Ani: Vergessenes Armenien

Ani Türkei
Ani: Kirchenruinen in der Einsamkeit

Ganz klar: Ani ist ein Ziel mit großem Wow-Faktor. Die weitläufige Ruinenstätte liegt wahrlich am Arsch der Heide – in einer baumlosen Steppenlandschaft im äußersten Nordosten des Landes direkt an der armenischen Grenze. Selbst im Hochsommer kann es hier, auf rund 1800 Meter Höhe, recht kühl werden. In den bitterarmen Dörfern der unwirtlichen Region watscheln mehr Gänse als Menschen herum.

Das war einmal anders. Vom 10. bis 13. Jahrhundert erstreckte sich hier die blühende Hauptstadt des Armenischen Reichs. Mehr als 100.000 Menschen lebten in Ani, der „Stadt der 1000 Kirchen“. Mongoleneinfälle und Erdbeben machten ihr nach und nach den Garaus. Heute spaziert man auf schmalen Wegen von Ruine zu Ruine.

Nur noch Kirchen haben die Zeiten überdauert – keine 1000, aber doch so einige. Man blickt auf reiche Ornamentik, auf Reliefs, auf Fresken mit der Maria und dem Jesuskind. Die Kathedrale besitzt keine Kuppel mehr. Die Sonne schickt Strahlenbündel in den Innenraum, wo zwischen aufstrebenden Säulen Vögel ihre Kreise ziehen.

Ani ist ein Ort, der einen gefangen nimmt.

 

In der Umgebung von Ani in der Türkei

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Bei Ani in Ostanatolien

 

Von Ani könnt Ihr hinüberwinken nach Armenien. Mehr als winken ist allerdings nicht drin. Die Grenzübergänge zwischen den verfeindeten Ländern sind seit 1993 dicht. Wer auf dem Landweg von der Türkei nach Armenien will, muss den Umweg über Georgien machen.

+++ WO? Ani befindet sich ca. 45 Kilometer östlich der Provinzhauptstadt Kars direkt an der armenischen Grenze +++ WIE HINKOMMEN? Eigenes Fahrzeug bzw. Taxi von Kars nötig +++ WANN? Im Sommer tägl. 8–19 Uhr, im Winter bis 15 Uhr +++ WO ÜBERNACHTEN? In Kars gibt es alles – vom Boutiquehotel bis zur Absteige +++ WIE LANGE? Einen halben Tag sollte man sich für Ani mindestens Zeit nehmen +++ LOHNT ES SICH? JAAAAA! +++

 

Aphrodisias: Stadt der Liebe

Ruinen von Aphrodisias in der Türkei

„Heiraten? Ich? Ich bin doch verheiratet. Wie soll ich eine bessere Frau finden als Aphrodite?“

Das Zitat stammt vom Archäologen Kenan T. Erim (1929–1990), der sein Leben der Erforschung der antiken Stadt Aphrodisias widmete. Ein schöneres Arbeitsumfeld kann man sich kaum vorstellen. Die Lage der Ruinen inmitten einer westanatolischen Hochebene ist bezaubernd. Wer im Frühling hier ist, sieht Blumen zwischen den Monumenten hervorblitzen, während die Berge drum herum noch schneebedeckt sind. Hinzu kommt eine Vielzahl an derart gut erhaltenen antiken Relikten, dass einem Altertumsforscher nur das Herz aufgehen kann.

Die Stadt Aphrodisias erlebte ihre Blütezeit zwischen dem 1. Jahrhundert vor Christus und dem 3. Jahrhundert nach Christus. Sie galt als Hotspot des Aphroditekults. Aus der ganzen antiken Welt kam man angereist, um hier zu feiern. Was man damals vielleicht ein ausschweifendes Fest nannte, würde heute eher als Drecksauparty durchgehen. Zugleich war die Stadt so heilig, dass sie nicht mal eine Stadtmauer brauchte.

 

Aphrodisias in der Türkei

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Bekannt war die Stadt auch wegen ihrer Bildhauer- und Steinmetzschule. Dank dieser begnadeten Künstler ist der Ruinenort bis heute eine wahre Wundertüte. Eyecatcher sind das Sebasteion, dessen Südportikus in voller Höhe rekonstruiert wurde, und das Tetrapylon mit seinen wunderschönen, filigran herausgearbeiteten Säulen. Letzteres bildete das Tor zum Heiligen Hain rund um den Aphroditetempel – auch von diesem sind noch 14 Säulen erhalten.

Nicht verpassen solltet Ihr zudem das Stadion, das zu den am besten erhaltenen im Mittelmeerraum gehört und locker 30.000 Menschen fassen konnte. Und das an einen Hügel geschmiegte Theater, das nicht nur Hochgeistiges, sondern auch blutige Tierkämpfe bot. Das örtliche Museum schließlich bietet Büsten und Torsi bis zum Abwinken.

+++ WO? Sehr abseitige Lage knapp 100 Kilometer südöstlich der Provinzhauptstadt Aydın +++ WIE HINKOMMEN? Ohne eigenes Fahrzeug mit dem Bus bis Nazilli, dann weiter mit Sammeltaxis über Karacasu nach Aphrodisias (aufwendig!) +++ WANN? Im Sommer tägl. 8–19 Uhr, im Winter bis 17 Uhr +++ WO ÜBERNACHTEN? Einfache Unterkünfte im Dorf Geyre nahebei, dort kann man auch campen; alles aber kein Renner  +++ WIE LANGE? Mindestens zwei Stunden +++ LOHNT ES SICH? JAA! +++

 

Aslantepe: Der Löwenhügel

Erst seit 2021 gehört der „Löwenhügel“ nahe der Stadt Malatya in Südostanatolien zum UNESCO-Welterbe der Türkei. Bei Grabungen fand man hier monumentale Löwenstatuen, daher der Name. Die Löwen (= Arslan oder Aslan) stammen aus einer Zeit, als hier das Zentrum des hethitischen Reichs Milid war (ab ca. 1100 vor Chr.). Bewohnt war der Ort aber schon viele länger. Keramikfunde lassen darauf schließen, dass hier bereits vor 8000 Jahren Menschen lebten.

Seit den frühen 1960er-Jahren gräbt sich ein italienisches Archäologenteam durch die verschiedenen Siedlungsschichten. Die spannendsten Funde wanderten ins Museum für anatolische Zivilisationen nach Ankara. Vor Ort blieben unter anderem 5300 Jahre alte Tierzeichnungen erhalten. Ansonsten fanden wir die Ausgrabungsstätte jetzt nicht sooo spannend. Aber vielleicht hat sich ja etwas getan. Es ist schon eine Weile her, seit wir das letzte Mal da waren.

