiseführer die kalte Schulter zeigen.
Es gibt aber zum Glück auch immer mehr Gegenbeispiele. Man denke nur an die Bücher des Verlags → Reisedepeschen, der von Bloggern ins Leben gerufen wurde.
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Expertenwissen von Landeskennern
Für gewöhnlich kennen Reisebuchautoren die Regionen, über die sie schreiben, sehr genau. Bereisen die Länder seit Jahren oder Jahrzehnten. Leben gar vor Ort oder sprechen die Landessprache.
Zwei Beispiele aus unserem Autorenleben – keine Selbstbeweihräucherung, sondern Tatsachen.
Beispiel 1: Die Türkei war bis zum Einbruch des Tourismus’ im Jahr 2016 eine unserer Schwerpunktdestinationen. Der Grund: Gabis Turkologiestudium und große Türkeiaffinität. Alle Aufenthalte zusammen gerechnet, hat sie über vier Jahre ihres Lebens in der Türkei verbracht. Bis zum Putschversuch waren wir jährlich bis drei Monate zur Recherche vor Ort. Seitdem warten wir darauf, dieses so schöne wie politisch gebeutelte Land einmal wieder ausgiebig bereisen zu können.
Beispiel 2: Von 2000 bis 2008 war Prag unsere Base. Eigentlich wollten wir nur ein halbes Jahr an der Moldau bleiben, um für unser Pragbuch zu recherchieren und es vor Ort zu schreiben. Aus sechs Monaten wurden acht Jahre und insgesamt vier Tschechienbücher. Bis heute sind wir regelmäßig vor Ort, um unsere Bücher zu aktualisieren und Freunde zu treffen.
Auch manche Nischenblogger legen den Fokus auf nur eine Region. Haben sich diesbezüglich ein enormes Detailwissen angeeignet, mit dem sie ihre Leser bestens versorgen.
Viele breit aufgestellte Blogger aber schwimmen in ihren Posts meist an der Oberfläche. Dazu gehören auch viele unserer Beiträge. Solche „oberflächlichen“ Berichte müssen aber nicht schlecht sein. Wenn Leser dadurch Lust auf ein Land oder eine Stadt bekommen, dann hat der Blogger doch keine schlechte Arbeit geleistet, oder?
Bezüglich der Qualität der praktischen Reisetipps in Blogs wissen wir of nicht so recht, was davon zu halten ist. Nicht selten haben wir das Gefühl, dass aus einem Wochenendtrip nach London ein „ultimativer Guide“ wird. Oder dass einfach abgeschrieben wird. Nicht selten lesen wir unsere Reiseführertexte in Blogs. Leider aber auch in Reiseführern der Konkurrenz…
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Das Gesicht hinter dem Text
Wer bloggt, will oft nicht nur Infos weiterreichen, sondern eine Stimme haben. Meinungen vertreten. Beschäftigt man sich ein wenig intensiver mit unterschiedlichen Reiseblogger*innen, wird man schnell feststellen: Die ist mir sympathisch. Der tickt so wie ich. Die reist so ähnlich wie ich. Mag ich. Folge ich.
Bei anderen Reiseblogger*innen spürt man hingegen schnell: Überhaupt nicht mein Ding. Da hat wohl jeder andere No-Go-Typen vor Auge. Ihr wisst, was wir meinen.
Ein prägnantes Gesicht hinter einem Reiseführer gibt es hingegen kaum. Wer als Reisebuchautor tätig wird, muss sich häufig in die jeweilige Verlagsschablone pressen lassen. Zumindest in weiten Teilen. Der Mensch hinter dem Text bleibt oft verborgen. Wen interessiert der schon? Was zählt, sind die Infos.
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Die Objektivität
„Vielen Dank für die Einladung an xy. Die Ansichten in diesem Artikel sind wie immer meine eigenen.“ Wie oft lesen wir solche oder ähnliche Sätze, wenn ein Blogartikel aufgrund einer Kooperation entstand. Alles gut und schön. Doch ein Geschmäckle bleibt, zumindest bei uns. Wer irgendwo eingeladen wurde, wird das jeweilige Hotel, das Restaurant oder das Reiseprogramm in der Regel nicht verreißen, selbst wenn es grottenschlecht war. Oder? Wer wird schreiben, dass der Pool ganz trübe, der Fisch ein muffliges Grätenmonster oder die Reiseleitung ahnungslos war? Nicht vielen gelingt (unserer Meinung nach!) der Spagat, sich einladen zu lassen und nicht gleichzeitig das Mäntelchen des Gefälligkeitsjournalismus’ bzw. Schönschreibens zu tragen.
