„Valletta ist eine Stadt, die von Gentlemen für Gentlemen errichtet wurde.“
Benjamin Disraeli, 1804–1881
Lust auf einen Spaziergang durch Maltas kleine Kapitale? Der dauert nicht allzu lange. Die Hauptstadt habt Ihr lässig an einem Tag durchstreift. Ihr könnt Euch aber auch länger einmieten. Valletta lohnt sich immer – egal, ob als Städtetrip oder als Standort zur Erkundung Rest-Maltas.
Auf geht’s, unserem Schirm hinterher! Wir wollen Euch ein bisschen durch die Straßen führen, vorbei an den goldgelben Kalksandsteinpalästen mit ihren roten oder dunkelgrünen Erkern, vorbei an Bars und Kneipen, glanzvollen Kirchen und vielen Details am Rand.
Inhaltsverzeichnis
Renaissancestadt par excellence
Moderne Architektur: City Gate
Den Überblick behalten: Vallettas Gärten
Valletta kreativ: Sciortino & Co
Bauch vollschlagen: Da Pippo Trattoria
Das Erbe der Ritter: Großmeisterpalast
Baden und Sonne tanken: Felsstrand oder Sandstrand?
Kaffeepause: Unter Stuck oder mit Thunfisch-Semmel?
Kreuzfahrer verabschieden: An der Waterfront
Valletta by night: Absacker im „Darm“ oder Jazz bei der Brücke?
Valletta, früher und heute
Es ist noch gar nicht so lange her, da war es schwierig, am Abend ein geöffnetes Lokal in Valletta zu finden – von ein paar wenigen drögen Hotelrestaurants einmal abgesehen. Nach 18 Uhr, wenn die Pendler der Hauptstadt Maltas den Rücken gekehrt hatten, herrschte eine fast gespenstische Ruhe. Nur ein paar dicke Kakerlaken trieben sich dann noch in den verlassenen Treppengassen herum.
Das hat sich im letzten Jahrzehnt gründlich geändert. Die Grande Dame räkelt sich nicht nur, sie dreht so richtig auf. Hipster beziehen topsanierte Altbauten, Touristen schlafen in federleichten Boutiquehotelbetten, aufregende Restaurants und witzige Bars schießen aus dem Boden wie Pilze nach einem Sommerregen.
Trotz alledem ist Vallettachen von einer Metropole weit entfernt. Nur 5700 Ladies und Gentlemen wohnen in der Festungsstadt, auch wenn man das tagsüber gar nicht glauben will. Dann nämlich stehen die Verehrer Schlange und sind die Cafés gefüllt, zumal in Valletta auch das Parlament tagt und diverse Ministerien und diplomatische Vertretungen angesiedelt sind.
Renaissancestadt par excellence
Fürs geistige Auge: Die in ein Korsett aus wuchtigen Mauern gezwängte Stadt hat ein wenig die Form einer herausgestreckten Zunge. Sie ist umringt von Wasser. Aber nur von der Zungenspitze blickt man auf die offene See. Von rechts und links züngeln andere Zungen der Kapitale entgegen und schaffen so beidseitig Naturhäfen, die ihresgleichen suchen. Valletta, von den Kreuzrittern im 16. Jahrhundert auf blankem Fels errichtet, hat seinen Platz auf der UNESCO-Welterbeliste zu Recht.
Die Renaissancestadt ist eine architektonische Perle. Als erste Stadt Europas wurde sie schachbrettförmig angelegt, damit der Wind kühlend durch die Gassen fegen konnte. Das kommt Ihr bis heute zugute – die Sommermonate auf Malta sind mörderisch heiß! Dafür fängt hier der Frühling auch schon im Winter an.
Moderne Architektur: City Gate
Für gewöhnlich betritt man Valletta durch das City Gate, das Nadelöhr im Süden der Stadt. Es hat der italienische Stararchitekt Renzo Piano entworfen, genauso wie die beiden wie angeraspelt wirkenden Blöcke gleich dahinter rechter Hand, in denen das Parlament tagt.
Flanieren: Republic Street
Die Republic Street ist Vallettas Flaniermeile schlechthin. Hier pocht Vallettas Herz. Zig Prachtbauten säumen die Hauptader Vallettas, dazu nette Cafés und der eine oder andere Band Club, wie die zünftigen Kneipenrestaurants der Blaskapellenvereine genannt werden. Dazwischen Geschäfte und Boutiquen.