+++ WO? Sechs Kilometer nordöstlich der 500.000-Einwohner-Stadt Malatya +++ WIE HINKOMMEN? Malatya hat einen Flughafen, dazu gute Busverbindungen mit zentral- und ostanatolischen Städten +++ WANN? Im Sommer tägl. 8–19 Uhr, im Winter bis 16.45 Uhr +++ WO ÜBERNACHTEN? Diverse Unterkünfte in Malatya +++ WIE LANGE? Eine Stunde dürfte reichen +++ LOHNT ES SICH? Aslantepe ist ein Special-Interest-Ziel +++

 

Bursa und Cumalıkızık: Osmanenpower

Zentrum von Bursa in der Türkei
Im historischen Zentrum von Bursa

Die Zwei-Millionen-Einwohner-Metropole Bursa ist Universitätszentrum, Industriestandort und Kurbad, dem heiße Quellen einheizen. Die Lage der Stadt am Fuß des 2543 Meter hohen Bergs Uludağ macht sie zudem zu einem Wintersportort. In der ersten Hauptstadt des Osmanischen Reichs findet man zahlreiche bemerkenswerte kunsthistorische Bauten. Trotzdem: Bursa ist keine Stadt, in die man sich Hals über Kopf verliebt. So erging es zumindest uns. Zu chaotisch, zu zerrissen.

 

 

Von der UNESCO ausgezeichnet sind osmanische Hinterlassenschaften des 14. und 15. Jahrhunderts. Darunter die Grüne Moschee mit ihrem grandiosen, namengebenden Fayencendekor und die benachbarte Grüne Türbe, in der Mehmet I. ruht. Das große Faszinosum Bursas ist aber sein Basarviertel. Ähnlich weitläufig wie das in İstanbul, nur fast touristenfrei. Wir verirren uns hier gerne. Trinken in Innenhofcafés rotbraunen Tee aus tulpenförmigen Gläsern. Erkunden Hane, die Händlerherbergen längst vergangener Zeiten. Und kaufen bunte Seide.

 

Basarviertel von Bursa in der Türkei
Bunte Seide gibt’s im Basarviertel von Bursa

 

Danach haben wir immer Zeit für einen Kebap! Für einen gescheiten. In Bursa gibt’s kein Rätselfleisch vom Spieß wie so oft in Deutschland! Bursa gilt als Wiege des İskender Kebaps. Saftiges Lammfleisch wird dabei an einem mit Holzkohle befeuerten Drehspieß geröstet. Danach serviert man das Fleisch auf knusprigem Fladenbrot, begleitet von fruchtiger Tomatensauce, viel Butter und einem Klacks Joghurt. Heiß und saufettig, aber so gut, dass die Engel singen. Versprochen! So sieht das Ganze aus:

 

Kepab aus Bursa
Hammerlecker: Kebap aus Bursa

 

Cumalıkızık gehört auch zu Bursas Welterbe. Ein von Wiesen und Wäldern umarmtes Dorf rund 12 Kilometer östlich von Bursa. Blumenüberrankte Stein- und Holzhäuschen an buckligen Pflastergassen, wo im Sommer Dörflerinnen Beeren und Landbrot verkaufen. Hübsch anzusehen. Aber mehr auch nicht.

 

Frau mit Kopftuch sitzt vor historischem Laden
Cumalıkızık: Dorf wie anno dazumal

 

+++ WO? In der westanatolischen Marmararegion +++ WIE HINKOMMEN? Busverbindungen von allen Landesteilen. Von İstanbul am schnellsten mit der Fähre zu erreichen (Dauer ca. zwei Stunden), der nächste Hafen ist Mudanya (Infos auf www.ido.com.tr und auf www.burulas.com.tr) +++ WANN? Bursa geht immer! +++ WO ÜBERNACHTEN? Bursa hat Unterkünfte jeder Preisklasse, besonders schön ist das Kitap Evi Otel. Authentisch übernachten kann man auch in Cumalıkızık +++ WIE LANGE? Zwei Tage würden wir der Stadt und ihrer Umgebung schon gönnen +++ LOHNT ES SICH? JA! Tolle Basaratmosphäre und osmanische Moscheen, ohne dass man sich auf die Tourifüße tritt! +++

 

Çatalhöyük: Steine der Steinzeit

Catalhöyük in der Türkei
Çatalhöyük: Steinzeit unterm Schutzdach

Für Çatalhöyük, eine Ausgrabungsstätte 40 Kilometer südöstlich der frommen Millionenstadt Konya, gilt: Die Geschichte ist spannender als die Ruinen vor Ort. Çatalhöyük zählt zu den ältesten Siedlungsstätten der Menschheit. In der Jungsteinzeit lebten hier rund 5000 Menschen. Ihre Häuser waren zum Teil mit Wandmalereien verziert und nur durch ein Loch im Dach zugänglich. Gassen gab es nicht, man spazierte über die Dächer. Kein einziges Haus hat in Gänze die Zeiten überdauert, eines ist aber auf dem Gelände nachgestellt.

 

Catalhüyük in der Türkei

 

Das, was von der Stadt übrig blieb, entdeckte 1958 der britische Archäologe James Mellaart auf einem 18 Meter hohen und 12 Hektar großen Hügel (= Hüyük). Bis heute wird regelmäßig gegraben. Die unter einem Schutzdach versammelten Mauerreste sind für Laien nicht allzu aufregend. Zudem wanderten die kostbarsten Funde ins sehenswerte Museum für Anatolische Zivilisationen in Ankara. Darunter waren tönerne Hirsche, schwerbrüstige Göttinnen, Stierschädel und Hörner. Letztere gaben dem Hügel seinen Namen: „Geweihhügel“.

+++ WO? Im Nirgendwo Zentralanatoliens +++ WIE HINKOMMEN? Am besten mit dem eigenen Auto +++ WIEVIEL? Eintritt frei +++ WANN? Tägl. 9–17 Uhr, am interessanten zur Grabungszeit von Mai bis September +++ WO ÜBERNACHTEN? In Konya gibt es Unterkünfte jeglicher Couleur. Recht stylish ist das Hich Hotel, auch gibt es einen Wohnmobilstellplatz +++ WIE LANGE? In ein bis maximal zwei Stunden ist man durch +++ LOHNT ES SICH? Naja +++

 

Divriği: Kleine Stadt mit großer Moschee

Moschee von Divrigi in Ostanatolien
Konservativ: Divriği in Ostanatolien

Divriği ist eine verschlafene Kleinstadt, hingeworfen auf die anatolische Hochebene. Wer richtig Eier in der Hose hat, kann von Südosten her über den Taş Yolu anreisen, eine der gefährlichsten Straßen der Welt. Alle anderen wählen besser die asphaltierten Anfahrten über imposante Pässe und die ostanatolischen Weiten.