Reisebuchautoren, die in den meisten Fällen nicht von Destinationen bezahlt oder unterstützt werden, haben es diesbezüglich einfacher. Allein sie entscheiden, was ins Buch kommt und was eben nicht.
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Man muss nie online sein
Auch wenn man an immer mehr Orten dieser Welt online sein kann, möchten zumindest wir alle wichtigen Infos gebündelt im Papierformat auf der Reise bei uns haben. Es gibt immer wieder Momente, wo man schnell Antwort auf eine Frage möchte. Und sei es, um die genaue Abfahrtsstelle eines Minibusses zu erfahren. Ein Blick auf die richtige Stelle im richtigen Buch, und schon ist man (hoffentlich) schlauer als vorher.
Das Geschleppe nervt, ganz klar. Aber wir schleppen trotzdem. Manchmal gar zwei Reiseführer und dazu noch zwölf Romane. In Zeiten von Tolino, Kindle & Co! Sand und Sonnencreme hat noch keinem Buch geschadet. Und ein Buch können wir unbeaufsichtigt auf dem Handtuch liegen lassen, wenn wir baden gehen.
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Das bessere Kartenmaterial
Greifen Blogger in ihren Posts auf Google Maps oder Open Street Map zurück, verfügen Sie als Grundlage über ein perfektes skalierbares Kartenmaterial. Da können gedruckte Bücher nicht mithalten. Auch keine E-Books, die sich schwer tun, die datenlastigen Karten zügig aufzubauen. Genauso gut funktionieren da nur Reiseführer-Apps.
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Special-Interest-Themen
Was uns am Bloggen so irre Spaß macht? Dass wir endlich einmal Themen in epischer Länge ausarbeiten können, die so nie in einem Reiseführer Platz fänden. Zum Beispiel unsere Artikel zur Streetart in Berlin. Einen gibt es zu → Kreuzberg, einen zu → Friedrichshain. Mit Spaziergängen durch die Kieze. So etwas wäre in einem klassischen Städteführer undenkbar.
Genau deswegen tänzeln wir auch gerne durch die Blogs unserer Bloggerkollegen. Coole Geschichten über Streetart, über Lost Places, über Dark Tourism – wir lieben solche Themen, die in Reiseführern nur marginal zu finden sind.
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Die (vermeintliche) Aktualität
Ein Blogger geht auf Reisen. Und schwupps, zwei Wochen später, steht der Beitrag schon online. Wahnsinn, in welcher Schnelligkeit so manche Blogger*innen in die Tasten hauen. Respekt. Wir gehören leider nicht dazu. Hängen oft ein halbes Jahr hinterher. Manchmal noch länger.
Die Möglichkeit, Reiseinfos von heute auf morgen online zu posten, ist ein klarer Vorteil gegenüber dem gedruckten Reiseführer. Zwischen Vor-Ort-Recherche und dem Zeitpunkt, an dem ein Reiseführer in den Regalen der Buchhändler zu finden ist, vergehen einige Monate. Mindestens.
Doch auch in Blogs veralten Infos. Dann nämlich, wenn Blogger ihre Posts nicht regelmäßig überarbeiten. Und wer tut das schon? Wir zumindest nur sporadisch. Denn natürlich füttert man seinen Blog lieber mit neuem Content als an alten Artikeln herumzubasteln. Und natürlich hat man gar keine Möglichkeit, einen Artikel ordentlich zu aktualisieren, wenn man kein zweites Mal in die entsprechende Region fährt.
Google verschärft das Problem der veralteten Infos. Wer Reiseinfos zu einem Zielgebiet googelt, stößt nicht selten zuerst auf die Posts, die Google bis dahin als die „vermeintlich besten Treffer“ wertete. Die Seiten also, die oft angeklickt und nicht gleich wieder weggeklickt, sondern gelesen wurden. Der aktuellste Post hat es da schwierig, im Ranking oben zu erscheinen. Er taucht womöglich erst unter den vordersten Suchergebnissen erst auf, wenn er bereits angestaubt ist.