Aber herrje, das mit dem Shoppen ist so eine Sache. Die Gefahr, dass man mit ein, zwei Koffern mehr nach Hause kommt, ist praktisch nicht vorhanden. Ganz Malta ist kein Shoppingparadies, und Valletta ohnehin nicht Maltas erste Shoppingadresse – dafür weicht man besser in die Nachbarstadt Sliema aus.
Kurz und gut: 40.000-Einwohner-Städte in Deutschland bieten deutlich mehr Shoppingmöglichkeiten als die maltesische Kapitale. Dafür besitzt Valletta an der Merchants Street, einer Parallelstraße zur Republic Street, ein Shopping- und Shoppingpausenschmankerl: die schick umgebaute historische Markthalle Is-Suq tal-Belt, mit Cafés, Lounges, Fisch- und Obsthändlern. In der Vorstadt Floriana geht zudem sonntagvormittags ein bunter Markt über die Bühne.
Den Überblick behalten: Vallettas Gärten
Vom Hastings Garden blickt man über den Marsamxett Harbour hinüber nach Msida und Sliema. Das Fort, das Ihr linker Hand im Hafen seht, ist Fort Manuel. Nahebei gab es einst eine Quarantänestation – wer zu Zeiten der Ritter den Quarantänebestimmungen zuwiderhandelte, wurde mit dem Tode bestraft.
Die Kirsche auf dem Aussichtskuchen ist jedoch der kleine Upper Barrakka Garden, wo der Blick frei über den Grand Harbour hinweg auf die so genannten Three Cities fliegt. Die drei benachbarten Stadtschönheiten – Vittoriosa, Cospicua und Senglea – könnt Ihr übrigens ganz bequem mit der Fähre oder dem Wassertaxi erreichen. Am besten fahrt Ihr am Abend hinüber, wenn rund um den Grand Harbour die Lichter angeknipst werden.
Valletta kreativ: Sciortino & Co
Wer auf Kunst steht, sollte sich das Museum → Mużain der Auberge d’Italie nicht entgehen lassen. Hier sieht man unter anderem Skulpturen des maltesischen Bildhauers Antonio Sciortino (1879–1947), der stark von Rodin beeinflusst war. Kunst gucken kann man auch im → Center for Creativity im St. James Cavalier (mit Kino, Galerieräumen, Konzert- und Vortragssälen), im Palazzo de La Salle, wo die → Malta Society of Arts ihren Sitz hat und in den Galerien → Valletta Contemporary, → Blitz und → Studio 104.
Nicht verpassen sollte man auch das → Archäologische Museum an der Republic Street, das in einem Stadtpalast, der einstigen Auberge de Provence aus dem 16. Jahrhundert, untergebracht ist. Possierlichstes Ausstellungsstück: die so genannte Venus von Malta, ein nur 13 Zentimeter großer Torso mit Brüsten im Russ-Meyer-Format, mindestens 5000 Jahre alt.
Ach ja, und ein Theater hat Valletta übrigens auch. Das → Manoel-Theater mit seinen goldverzierten Rängen ist eines der ältesten neuzeitlichen Theaterhäuser Europas (1731 erbaut).
Bauch voll schlagen: Da Pippo Trattoria
Schon während Ihr das hier lest, reserviert Ihr am besten einen Tisch in der Da Pippo Trattoria an der Melita Street 136 (Tel. 00356-21248029). Mehr Malta geht kaum als in dem kleinen, völlig überdekorierten Souterrainlokal. Grüne Holzstühle, karierte Tischdecken und feuchtfröhliche Stimmung bei den Gästen, die Hektoliter Rotwein süffeln und sich gegenseitig Köstlichkeiten in den Mund schieben: Tintenfischsalat, Meeresfrüchte-Pasta, Rinder-Carpaccio. Die Küche, die keine Speisekarte kennt, ist zum Niederknien gut und völlig fair kalkuliert. Leider vergessen wir hier vor Gier und Freude am Essen jedes Mal, die Kamera zu zücken…
Das Erbe der Ritter: Großmeisterpalast
Die Malteser nennen den → Großmeisterpalast einfach „Il-Palazz“, den Palast. Wo einst der Großmeister der Ordensritter residierte, empfängt heute der maltesische Präsident Staatsgäste aus aller Welt. Der 95 Meter lange Palast gehört zu den Must-sees Vallettas. Zu sehen sind einige Staatsgemächer, dazu die Rüst- und Waffenkammer (Armoury).