 

Landschaft bei Divrigi in der Türkei
Ostanatolische Landschaft bei Divriği

Divriği besitzt eine unverdorbene Altstadt mit Lehmziegelhäusern. Deswegen aber kommt keiner. Das große Must-see im Örtchen ist eine traumschöne Moschee aus dem frühen 13. Jahrhundert, die Ulu Cami. Das seldschukische Meisterwerk ist heute UNESCO-Welterbe. Die Moschee mit grandiosen Steinmetzarbeiten wurde in Form einer fünfschiffigen Basilika errichtet. Jedes Schiff besitzt eine andere Gewölbeform. Hingucker sind auch die Portale, allen voran das Haupttor mit einer kunstvoll-überladenen Ornamentwand über dem Eingang, das fast barocke Üppigkeit aufweist.

 

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+++ WO? In the middle of nowhere zwischen Sivas, Erzincan und Malatya +++ WIE HINKOMMEN? Von und nach Divriği fahren Minibusse und Busse nach Sivas, Ankara und İstanbul; zudem verkehren dreimal täglich Züge nach Sivas (ca. drei Stunden) +++ WIEVIEL? Eintritt frei +++ WANN? Die Moschee ist tagsüber stets geöffnet +++ WO ÜBERNACHTEN? Kaum Auswahl. Protzigen Provinzstandard bietet das Divriği Otel, ein Haus der unteren Mittelklasse. Großes Plus: geniale Dachterrasse! +++ WIE LANGE? Allein wegen der aufwendigen Anreise sollte man sich für Divriği einen Tag und eine Nacht gönnen +++ LOHNT ES SICH? Moscheenfans kommen auf jeden Fall auf ihre Kosten +++

 

Diyarbakır: Ramponierter Stolz der Kurden

Die Festungsmauern von Diyarbakir in der Türkei

In der südostanatolischen Kurdenmetropole Diyarbakır, von den Bewohnern Amed genannt, waren wir zuletzt 2014 – kurz bevor ihr historisches Zentrum samt Festungsmauern und angrenzenden Gärten in die Liste der UNESCO-Welterbestätten aufgenommen wurde. Als dynamisch und energiegeladen, stolz und inspiriert haben wir die Stadt damals wahrgenommen. Die Stadt hatte sich gerade erst erholt vom türkisch-kurdischen Konflikt. 24 Jahre Ausnahmezustand lagen hinter ihr.

Bei unserem letzten Besuch spazierten wir durch den Urtypus einer orientalischen Altstadt. Mit handtuchschmalen Gassen, uralten Händlerherbergen, Wasserpfeifencafés und Badehäusern. Wir schlenderten durch Basare, die nach Tabak, Käse und Safran duften, liefen vorbei an Moscheen und Kirchen – Zeugnisse einer einst multikulturellen Stadt. Es herrschte Aufbruchstimmung, es war schön, wir kannten Diyarbakır auch anders.

 

Kinder in Diyarbakir
Aus und dahin: Wie die Altstadt von Diyarbakır heute aussieht, mögen wir uns gar nicht vorstellen

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Ein UNESCO-Welterbe zu sein, bedeutet leider nicht, Recht auf Schutz zu haben. In dem Jahr nach unserem Besuch war es mit dem Frieden wieder vorbei. Der türkisch-kurdische Konflikt eskalierte erneut. Es kam zu Repressionen gegen die Bevölkerung Diyarbakırs. Und wer auf Menschen bombt, nimmt keine Rücksicht auf die historische Bausubstanz.

Die Bewohner flohen in Massen. Über 800 Gebäude, so lasen wir, wurden komplett zerstört. Was die Panzer nicht erledigten, besorgten später Abrissbirnen. Satellitenaufnahmen zeigen schreckliche Bilder. Das Diyarbakır unserer Fotos scheint es nicht mehr zu geben – sie stammen aus einer Zeit, als die Hoffnung noch groß und die Sorge vergleichsweise klein war.

+++ WO? Im Südosten der Türkei, etwa 130 Kilometer nördlich der syrischen Grenze +++ WIE HINKOMMEN? Flughafen vorhanden; gute Busanbindungen; Züge verkehren über Malatya, Sivas und Kayseri nach Ankara +++ WO ÜBERNACHTEN? In Bezug auf Sauberkeit und Preis-Leistungs-Verhältnis ist Diyarbakır die Nummer 1 in Südostanatolien; eine gute Adresse (mit Bierausschank auf der Terrasse!) ist das SV Business Hotel +++ WIE LANGE? „Bleibt mindestens zwei Nächte“, hätten wir früher gesagt. Heute? +++ LOHNT ES SICH? Wir wissen es nicht! +++

 

Ephesus: Der Big Player an der Ägäis

Ephesus in der Türkei

Ephesus war schon Weltstadt, als Athen noch tiefste Provinz und Rom noch nicht einmal geboren war. In ihren besten Zeiten zählte die antike Metropole 250.000 Einwohner.

Ephesus sieht die meisten Besucher aller türkischen Ruinenstätten. Nicht ohne Grund. Ephesus flasht. Wir waren schon zigmal da und sind jedes Mal aufs Neue begeistert. Kaum irgendwo kann man sich besser in eine antike Stadt hineindenken als hier. Es gibt mit Marmor gepflasterte Straßen samt Kanalisation darunter, ein riesiges Theater und die zweistöckige Celsus-Bibliothek – einfach großartig! Dazu sieht man Tempel, Brunnen, eine antike Latrine und – der nächste Superlativ – die so genannten Hanghäuser. Dort kann man erkunden, wie die Oberen Zehntausend der Antike so lebten – in terrassierten Anwesen mit Mosaikfußböden, Fußbodenheizung, Thermalbad und fließendem Wasser.

 

Theater von Ephesus in der Türkei

 

Die schönsten Grabungsfunde haben leider die Österreicher geklaut. Sie befinden sich heute im Ephesos Museum in Wien. Was nicht außer Landes gebracht wurde, ist im Archäologischen Museum des drei Kilometer entfernten Provinzstädtchens Selçuk zu bestaunen. Selçuk ist ein idealer Standort für Individualreisende: beste Infrastruktur und der nächste Strand ist auch nicht weit. Übrigens lag Ephesus einst direkt am Meer. Doch der große Hafen versandete im Laufe der Zeit. Pläne sehen vor, wieder einen Zugang zum Meer zu baggern und Touristen künftig vom Strand in Booten zu den Ruinen zu bringen.

 

 

+++ WO? Im Westen des Landes 80 Kilometer südöstlich von İzmir +++ WIE HINKOMMEN? Selçuk ist bestens angebunden; Züge fahren nach İzmir, sie passieren auch den Flughafen +++ WANN? Im Sommer tägl. 8.30–18.30 Uhr, im Winter 8–17 Uhr +++ WO ÜBERNACHTEN? In Selçuk findet man ein gutes Angebot in allen Preisklassen. Günstig, sauber und freundlich ist das Hotel Bella (buchbar über diverse Portale). Der Dereli Motel Camping, der auch Zimmer direkt hinterm Strand von Pamucak vermietet, liegt ca. 8 Kilometer von Selçuk entfernt +++ WIE LANGE? Einen Tag sollte man für Ephesus einplanen +++ LOHNT ES SICH? Jaa, auf jeden Fall! +++

 

Göbekli Tepe: Mehr als 12.000 Jahre auf dem Bauch

Rund um die südostanatolische Stadt Şanlıurfa (kurz: Urfa) schmeckt man den Nahen Osten. Kein Wunder – Syrien liegt auch nur rund 60 Kilometer entfernt. Neben Kurden leben in den hiesigen Dörfern auch Araber und syrisch-orthodoxe Christen, die Aramäisch, die Sprache Jesu, sprechen. Die stille, einsame Landschaft empfängt ihre wenigen Gäste in biblischen Farben: Sesambeige und Honiggelb. Hier herrscht Undertourism, zumindest was den Strom ausländischer Besucher angeht.