Und so kommen wieder die guten alten Reiseführer ins Spiel. Diese können nämlich durchaus aktueller sein als so mancher Blogpost. Nehmen wir beispielsweise die Reiseführer des → Michael Müller Verlags, unseres Hauptauftraggebers. Als Autor ist man dort vertraglich verpflichtet, sein Buch alle zwei oder drei Jahre zu überarbeiten. Und zwar vor Ort.
Das schreckt nicht wenige ab, die mit der Erstellung eines Reiseführers liebäugeln. Kein Wunder. Denn zum x-ten Mal all die Orte abzufahren und zu überprüfen, ob der Wanderweg noch aufgeht und nicht plötzlich über eine Stierweide führt, kann nerven. Wie jede andere Routinearbeit auch. Nein: Nicht alle Infos kann man mal kurz im Netz recherchieren. Vieles muss man mit eigenen Augen gesehen haben.
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Infos für umme
Und damit kommen wir zum nächsten und letzten Punkt: Diese regelmäßigen Überarbeitungen machen Reiseführer (zumindest gut recherchierte) entsprechend teuer. Eine Vor-Ort-Recherche kostet nun mal eine Stange Geld, egal ob Erst- oder Folgeauflage. Natürlich gibt es aber auch Reisebuchverlage, deren Bücher an Schreibtischen in Deutschland recherchiert werden.
Einen Reiseführer muss man kaufen. Bloginfos gibt es in aller Regel kostenlos, es sei denn, man spendet freiwillig – so manche Blogger*innen haben diese Option mittlerweile eingeführt. Ob’s funktioniert, wissen wir nicht. Aber gut recherchierte Reiseinfos rechtfertigen einen Obolus. Menschen, die tausende von Euros für eine Reise ausgeben, aber das Geld für gute Tipps (egal ob gedruckt oder online) scheuen, werden wir nie verstehen. Geiz ist diesbezüglich sowas von ungeil.
Und nun seid Ihr dran: Wie bereitet Ihr Euch auf eine Reise vor? Mit Reiseführern oder ausschließlich im Netz? Erzählt’s uns in den Kommentaren!
wir verwenden beides.
Bücher sind informativer aufgebaut und nicht so persönlich gestaltet, sie machen einfach einen objektiveren Eindruck. Sie sind auch angenehmer in der Handhabung, kein Zwang zum Internet,… Informationen sind viel besser strukturiert und leichter auffindbar.
Blogs und Vlogs sind auf der Gefühlsebene ansprechender und lösen leichter spontane Entscheidungen aus (…dort will ich hin…), oft aktueller und durch Kommentare werden auch mehrere Meinungen zu einem Thema sichtbar.
unsere Reiseplanung läuft oft so ab:
1. spontanes Interesse für ein Ziel wird irgendwo im Internet ausgelöst.
2. ein Reiseführer verschafft ein rundes Bild über das Zielland.
3. nochmal Blogs und Infos zu Camping- und Stellplätzen ergänzen die Planung und helfen bei der Auswahl aktueller Tagesziele.
4. manchmal pfeifen wir auf alles und entscheiden spontan, wie es wo weitergeht – das Glück lässt sich nicht planen.
see you on the road!
Hallo Peter, herzlichen Dank fürs Feedback. Die Mischung macht’s, ganz klar. Und natürlich darf die Spontaneität nie verloren gehen, egal, woraus man auch immer seine Informationen zieht. Schönes Reisen noch und viele Grüße!
Ich nutze eine Kombi aus Reiseführer und Internet. Auf ein (elektronisches oder reales) Buch mag ich einfach nicht verzichten.
Liebe Tanja, so machen wir das grundsätzlich auch. Vor ein paar Monaten allerdings sind wir durch Zufall in Sofia gelandet, worauf wir nicht vorbereitet waren. Da standen wir zum ersten Mal seit langem ohne Reiseführer da und es war echt schwierig und vor allem auch aufwendig, sich die ganzen Infos im Netzt zusammenzuklauben. Viele Grüße, Gabi und Michael
Hallo Gabriele und Michael,
hochinteressantes Thema, das mich auch schon seit einiger Zeit umtreibt. Ich bin Webentwickler und habe vor Jahren mal aus reiner Neugierde angefangen einen spezielle Website zu dem Thema Franz Kafka in Prag zu machen. Und das Thema ließ mich nicht los und ich fing dann als Prag-Liebhaber dann an auch immer mehr Seiten zu Prag aufzusetzen. Und dann fing ich auch zu recherchieren an, wie es eigentlich generell so aussieht mit Stadtportalen. Und da lernte ich tatsächlich auch erst diese Grundproblematik kennen, von der ihr – sehr profund übrigens – berichtet. Wobei ich ergänzend sagen muss, dass es zumindest bei den Großstädten touristische Portale gibt, die meistens von der Stadt selber betrieben werden. Was zumindest in meiner Heimatstadt München auch schon für gewaltigen Ärger sorgt, weil die wie eine Krake immer weitere Bereiche an sich gezogen haben, dass Zeitungsverleger gegen diese Ausweitung schon prozessiert haben.