Falls dicht: Nahebei steht die → Casa Rocca Piccola, ein Palast aus dem 16. Jahrhundert, noch heute im Besitz einer Adelsfamilie. „Schöner Wohnen“ lässt grüßen!
Baden und Sonne tanken: Felsstrand oder Sandstrand?
Rund um Valletta findet man keine Sandstrände, nur blanken Fels. Dennoch wird gebadet. Auf Höhe des War Memorial und der St. Lazarus Bastion führen Stufen hinab in Meer. Schwimmt aber nicht zu weit hinaus, sonst fährt Euch ein Kreuzfahrtschiff über den Haufen! In die Golden Bay, Malta beliebtestem Sandstrand, und in die ebenfalls sandige Mellieha Bay im Nordwesten Malta gelangt man spielend mit Bussen, die vor den Toren der Stadt abfahren. Rund 40 bis 60 Minuten seid Ihr dahin unterwegs.
Nur so viel: Macht Euch auf ein Bad in der Menge gefasst – weder die Golden Bay noch die Mellieha Bay fallen in die Heimlich-still-und-leise-Kategorie. Malta ist leider keine Insel für Strand-Aficionados.
Kaffeepause: Unter Stuck oder mit Thunfisch-Semmel?
Warum zieht es uns trotz unfreundlicher Kellner und satter Preise immer wieder ins → Café Gordina am Republic Square? Ganz einfach: Das Sacher Vallettas, das bereits seit 1837 existiert, ist einfach eine Augenweide. Güldener Stuck, Spiegel, pathetische Törtchenauslagen, Kronleuchter unter Kuppeln, das ganze Programm eben. Und draußen am Platz sitzt man sogar noch schöner. Trinkt einen Cappuccino, liest die Times of Malta und lässt sich immer wieder ablenken – die Kreuzfahrtstouristen am Nebentisch geben nun mal gute Lästervorlagen.
Weniger prunkvoll, aber nicht minder authentisch ist das Museum Café an der Melita Street 25. In dem ewig vollen, kleinen Schlauch mit seinen nostalgischen Emailleschildern an den Sandsteinwänden kommt man am besten zum Lunch-Quickie. Unser All-time-Favourite: Hobz biz-Zejt, ein knuspriges, mit Glück noch warmes Steinofenbrötchen, bestrichen mit Tomatenmark, Olivenöl und Thunfisch, belegt mit Insel-Kapern und sauren Gurken.
Allah ganz nah: St. John’s Co-Cathedral
Gott, den man hier „Allah“ ruft, hat im erzkatholischen Malta so viele Häuser wie das Jahr Tage hat. Sagt man zumindest. Und allein in Valletta erweisen ihm über ein Dutzend die Ehre. Wer sich nur eine Kirche anschauen will, sollte der → St. John’s Co-Cathedral am gleichnamigen Platz den Vorzug geben – ein überladenes Sahnestück. Der Boden besteht aus über 400 Grabplatten, unter denen Ordensritter begraben liegen. Im Oratorium trifft man auf Caravaggios „Die Enthauptung des Heiligen Johannes“, das zu den bedeutendsten Gemälden des 17. Jahrhunderts zählt. Was für eine Lichtdramatik! Kein Wunder, dass die Wände von Bewunderungsseufzern widerhallen.
Kreuzfahrer verabschieden: An der Waterfront
Klein ist der Mensch, klein ist Valletta, riesig nur die Luxusdampfer! Dieses Gefühl überkommt einen an der → Valletta Waterfront, einer Zeile restaurierter Hafenspeicher, vor der die Kreuzfahrtsschiffe anlegen. Tausende von Landgängern werden hier im Sommer Tag für Tag ausgespuckt, laufen bunten Fähnchen hinterher, haken schnell das Muss-Programm ab und decken sich im Anschluss mit Souvenirs ein.