Die Ausgrabungsstätte Göbekli Tepe („Hügel mit Bauch“) ist seit 2018 auf der Welterbeliste der UNESCO  zu finden. Die Grabungsarbeiten begannen 1995 unter Leitung von Klaus Schmidt vom Deutschen Archäologischen Institut. Was er ans Tageslicht brachte, war sensationell! Schmidt buddelte monumentale megalithische Kreisanlagen aus, die aus T-förmigen Pfeilern bestehen. Diese wiederum sind mit Tieren verziert: Löwen, Keiler, Gazellen, Reptilien, Vögel. Die ollen Steine sind älter als die Menhire von Stonehenge! Ihre Errichtung wird auf die Altsteinzeit datiert – Göbekli Tepe ist damit der älteste bisher bekannte Kultort!

Viele Fragen gilt es seitdem zu beantworten, bis zu deren Beantwortung wohl noch einige Jahre ins Land ziehen werden: Wer oder was bewegte die Jäger und Sammler jener Zeit zu solchen Leistungen? Welche Riten oder Feierlichkeiten wurden hier abgehalten? War es eine Stätte des Totenkults?

 

Die Heiligen Teiche von Urfa in det Türkei
Wer Göbekli Tepe besichtigt, übernachtet in der Regel in Urfa; hier die so genannten Heiligen Teiche

 

+++ WO? Rund 21 Kilometer nordöstlich von Urfa, zwischen Urfa und Mardin ausgeschildert +++ WIE HINKOMMEN? Fahrbarer Untersatz vonnöten +++ WANN? Tägl. 8–19 Uhr, im Winter bis 17.30 Uhr +++ WO ÜBERNACHTEN? In Urfa (erzkonservativ!) gibt es diverse Unterkünfte, darunter schöne Boutiquehotels in historischen Stadtpalästen +++ WIE LANGE? Etwa zwei Stunden für Laien +++ LOHNT ES SICH? Für Ruinenfetischisten, die gerade ohnehin in der Gegend unterwegs sind, ja +++

 

Gordion: Die phrygische Hauptstadt

In der Weite Zentralanatoliens liegen die verstreuten Ruinen Gordions. Gordion war die Hauptstadt des Phrygischen Reichs, das seine Blütezeit zwischen 800 und 690 v. Chr. erlebte. Die Ruinen befinden sich in einer mystischen Landschaft voller Grabhügel aus jener Epoche. 90 solcher Tumuli gibt es. Nicht einmal die Hälfte ist bislang ausgegraben.

Zu diesen Grabhügeln gehört auch der Midas-Tumulus, in dem Ausgräber das Skelett eines Königs samt wertvollen Grabbeigaben fanden. Leider aber wanderten sämtliche Funde in Museen, insbesondere in das Museum für anatolische Zivilisationen in Ankara. Wer die Grabkammer heute betritt, findet sie leer vor.

 

Schneise führt in einen Tumulus
Gordion: Diese Schneise führt in die Grabkammer

 

Auch die spärlichen Ruinen der Akropolis sind nicht sonderlich spannend. Und vom Gordischen Knoten keine Spur mehr, den durchschlug schon Alexander der Große. Warum die Ausgrabungsstätte im Jahr 2023 auf der Liste der UNESCO-Welterben landete, ist uns nicht ganz klar.

+++ WO? Rund 100 Kilometer südwestlich von Ankara, die nächstgelegene Stadt ist Polatlı +++ WIE HINKOMMEN? Fahrbarer Untersatz vonnöten +++ WANN? Tägl. 8–18.30 Uhr, im Winter bis 17 Uhr +++ WO ÜBERNACHTEN? Diverse Hotels in Polatlı +++ WIE LANGE? Maximal zwei Stunden +++ LOHNT ES SICH? Nur für speziell Interessierte +++

 

Hattuşa: Stadt der 1000 Götter

Ausgrabungsstätte Hattusa in Zentralantolien
Hattuşa: Ausgrabungsstätte mit Plastikburgcharakter

Die erste Hochkultur auf anatolischem Boden begründeten die Hethiter. Ihre Hauptstadt war Hattuşa, die „Stadt der 1000 Götter“. Sie liegt im heute recht kargen Zentralanatolien auf über 1000 Metern Höhe. Zu ihrer Blütezeit im 13. Jahrhundert vor Christus war das anders. Damals war die Gegend noch dicht bewaldet.

Bei einem Rundgang bzw. (besser!) bei einer Rundfahrt durch das alte Stadtgebiet, das einen Hang hinauf klettert, seht Ihr ein paar von den vielen hethitischen Göttern. In Form von Reliefs zum Beispiel, aber auch als Statuen. Außerdem: Reste von Tempeln und Burgen. Ein Abschnitt des einstigen Stadtwall wurde nachgebaut und hat Plastikburgcharakter. Besser gefallen uns die Löwen am Löwentor. Krass, was zu jener Zeit noch so alles durch die Wälder Anatoliens schlich. Da hätte man auf Safari gehen können!

Das Sphinxtor wiederum bewachen zwei große – Ihr habt’s erraten – Sphingen. Beide sind allerdings Kopien, die Originale sind im Museum unten im Dorf zu bewundern. Eine davon war bis 2011 im Berliner Pergamonmuseum zuhause, dann wurde sie zurückgefordert.

 

Ausgrabungsstätte Hattusa in der Türkei

Weitere Hinterlassenschaften der Hethiter bietet auch die Umgebung. Keine zwei Kilometer entfernt fasziniert das Heiligtum von Yazılıkaya mit seinen Götterreliefs an zwölf Meter hohen Felswänden. Schon 30 Kilometer muss man fahren, um Alacahüyük zu besichtigen, eine deutlich kleinere hethitische Ausgrabungsstätte, ebenfalls mit einem Sphinxtor.

Ach ja: Und falls Ihr plant, in die Hauptstadt Ankara zu fahren: Das dortige Museum für anatolische Zivilisationen ist für uns eines der besten archäologischen Museen weltweit – und wir haben einige gesehen. Die Sammlung ist atemberaubend und die hethitische Abteilung großartig.