Aber noch ein paar Gedanken generell dazu:
Ich persönlich sehe schon Möglichkeiten fernab von drögen Wikipedia-Einträgen und oft auch ausufernden Stadt-Touristik-Portalen von den Städten selber schöne Alternativen zu entwickeln, die beide „Welten“, also die der doch mehr persönlich gehaltenen Reise-Blogger und jener der sachlichen Beschreibung von Sehenswürdigkeiten, wie sie in Print-Reiseführern verkauft werden, miteinander verbinden. Es spricht doch nichts dagegen beides zu einzusetzen und die unzweifelhaften Vorteile des Internets dabei zu nutzen (siehe Kartenmaterial, viel schnellere Bereitstellung von Zusatzinformationen durch Verlinkungen etc.). Und dann neben diesen eher sachlichen Bereich, dann mehr persönlich gefärbte Beiträge von Festivals, Erlebnissen etc. zu bringen. Kurz und gut: für mich ist die Auftrennung in seriösen Detailarbeit, wie sie Reisebücher liefern und der persönlich gefärbten Reiseblogs ohne weiteres zu verschmelzen. Und ich verstehe auch ehrlich gesagt nicht, warum das nicht mehr gemacht wird.
Schöne Grüße,
Alexander
Lieber Alexander, herzlichen Dank für deine Einschätzung. Ist ja spannend, was du da aus München erzählst, wussten wir noch nicht, wie die Stadtportale so drauf sind. Richtig, beide Formate, Blogs wie Reiseführer, haben ihre Daseinsberechtigung. Nur sollte das jeweilige Medium authentisch sein und das andere nicht nur nutzen, um dort abzuschreiben. Wir haben nämlich schon Blogs entdeckt, wo einfach ganze Passagen aus unseren Reiseführern abgeschrieben wurde und das war äußerst unschön. Nochmals vielen Dank und viele Grüße, Gabi und Michael
Kleine Anmerkung noch zum Abschreiben: Natürlich muss jeder erst mal Informationen sammeln und nutzt dazu die verschiedensten Quellen. Auch der authentischste und noch so autochthone Autor wird sich auch erst mal ein in vorhandene Quellen einlesen bevor er etwas über den Jugendstil in der Stadt XY schreibt. Natürlich ist es unangenehm, wenn man seine Gedankengut plötzlich in anderen Publikationen widerfindet, ist aber auch ein untrügliches Qualitätsmerkmal … 😉
Übrigens das mit dem Abschreiben voneinander funktioniert bei den Verlagsreiseführern auch ganz prächtig. Was meint ihr, wie viele Formulierungen ich da teilweise schon gefunden habe, wo der eine Autor vom anderen abgeschrieben hat und wo man Unsinn, der auf Wikipedia stand einfach umformuliert übernommen hat. Das ist nicht nur eine Einbahnstraße … 😉 Gerade bei meinem Spezialgebiet zu Franz Kafka in Prag stehen mir gerade bei klassischen Reiseführern oft die Haare zu Berge ob des frei fabulierten Quatsches, der da oft steht …
Nix für ungut,
Alexander
Nochmal Hallo…also, wenn ich mir einen Urlaub in den Kopf gesetzt habe, schaue ich erstmal, ob es einen MM-Reiseführer gibt und ob er rein zufällig gerade erschienen ist. Nichts ist schlimmer als ein veralteter Reiseführer, es sei denn, er soll lediglich anfixen und grob orientieren. Falls MM keinen hat, nehme ich gerne DuMont, gerne auch einen Kunstreiseführer dazu, sofern er noch zu bekommen ist. Damit bin ich im September 2020 Richtung Loire gefahren und habe auch im Netz nach weiteren Tipps geschaut und im Buch vermerkt. Aufgrund der über Nacht deklarierten Corona-Risikogebiete sind wir jedoch nicht bis zur Loire gekommen und haben uns dann