Gegen Abend jedoch, wenn auf den schwimmenden Wohnmaschinen die Büfetts aufgefahren werden, wird es ruhig an der Waterfront. Dann treffen sich hier die Locals zum Bier, zum Wein oder auf eine Steinofenpizza. Exzellent sind diese übrigens im → Pepe Nero. Hinab zur Waterfront gelangt man am einfachsten mit dem Aufzug vom Upper Barraca Garden.
Valletta by night: Absacker im „Darm“ oder Jazz bei der Brücke?
Wenn dem Tag das Stündlein schlägt und auch die Tagestouristen aus den Ferienresorts der Insel zurück in ihren Hotels sind, ist Valletta noch schöner als tagsüber. Beste Zeit für den „Gut“, den „Darm“, wie die enge Strait Street im Herzen der Stadt etwas unappetitlich genannt wird. Bis 1979 machten im „Hinterhof Vallettas“ britische Matrosen Jagd auf alles, was bei drei nicht auf dem Baum war. Dann kam der Niedergang des rot beleuchteten Gassenschlauchs.
Heute entstehen hier immer mehr bunte Altmöbel-Bars, wie man sie aus Berlin-Neukölln kennt. Uns gefällt die → Tico-Tico Bar besonders gut, eine lässige Retrobar, die auch draußen eintischt – ein idealer Platz im lauen Nachtlüftchen. Junge Malteser glühen hier vor, bevor es zur großen Party ins ein paar Kilometer nordwestlich gelegene St. Julian’s geht.
Wer etwas älter ist und ruhige Klänge bevorzugt, kann freitags gegen 22 Uhr auch noch in die Bridge Bar nahe dem Upper Barracca Garden gehen. Dort sitzt man auf bunten Kissen auf Treppenstufen und lauscht dem Live-Open-Air-Jazz. Ein wunderschönes Valletta-Erlebnis, das man lange nicht vergisst. Aber Achtung: Ende Oktober ist Schicht im Schacht!
Städtetrip Valletta – ein paar zusätzliche Tipps
Valletta – Standort oder Ausflugsziel?
Freunden, die uns nach Maltatipps fragen, empfehlen wir Valletta eher als Standort denn als Ausflugsziel. Denn vor den Toren Vallettas liegt der große Busbahnhof, von dem nahezu jeder Zipfel der Insel und jeder Strand problemlos angefahren werden kann. Falls Ihr noch ein paar ruhige Badetage dranhängen möchtet, dann ist die Nachbarinsel → Gozo unser Tipp. Eine super Kombi ist zum Beispiel: Eine Woche Abhängen auf Gozo, eine Woche Valletta und von dort aus Malta erkunden.
Beste Zeit
Frühjahr oder Herbst, im Sommer ist es einfach zu heiß.
Wohnen
Ihr seid gut beraten, wenn Ihr Euch möglichst früh um eine hübsche Unterkunft bemüht. Valletta boomt. Doch auch wenn immer mehr Hotels aufmachen: Die Bettenzahl ist überschaubar! Dementsprechend sind die Preise zum Teil ziemlich gesalzen. Das Gleiche gilt für Apartments, die meist sehr stilvoll eingerichtet sind und Balkönchen, Erkerchen und/oder Dachterrassen haben.
Eine Auswahl schöner Hotels und Apartments findet Ihr in unserem Malta-Reisehandbuch. Wir selbst wohnen meist in einem der schnuckeligen → Valletta Studios von Michael Mercieca. Er ist ein liebenswerter Gastgeber, bei dem man bestens aufgehoben ist. Seine Preise sind für Valletta fair. Hier der Blick von einem der Studios auf den Grand Harbour:
Reiseliteratur
Für das → Reisehandbuch „Malta Gozo Comino“ aus dem Michael Müller Verlag (2019) haben wir fast jeden Stein in der maltesischen Hauptstadt umgedreht. Hier findet Ihr neben allen Sehenswürdigkeiten (inkl. Öffnungszeiten, Adressen und Eintrittspreisen) auch viele Hotel-, Restaurant- und Kneipentipps. Dazu die schönsten Wanderungen auf der Insel.
Mehr Malta zum Weiterlesen hier auf dem Blog
- Jerma Palace: Von Gaddafis Luxusbude zum Lost Place
- Gozo: Hey, little sister!
- Wenig Sand, viel Fels: Malta und die Sache mit dem Baden
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