+++ WO? 200 Kilometer östlich von Ankara beim Dorf Boğazkale +++ WIE HINKOMMEN? Busse von Samsun, Ankara oder Amasya bis Sungurlu, von dort weiter mit dem Dolmuş bis Boğazkale +++ WANN? Tägl. 8–19 Uhr, im Winter 8.30–17 Uhr +++ WO ÜBERNACHTEN? Mehrere kleine Hotels in Boğazkale; am komfortabelsten ist das Zwei-Sterne-Haus Hotel Aşıkoğlu; dort kann man auch campen +++ WIE LANGE? Als Tagestour gut machbar +++ LOHNT ES SICH? Ja +++

 

Die Holzsäulenmoscheen des mittelalterlichen Anatoliens

Wie viele Moscheen dieser Art es insgesamt in der Türkei gibt, können wir nicht sagen. Von denen, die wir kennen, ist die Eşrefoğlu-Moschee im westanatolischen Städtchen Beyşehir die schönste:

 

Moschee mit türkisfarbenen Fayencen und Holzsäulen
Eşrefoğlu-Moschee

 

Die mit einem herrlichen Stalaktitenportal versehene Holzsäulenmoschee wurde zwischen 1297 und 1299 errichtet und ist die größte ihrer Art in der Türkei. Ein überwältigendes Zeugnis seldschukischer Kunstfertigkeit!

+++ WO? Beyşehir liegt am Südufer des gleichnamigen Sees +++ WIE HINKOMMEN? Busse von Konya, Antalya und Ankara  +++ WO ÜBERNACHTEN? Einfache Hotels im Zentrum +++ WIE LANGE? Ca. 30 Minuten +++ LOHNT ES SICH? Wer in der Gegend unterwegs ist, sollte unbedingt vorbeischauen +++

 

İstanbul: Diva am Bosporus

der Mädchenturm im Bosporus
Können Städte schöner liegen?

Die Stadt mit 15, 16, vielleicht schon 17 Millionen Einwohnern ist ein brodelnder Wahnsinn mit den schönsten Orient-Klischees wo gibt. Mit farbenprächtig illuminierten Moscheen. Mit Muezzinen, die zum Sonnenuntergang die Hunde zum Heulen bringen. Mit Basaren, die nach 1001 Nacht riechen. Gleichzeitig ist İstanbul ein Trendsetter und eine Stadt, die romantischer nicht liegen kann. Hier küssen sich Europa und Asien. Von fast allen Seiten lecken Meer und Bosporus verführerisch an des Städtchens Ränder.

Ihr merkt schon, wir sind ein wenig verliebt in İstanbul.

Schon viel Zeit unseres Lebens haben wir in dieser geschichtsprallen Stadt verbracht. Und bis heute ist unsere Liebe ungebrochen.

 

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Blaue Moschee in Istanbul innen
Mehr rot als blau: Blaue Moschee

 

Zum UNESCO-Welterbe gehört nicht ganz İstanbul. Auf der Liste stehen in erster Linie die Altstadt und die darin bzw. drum herum liegenden historischen Bauten: Süleymaniye-Moschee, Blaue Moschee, Topkapı-Palast, Hagia Sophia, die Chora-Kirche mit ihrem vergoldeten Mosaikenzauber und die Theodosianische Landmauer. Müssen wir Euch erzählen, dass es aber noch viel Spannendes mehr am Bosporus gibt?

 

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+++ WO? Ein Blick auf eine Türkeikarte dürfte genügen +++ WIE HINKOMMEN? Ihr wisst bestimmt, wie’s geht! +++ WANN? Den Hochsommer würden wir aussparen, weil’s für einen Citytrip in die Türkei dann einfach zu heiß ist +++ WO ÜBERNACHTEN? Unüberschaubares Angebot; wir empfehlen die Stadtteile Beyoğlu, Galata und Karaköy mit tollen Restaurants und guten Ausgehmöglichkeiten +++ WIE LANGE? Wer weniger als eine Woche bleibt, bekommt den İstanbul-Vibe nicht richtig mit +++ LOHNT ES SICH? Jaaaaaaaaaaaaaaa!!! +++

 

Nationalpark Göreme: Mondlandschaft Kappadokien

Kappadokien in der Türkei
Naturwunder Kappadokien

Wenn Kappadokien es nicht verdient, UNESCO-Welterbe zu sein, was dann? Die Tuffsteinlandschaft im Herzen Anatoliens ist ein Geniestreich der Natur und Kultur gleichzeitig. Nur noch Kobolde und Feen fehlen, um dieses Reich der Fantasie perfekt zu machen. Kein Wunder, dass die Felstürme im Türkischen „Peri Bacaları“ (Feentürme) genannt werden. In Kappadokien wandert man durch bizarre Täler mit natürlichen Plastiken, die mal Tieren ähneln, mal Pilzen und mal den schweinischen Schmierereien unserer Jugend. So gibt es gar ein ganzes Tal voller erigierter Steinpenisse, bezeichnenderweise „Love Valley“ genannt.

Aberwitzige Skulpturengärten tun sich da auf!

 

Liebestal Kappadokien
Im Liebestal

 

Dörfer und Kleinstädte haben es sich in dieser pastellfarbenen Traumlandschaft gemütlich gemacht – wunderschöne Standorte mit außergewöhnlichen Unterkünften in Tuffsteinhöhlen. Zu den attraktivsten gehören Uçhisar mit seinem 60 Meter hohen Burgfelsen. Ürgüp, wo man auch kappadokischen Wein kosten kann. Und das namengebende Göreme.

Im nahen Nationalpark Göreme könnt Ihr Höhlenkirchen aus byzantinischer Zeit besichtigen, die mit kunstfertigen Fresken ausgemalt sind. Höhlenkirchen aber gibt es nicht nur dort, ganz Kappadokien ist voll davon bzw. durchlöchert damit! Etliche Felskirchen kann man auch in der Ihlara-Schlucht erkunden, dem „Grand Canyon der Türkei“. 15 Kilometer ist die Schlucht lang, ein ideales Ziel für eine schöne Ganztageswanderung.

 

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Und noch ein Kuriosum hat Kappadokien: Unterirdische Dörfer und Städte! Christen versteckten sich darin zu Zeiten der Arabereinfälle. Die größte ist Derinkuyu mit acht Stockwerken und selbst einem Gefängnis. Mehrere Tausend Menschen konnten hier monatelang unterkommen. Wer heute durch die engen dunklen Gänge kriecht, fragt sich, wie das auszuhalten war.

Ach ja: Wer mag, kann es den Vögeln gleich tun und sich dieses Wunderwerk der Natur von oben ansehen. Bei gutem Wetter werden täglich zum Sonnenaufgang Ballonfahrten angeboten (etwa 120 Euro).