für die burgundische Weinstrasse entschieden und waren nun völlig ohne Reiseführer (Horrorrrrrrr… 🙂 Alldieweil mein Partner begeistert drauflos fuhr, klammerte ich mich an jedes Office de Tourisme um wenigstens ein bisschen Papier in der Hand zu haben und den Finger gleiten lassen zu können. Flugs noch eine kleinteilige Strassenkarte gekauft, auf der interessante Orte vermerkt waren (die ich dann gegoogelt habe) und was muss ich sagen? Wir sind weder verhungert noch mussten wir auf der Strasse schlafen und da wir die grossen Städte gemieden haben, haben wir so viel Schönes entdeckt, dass wir auf jeden Fall nochmal ins Burgund wollen (Bis dahin hat der MM Zeit, einen Reiseführer rauszugeben 🙂 ). Nunja, für mich bleibt ein richtiges Buch essentiell und da das Reisen ja grad nicht wirklich en vogue ist, habe ich mir ein Rezeptbuch über elsässische Spezialitäten gekauft. Die Urlaubs-Kühlkette muss ja gewährleistet bleiben…Macht weiter so!
Liebe Karin, vielen Dank für dein herzerfrischendes Feedback. Tja, ist schon hart, so eine Reise ohne Reiseführer, aber nicht so hart wie ein Leben ohne Reise, gell? -:) Wir fühlen uns ehrlich gesagt auch sehr nackig, wenn wir ohne Reisehandbuch unterwegs sind. Einmal, es war auf Mauritius, haben wir unseren Reiseführer (damals ein Lonely Planet) verloren. War völlig unlustig. Haben dann alle Buchläden auf der Insel durchforstet und tatsächlich Ersatz gefunden…
Ich bin auch immer wieder erstaunt, welche Vorurteile manche Leute über Reiseführer haben. Die sagen dann, wer einen Lonely Planet hat, sitzt am Ende immer dort, wo alle Touristen hingehen. Und sie alle wollen an Orte, die „noch in keinem Reiseführer“ stehen und geben an, im Netz suchen zu wollen.
Mich hat diese Aussage schon immer irritiert. Denn aus meiner Erfahrung ist es genau umgekehrt: In 80 Prozent der Blog-Artikel geht es um die gleichen fünf bis vielleicht zehn Länder. Und in 80 Prozent dieser Länderübersichten sind dann die gleichen fünf bis zehn Highlights. Echte Perlen abseits der Trampelpfade findet man in Blogs schon hin und wieder, aber es ist selten.
Ich merke das auch an mir selber. Ich möchte zwar alternative Ziele vorstellen. Aber letztlich ist es in zwei Wochen Urlaub in einer Region kaum möglich Orte zu finden, die Experten wie ihr nicht auch schon kennen. Mir ist das bisher nur in China mehrmals gelungen, wirklich tolle Orte aufzuspüren, die in keinem deutschsprachigen Reiseführer standen. (Aber ich habe da dann letztlich trotzdem auf Reiseführer zurückgegriffen, einfach auf chinesische.)
Danke dir, Oli. Dein erster Satz ist megaspannend und drückt aus, wie gespalten doch die alte und die junge Reisewelt mittlerweile sind. Wir nämlich sind andersrum erstaunt, welche Vorurteile manche Leute (oft auch Kollegen aus der Reisebuchbranche) über Reiseblogs haben. Dabei spielt natürlich oft auch die urkonservative Angst vor der jungen Konkurrenz, die einem was wegnimmt, eine Rolle. Schade, denn man könnte auch Hand in Hand arbeiten, vom anderen lernen.
Lonely Planet nutzen wir übrigens gar nicht mehr, aus der Angst heraus, dort zu landen, wo alle landen. Wir versuchen dann immer, Reiseführer kleinerer Verlage zu finden (z.B. Bradt Guides für Afrika). Insofern stimmern diese Vorurteile unserer Meinung nach in Teilen schon.
Auf der anderen Seite findet man aber auch im Netz keine Geheimtipps mehr. Die Perlen, von denen du schreibst, sind selten. Da kann man sich als Blogger natürlich auch an die eigene Nase fassen. Auf der anderen Seite ist es aber doch einfach schön, mal selbst was zu entdecken. Ohne Blogs, ohne Reiseführer. Unterwegs sein wie früher, als das Reisen noch aus Überraschungen bestand…
Ich bin auch nicht mehr sooo jung. Daher denke ich nicht, dass das mit den Vorteilen wirklich eine Altersfrage ist. Aber es stimmt natürlich: Reiseblogs sind ebenfalls mit Vorurteilen behaftet, einfach mit anderen.
Was ich in letzter Zeit feststelle, ist, dass Reiseverlage ihre Autoren vermehrt unter Reisebloggern rekurieren. Auch mein erstes Buch verdanke ich der Aufmerksamkeit, die ich durch den Blog bekommen habe. Ebenso das Projekt, an dem ich aktuell dran bin. Da scheinen mir die Berührungsängste zwischen den klassischen Verlagen und den Blogs etwas zurückgegangen zu sein – vermutlich auch deswegen, weil Blogs auch gleich ein guter Verkaufskanal sind.
Lonely Planet ist für viele ein rotes Tuch. Ich kann das aber nicht so recht nachvollziehen. In den Büchern werden viele Orte erwähnt und die meisten davon sind, wenngleich keine „Geheimtipps“, so doch nicht gerade überlaufen. Zudem ist es ja auch so, dass es gerade die volleren Orte sind, die fast zwingend ebenfalls in allen anderen Reiseführer vorkommen. Ein Taj Mahal kann man kaum auslassen. Und letztlich stellt sich die Frage, ob das wirklich schlimm ist. Wenn ich zum Beispiel in Afrika unterwegs bin, vor allem als Solo-Reisender, bin ich manchmal ganz froh, wenn ich ein Buch habe, in dem auch die Orte erwähnt sind, wo alle anderen Traveller abhängen. Dann kann ich nämlich je nach Lust und Laune entscheiden, ob ich andere Reisende sehen möchte oder nicht.
Hallo Oli, danke für deine Anmerkungen. Absolut richtig: So einige Reisebuchverlage suchen sich Autoren mittlerweile bewusst in der Bloggerszene, weil sie dort auch die entsprechende Reichweite und die Werbung fürs Buch sofort mitbekommen. Die Zusammenarbeit ist aber nicht immer so einfach, weil die monatelange Beschäftigung mit immer der gleichen Destination nicht für jeden etwas ist. Manche Blogger, das wissen wir von der Verlagsseite her, unterschätzen die unglaubliche Arbeit, die hinter einem gut recherchierten Reisebuch steckt und springen wieder ab, spätestens dann, wenn es heißt, dass man regelmäßig überarbeiten muss. Zu Lonely Planet: Also wir versuchen Titel des Verlags zu meiden, wenn es andere Individualreiseführer über die jeweiligen Länder gibt. Denn nicht selten sind die von LP empfohlenen Unterkünfte überlaufen und/oder überteuert, während das gleichwertige Hotel nebendran halb leer ist. Den Eindruck hatten wir zumindest oft in Mittelamerika. Für afrikanische Länder haben wir stets Reiseführer aus dem Bradt-Verlag im Gepäck. Aber du hast schon Recht: In manchen Ländern ist man froh, Oasen zu finden, wo man auf andere Reisende trifft und sich so ein wenig vom Land erholen kann.
Vom Unterschätzen der Arbeit kann ich ein Liedchen singen. Ich habe mich bei der Zeitplanung für mein China-Buch auch massiv vertan. Vor allem war mir nicht so ganz klar, wie viel 111 wirklich ist. Ich habe das nun bei meinem zweiten Projekt ein bisschen besser im Griff, aber bin doch immer wieder überrascht, wie wenig sich meine bisherige Arbeit in fertige Prozent niederschlägt. Aber das konzentrierte Arbeiten an einem Thema für längere Zeit, das finde ich – jetzt so als Autorensicht – eigentlich das Beste am Bücherschreiben.