 

Must-do: Ballonfahrt zum Sonnenaufgang

 

+++ WO? Ca. 300 Kilometer südöstlich von Ankara nahe der Provinzhauptstadt Nevşehir +++ WIE HINKOMMEN? Gute Busverbindungen von Ankara und der Südküste; Flughäfen gibt es in Nevşehir und Kayseri +++ WANN? Immer, im Winter sind die Feentürme mit Schnee bezuckert +++ WO ÜBERNACHTEN? Megaangebot in allen Preisklassen; ein guter Standort ist Göreme, dort gibt es auch Campingplätze +++ WIE LANGE? Wer auch ein wenig wandern will, sollte eine Woche einplanen +++ LOHNT ES SICH? Jaaaaaaaaaaaaaaa!!! +++

 

Nemrut Dağı: Der Berg ruft

Nemrut Dagi in Ostanatolien

Ein Superlativ Südostanatoliens: der windumtoste Gipfel des Bergs Nemrut Dağı. Ihn krönt auf über 2000 Metern der größte Grabhügel der Welt. Ein Berg auf dem Berg, ein Berg voller Schotter, künstlich aufgeschüttet. Wer dort oben steht, am besten zum Sonnenaufgang, muss erst einmal tief Luft holen. Unter dem kegelförmigen Tumulus befindet sich die Grabkammer des kommagenischen Königs Antiochus I.

Bewacht wird der gute Antiochus von riesigen Köpfen aus Stein. Diese gehören Göttern und Göttinnen, Löwen und Adlern. Ursprünglich saßen die Köpfe auf Unterbauten – fast neun Meter waren die Kultfiguren groß. Der Zahn der Zeit knabberte nicht nur an den Köpfen, sondern biss sie vollständig ab.

Egal: Bis heute besitzt die surreale Kultstätte aus dem ersten Jahrhundert vor Christus echten Gänsehautfaktor. Die Grabkammer im Tumulus wurde zwar schon lokalisiert. Die ewige Ruhe des Gottkönigs zu stören, hat sich bislang aber noch niemand getraut.

 

Auf dem Weg zum Berg Nemrut Dagi in Ostanatolien
Auf dem Weg zum Götterthron

 

Auf dem Weg zum Gipfel befinden sich weitere Sehenswürdigkeiten: die antike Stadt Arsameia am Nymphaios, dazu ein zweiter Grabhügel und eine römische Steinbrücke. Die Region drumherum, bewässert von den vielen Armen des Atatürk-Stausees, ist von eigentümlicher Schönheit. Nur das nächstgelegene Städtchen Kahta zeigt sich durch und durch lausig. Dort muss man leider übernachten, wenn man den Göttern nahe sein will.

 

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Nemrut-Region in Ostanatolien
Zu den Sehenswürdigkeiten der Nemrut-Region gehören auch die Reliefs von Arsameia (oben rechts)

 

+++ WO? Ca. 85 Kilometer östlich der Provinzhauptstadt Adıyaman. Nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Berg am Vansee +++ WIE HINKOMMEN? Von Adıyaman und Kahta Busverbindungen nach Ankara und selbst İstanbul; Adıyaman besitzt auch einen Flughafen +++ WANN? Etwa Mitte April bis Mitte November, zuvor und danach lassen die Schneemassen keine Besucher durch +++ WO ÜBERNACHTEN? Bessere Hotels in Adıyaman, Unterkünfte der unteren und mittleren Preisklasse in Kahta und auf dem Weg zum Gipfel, explizit empfehlen können wir jedoch nichts; Campingmöglichkeiten in Kahta +++ WIE LANGE? Für eine Tour mit allen Sehenswürdigkeiten der Nemrut-Region würden wir einen Tag veranschlagen. Wer den Berggipfel zum Sonnenaufgang sehen will, muss mitten in der Nacht los  +++ LOHNT ES SICH? Auf jeden Fall! +++

 

Pamukkale: Das Wunder der weißen Terrassen

Kalksinterterrassen von Pamukkale in der Türkei

Die größte Schwierigkeit besteht in Pamukkale darin, die Heerscharen von Touristen aus dem Bild zu scheuchen! Die baumwollweißen (Pamukkale = „Baumwollschloss“) Kalksinterterrassen im westanatolischen Mäandertal gehören zu den ganz großen Attraktionen der Türkei. Die übereinander gestaffelten Bassins, die etwas von über­di­men­sio­nalen Badewannen haben, sind ein außergewöhnliches Naturphänomen. Das ganze chemische Blabla über dessen Entstehung ersparen wir Euch.

Von unten ähnelt der über 100 Meter hohe und mehr als zwei Kilometer breite Abhang einem gro­ßen vereisten Wasserfall. Als wir Teens bzw. Twens waren, badeten wir noch im babypipiwarmen Wasser der Wannen. Das ist längstens verboten, zumindest in den natürlichen Becken. Entlang des Hauptpfads, auf dem man heute im Gänsemarsch durchs UNESCO-Welterbe marschiert, wurden jedoch einige künstliche Becken zum Plantschen angelegt.

 

Pamukkale in der Türkei
Baden darf man heute nur noch in den künstlich angelegten Becken

 

Zum Welterbe gehören auch die Ruinen der antiken Stadt Hierapolis auf dem Plateau oberhalb der Sinterterrassen. Eine monumentale Brunnenanlage ist dort zu finden und ein nahezu vollständig ausgegrabenes Theater, das einst 10.000 Zuschauern Platz bot. Am spannendsten aber ist die weitläufige Nekropole mit mehr als 1000 Gräbern aus verschiedenen Epochen. Einige sind im Lauf der Zeit bis zur Hälfte im Sin­ter­kalk ver­sunken, andere liegen wie das ge­bors­tene Spielzeug eines Riesen re­gel­los verstreut …

 

Die Ruinen von Hierapolis bei Pamukkale in der Westtürkei
Nicht verpassen: Ruinen von Hierapolis

 

+++ WO? In Westanatolien, ca. 18 Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt Denizli +++ WIE HINKOMMEN? Nach Denizli gelangt man von İstanbul und allen wichtigen Küstenorten problemlos mit dem Bus, von İzmir auch mit dem Zug; von Denizli geht es weiter mit dem Dolmuş bis Pamukkale Köy, dem Dorf unterhalb der Terrassen +++ WANN? Rund um die Uhr zugänglich +++ WO ÜBERNACHTEN? Zahlreiche Unterkünfte und Campingmöglichkeiten in Pamukkale Köy; zuletzt wurde das Melrose House Hotel am Ortsrand sehr gelobt +++ WIE LANGE? Ein Tag +++ LOHNT ES SICH? Ja, aber extrem touristisch und viel Nepp! +++

 

Pergamon: Mit der Seilbahn zur Königsstadt

Pergamon in der Westtürkei

Pergamon ist anders. Das geht schon damit los, dass man per Seilbahn zu den Ruinen der antiken Stadt gelangen kann – was für ein netter Einstieg! Und Pergamon war anders. Pergamon war einst die Königsstadt eines Reiches. Hier saß nicht nur ein König auf einem Thron, sondern gleich eine ganze Stadt – die Lage der Ruinen auf dem alles überblickenden Burgberg haut einen bis heute von den Socken.