Interessant, das mal gegenüberzustellen, aber vielleicht auch etwas unnötig. Sind halt zwei unterschiedliche Genres mit spezifischen Vorzügen. Die Kombination macht ergibt wahrscheinlich das passende Ergebnis: Für mich Lonelyy Planet Reiseführer, aber online Recherche auch gerne in Reiseblogs. Besonders gut find eich dann, wenn ich vor Ort bin, die lokalen Reiseblogs von Leuten, die dort leben. Das sind meistens tatsächlich die besten und auch aktuellsten Quellen. Bücher in Papierform nehme ich übrigens gar keine mehr mit, zu viel unnötiges Gewicht im Gepäck…
Hi Dirk, die Sache mit den lokalen Reiseblogs ist sehr interessant. Diesbezüglich werden wir künftig auch mal mehr schauen. Was die Bücher in Papierform angeht, so ticken wir völlig anders. Was für dich „unnötig“ ist, ist für uns ein wichtiger Faktor einer gelungenen Reise. Da wird ständig drin geblättert und markiert.
Ja, auch als Reisebloggerin muss ich zugeben, dass ich zur Reisevorbereitung immer einen Reiseführer nutze und Blogs nur für spezielle Einzelsehenswürdigkeiten anschaue (hier sind sie aber meist ausführlicher als ein – meist nur kurzer – Absatz dazu im Reiseführer). Ich mag die Übersichtlichkeit von Reiseführern – da muss ich mir die wichtigsten Informationen nicht aus dem Netz zusammensuchen, sondern habe auf einen Blick alles parat. Ich kann mir Notizen im Buch machen, und ich nehme das Buch auch während der Reise immer wieder zur Hand, um mich in die nächste Reisestation einzulesen.
Liebe Sabine, genauso geht es uns eben auch. Finden wir interessant, dass das auch erfahrene Reiseblogger*innen so sehen.
Kurz geschrieben ohne Euren Reiseführer wären wir nicht auf die Insel gekommen und geblieben.
Sicher haben wir uns vorher im Netz auch informiert, jedoch reisen wir nicht ohne Reiseführer und Karte aus Papier.
Egal ob man Strom hat, total vollgesandet wird, komplett durchnässt wird, der Reiseführer macht fast alles mit.
Außerdem ist eine Reise der Weg und auf diesem hat man oft Zeit und Muße und kann sich in den Reiseführer auch “fallen lassen” und stößt so auf Dinge, die man sonst überlesen hätte und damit übersehen.
Für individuell Reisende hat der Reiseführer aus unserer Sicht einen viel größeren Alltagsnutzen.
Und damit hoffen wir das Reisen bald wieder möglich sein wird.
Grüße aus Graciosa
Steffen
Lieber Steffen, herzlichen Dank für dein Feedback. Ganz richtig, der „Schmökereffekt“ kommt beim Reiseführer noch hinzu, den hatten wir ganz außer Acht gelassen. In diesem Sinne schicken wir viele Grüße aus Kreuzberg nach Luz. Bleibt gesund und erfreut Euch weiterhin so an dieser schönen Insel wie bisher, bei der nächsten Recherche sehen wir uns, Gabi und Michael
Interessantes Thema. Ich gehöre ja Eurer Altersklasse an ;-), kenne die offline-Zeiten und bin mit den dicken Reise-Wälzern so zu sagen aufgewachsen und gereist. Auch heute noch ist ein Reiseführer – vorzugsweise vom MM-Verlag, das erste, was bei einer bevorstehenden Reise zuerst im Rucksack landet. Gezielt nach Reiseblogs suche ich eigentlic nie, allerhöchstens, wenn ich eine ganz bestimmte Frage habe und dann erstmal google – und mich dies dann unter anderem zu einem Blog führt. Warum?: Weil ich es genauso mit den Infofitzelchen sehe wie Ihr, es überfordert mich. Gewiss gibt es andere, die da gerne stundenlang stöbern und Freude dran haben, aber mich selbst nervt es dann. Viele Blogs sind auch die reinsten Selbstdarstellungsplattformen, wo Poser-Fotos im Vordergrund stehen und praktische Infos im Hintergrund dümpeln wenn überhaupt. Fazit: Als Ergänzung sind Reiseblogs hilfreich und gut, aber nicht als ausschließlicher Reiseguide. Ehrlich gesagt gibt es ja sowieso nur den einen Reiseblog für mich – und zwar hierdadort 🙂
Würde mich mal interessieren – was Generation Z dazu sagt…..
Liebe Lotte, so ein Lob geht natürlich runter wie Öl, 🙂 Würde uns auch interessieren, was Generation Z dazu sagt. Aber die liest unsere Beiträge mit großer Wahrscheinlichkeit nicht…