Pergamon war im zweiten Jahrhundert vor Christus so etwas wie ein Place to be. Stinkreich, prunkvoll, ausschweifend. Intellektuelle und Künstler aus aller Welt (zumindest der damaligen) zog es auf den Berg. Wiederentdeckt wurde der Ort 1873 vom deutschen Ingenieur Carl Humann. Schneller als der Blitz begann er mit Ausgrabungen und ließ sogleich ein paar der wertvollsten Fundstöcke nach Berlin abtransportieren.

Gott sei dank war vieles einfach zu sperrig, um es schnell wegzuschaffen. Zum Beispiel die weißen Marmorsäulen des Trajaneums samt seiner wieder erstellten korinthischen Giebelecke – der antike Wahnsinn! Oder das Theater, das einstige kulturelle Zentrum der Stadt. Oder das riesige Gymnasion, das sich über drei Terrassen erstreckte. Hier trainierte die männliche Jugend ihre Adonis-Körper.

 

Pergamon in der Türkei

 

Andere Bauten des antiken Pergamon liegen verstreut in der Nachfolgesiedlung Bergama am Fuß des Burgbergs. Dazu gehören zum Beispiel die gut erhaltenen Überreste des Asklepieion, eine Art Kurbad des Altertums. Dort wurden Patienten mittels Traumdeutung, Diäten und Bädern geheilt.

Bergama selbst ist eine gemütliche und trotz der vielen hindurchziehenden Kulturtouristen natürliche Provinzstadt. Es macht Spaß, das Marktviertel zu durchstreifen (die hiesigen Teppiche gehören zu den besten der Türkei!) und anschließend in einer einfachen Lokanta Çığırtma zu essen, ein vegetarisches Gericht aus Auberginen, Tomaten und Olivenöl. Köstlich!

+++ WO? Ca. 110 Kilometer nördlich von İzmir im Hinterland der Ägäisküste +++ WIE HINKOMMEN? Busse von İzmir, İstanbul und Ankara +++ WANN? Täglich 8.30–19 Uhr, im Winter verkürzt +++ WO ÜBERNACHTEN? Das in einem historischen Stadthaus untergebrachte Odyssey Guesthouse ist einfach, aber sehr sehr charmant und freundlich geführt, dazu tolle Dachterrasse +++ WIE LANGE? An einem Tag kaum zu schaffen +++ LOHNT ES SICH? Auf jeden Fall +++

 

Safranbolu: Fachwerkidylle im Pontischen Gebirge

Safronbolu in der Türkei

Safranbolu, rund 90 Kilometer abseits der Schwarzmeerküste im Pontischen Gebirge gelegen, ist ein Kleinod, das nur wenige Ausländer besuchen. Türken aber umso mehr. Seine Lage an einer bedeutenden Handelsroute und die riesigen Safranfelder der Umgebung machten das Städtchen reich. Die Bewohner – bis zum Bevölkerungsaustausch 1923 lebten hier viele Griechen – leisteten sich prächtige Villen und pittoreske Fachwerkhäuser. Dass diese bis heute so gut erhalten sind, ist Intellektuellen aus Ankara oder İstanbul zu verdanken, die die historischen Herrenhäuser nach und nach sanierten.

Ein Spaziergang durch die holprigen Pflastergassen ist eine Reise in die Vergangenheit. Hier könnt Ihr ziellos umherschlendern, ein Verlaufen ist unmöglich. Die schönsten Blicke gibt’s von den Hügeln. Auf einem steht auch das ehemalige Regierungsgebäude aus dem frühen 20. Jahrhundert, in dem heute das Stadtmuseum untergebracht ist. Zudem könnt Ihr einen Blick in die alte Karawanserei werfen, die heute ein Hotel beherbergt.

Das Highlight der Umgebung nennt sich Kristal Teras, „Kristallterrasse“. Ein Sky Walk. Die 100 Quadratmeter große, gläserne Plattform sieben Kilometer nördlich von Safranbolu ragt in 80 Meter Höhe in den Tokatlı-Canyon hinein. Nix für Schisser! Die können derweil in den Restaurants von Safranbolu die örtliche Spezialität probieren: Lammkebab (Kuyu Kebap). Ein Bier dazu gibt’s aber nicht. Safranbolu ist ziemlich konservativ!

 

Sky Walk bei Safranbolu
Morgenwäsche: Sky Walk bei Safranbolu

 

+++ WO? Im Hinterland der Schwarzmeerküste zwischen Ankara und Amasra +++ WIE HINKOMMEN? Busse von İstanbul und Ankara +++ WANN? Geht immer! +++ WO ÜBERNACHTEN? In Safranbolu gibt es zahlreiche charmante Unterkünfte in historischen Fachwerkhäusern +++ WIE LANGE? Ein, zwei Tage +++ LOHNT ES SICH? Ja +++

 

Selimiye-Moschee in Edirne: Sinans Meisterwerk

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Wer mit dem Auto über die Balkanroute anreist, für den ist Edirne, gleich hinter der bulgarisch-türkischen Grenze, ein softer Einstieg ins Land. Obwohl die Stadt 150.000 Einwohner hat, wirkt sie im Vergleich zu ähnlich großen Städten des Landes recht lässig. Der Verkehr ist weniger chaotisch, die Geräuschkulisse eher gedämpft, die Menschen sind unaufdringlich. Und es gibt super Köfte zu essen, dazu klasse Leberspießchen!

Auch wenn Edirne auf europäischem Boden liegt, so präsentiert es sich mit seinen os­ma­ni­schen Holzhäusern, Karawansereien und Moscheen aber schon ganz im orientalischen Kleid. Das Zentrum wird von den Flussauen der Tunca und des Meriç umrahmt, teils führen noch alte Stein­brü­cken über die Flüsse.

 

Edirne: Osmanische Steinbrücken überspannen die Flüsse

 

Hauptanziehungspunkt und Edirnes Weltkulturerbe ist die formidable Selimiye-Moschee aus dem 16. Jahrhundert. Sie entstammt den begnadeten Händen des größten osmanischen Baumeisters ever ever: Mimar Sinan.

Zum ausgewogenen Gesamtbild tragen die vier überaus schlanken und eleganten Mi­na­rette mit rund 84 Metern Höhe bei. Sie sind bis weit ins thrakische Land hinein ein Orientie­rungspunkt. Der 1620 Quadratmeter große, lichterfüllte Gebetssaal offenbart eine unglaubliche optische Raumfülle. Die ein­zige Kuppel ist 31,5 Meter breit und 45 Meter hoch. Sie ruht spielerisch leicht, fast schwe­bend, auf acht relativ dünnen Pfeilern aus Granit, Porphyr und Marmor, von de­nen vier frei im Raum stehen.

+++ WO? Ca. 260 Kilometer westlich von İstanbul +++ WIE HINKOMMEN? Busse und Züge von İstanbul +++ WANN? Immer +++ WO ÜBERNACHTEN? Jede Preisklasse wird in Edirne bedient +++ WIE LANGE? Ein Tag kann man sich gemütlich im Städtchen herumtreiben +++ LOHNT ES SICH? +++ Wer ohnehin in Edirne stoppt, sollte sich die Moschee anschauen. Ansonsten muss man schon ein großer Moscheenfan sein, um deswegen extra anzureisen. Sinan baute auch zig Moscheen in İstanbul, hier lest Ihr mehr darüber +++

 

Troja: Schliemanns Schlachtfeld

Die Ruinen von Troja in der Türkei
Ruinen von Troja: Spektakulär sieht anders aus

Troja ist die prominenteste Ausgrabungsstätte der Türkei – und eine der langweiligsten. Grund für ihre weltweite Berühmtheit ist Homers Epos Ilias. Dem gewaltigen Werk mit 16.000 Versen entsprang der Mythos des Trojanischen Krie­ges, der seit der Antike Einfluss auf Dichtung und bildende Kunst genommen hat. Ob es jedoch je­mals einen Kampf um Troja gab, und wenn ja in welcher Form, ist nicht nach­ge­wie­sen.

Egal: Der deutsche Kaufmann und Abenteurer Heinrich Schliemann glaubte an den Kriegsschauplatz Troja und vermutete ihn genau hier. 1870 begann er mit der Suche und fand dabei nicht nur diverse antike Steinmauern, sondern auch einen Schatz, den er den „Schatz des Priamos“ nannte. Diesen nahm er illegal mit nach Berlin, wo ihn sich die Russen am Ende des Zweiten Weltkriegs krallten. Schliemann hinterließ Troja so, als hätte er Schützengräben für eine Schlacht anlegen wollen.

 

Die Ruinen von Troja in der Türkei

 

Bis heute weht kein Hauch von Achilles oder Helena über dem Ruinengelände.

Ein plumpes, 20 Meter ho­hes, für einen Fern­seh­film nachgebau­tes Holzpferd ist der einzige Blickfang. Vom ruhmreichen Troja Ho­mers zeugen nur spärlichste Reste. Und von allen anderen auch – neun Trojas soll es gegeben haben. Eines über dem anderen. 2019 kam ein supermodernes Museum hinzu. Es soll ganz gut sein – gesehen aber haben wir es selbst noch nicht.

+++ WO? Ca. 30 Kilometer südlich der nordägäischen Provinzhauptstadt Çanakkale +++ WIE HINKOMMEN? Dolmuşe von Çanakkale +++ WANN? Im Sommer tägl. 8–19 Uhr, im Winter bis 17 Uhr +++ WO ÜBERNACHTEN? Einfache überteuerte Pensionen und Campingmöglichkeiten vor Ort; besser übernachtet man in Çanakkale, zum Beispiel im schönen Hotel des Etrangers – schon der Buddel-Heinrich soll dort übernachtet haben +++ WIE LANGE? Ein paar Stunden +++ LOHNT ES SICH? +++ Das Grabungsgelände nicht sonderlich, aber vielleicht das Museum +++

 

Xanthos: Sarkophage in der luftiger Höhe

Pfeilersarkophag in Xanthos in der Türkei
Grabstätte in luftiger Höhe: Pfeilersarkophag von Xanthos

Westlich von Antalya ragt eine halbrunde Landmasse ins Mittelmeer: die historische Landschaft Lykien. Die Küste ist von betörender Schönheit, bietet traumhafte Strände, gemütliche, noch halbwegs ruhige Ferienorte und eine ganze Reihe von Ruinenstätten. Eine davon ist Xanthos, in der Antike eine der mächtigsten Städte des Lykischen Bundes.

All zu viel aber ist von Xanthos nicht mehr erhalten. Diesmal waren es die Engländer, die die schönsten Sachen einsackten. Ein paar auffällige Grabmonumente beeindrucken aber noch immer, darunter ein hoch empor ragender Pfeilersarkophag – die Lykier hatten ein Faible dafür, die Toten in luftiger Höhe beizusetzen. Nahebei die Reste der Agora und des Theaters.

Nur vier Kilometer weiter liegt Letoon, das einstige Hauptheiligtum des Lykischen Bundes. Es ist ebenfalls auf der UNESCO-Welterbeliste verzeichnet. Die Tempel, von denen nur kümmerliche Reste erhalten sind , waren der Göttin Leto, Artemis und Apollo geweiht.

 

Letoon an der Lykischen Küste in der Türkei
Viel besuchtes Letoon

 

Wer Xanthos und Letoon besichtigt, übernachtet in der Regel im nahen Patara. Patara ist Three in One: Patara ist einer der schönsten Strände der Türkei, kilometerlang und unverbaut. Patara ist eine antike Ruinenstadt in den Dünen hin­ter dem Strand, einst einer der Haupthäfen Lykiens und der Geburtsort des Nikolaus’. Und Patara ist nicht zu­letzt eine weit verstreute, etwas unperfekte aber doch charmante Siedlung aus Pensionen und kleinen Hotels noch weiter hinter dem Strand. Mit zu Recht vielen Stammgästen. Hinfahren und ansehen!

 

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+++ WO? Alle hier erwähnten Ruinenstätten liegen zwischen Kaş und Fethiye +++ WIE HINKOMMEN? Gute Bus- und Minibusverbindungen entlang der Küste +++ WANN? Mai bis Oktober tägl. 9–19 Uhr, sonst 8–17 Uhr +++ WO ÜBERNACHTEN? In Patara gefällt es uns im familiären → Flower Hotel  am besten, es gibt dort auch einen netten Pool +++ WIE LANGE? Für Xanthos und Letoon zusammen reichen ein paar Stunden +++ LOHNT ES SICH? +++ Die Lykische Küste als solches ist ein lohnendes Ziel, Xanthos und Letoon sind eher nette Dreingaben +++

FÜR DEN ÜBERBLICK UND NOCH MEHR INFOS…

… holt Ihr Euch am besten eines unserer Türkeibücher aus dem Michael Müller Verlag. Die hier nur kurz angerissenen UNESCO-Welterbestätten sind dort ausführlich beschrieben, viele auch mit Plänen versehen.

Die politische Lage im Land sorgte leider dafür, dass in den vergangenen Jahren bis auf Istanbul keine Neuauflagen auf den Markt kamen. Mal schauen, was die Zukunft bringt.

NOCH MEHR TÜRKEI?

 

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2 Kommentare

  1. Hallo ihr zwei, ich finde es immer sehr unterhaltsam eure Geschichten zu lesen. Ihr trefft immer den Nagel auf den Kopf und erwähnt immer Sachen die uns auch wichtig sind. Nicht so null acht fünfzehn Reiseführer!!!
    Immer schön zu lesen, danke dafür 👍😁

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