Orangerieschloss! Schloss Sanssouci! Schloss Babelsberg! Schloss Cecilienhof! Schloss Charlottenhof! Und so weiter, und so fort. Wenn Ihr hier Infos zu all den Klassikern des Preußenprunks der Friedrichs, Wilhelms und Friedrich Wilhelms sucht, könnt Ihr gleich rechts oben auf das „X“ klicken. Gibt’s hier nämlich nicht. Dafür Tipps für schöne Orte in und um Potsdam, die nicht unbedingt als erste genannt werden. Wir verraten Euch unsere Lieblingsplätze für Euren Städtetrip!

Dabei zeigen wir Euch eher abseitige Orte in und um Potsdam, die wir auf unserer Recherche für ein Buchprojekt entdeckt und liebgewonnen haben. Dazu Aktivitäten, die Herz und Gaumen erfreuen.

Kommt also mit nach Brandenburg! Brandenburg ist besser als sein Ruf, insbesondere in und um Potsdam. Da stehen keine „drei Nazis auf dem Hügel und finden keinen zum Verprügeln“ (Rainald Grebe). Haben wir zumindest nicht gesehen. Dafür jede Menge andere Dinge. Auf dem Hügel und darunter.

 

 

POTSDAM – EIN PAAR FACTS VORAB

    • In Potsdam leben ca. 186.000 Menschen.
    • Die Stadtfläche umfasst 187,3 Quadratkilometer – mehr als Nürnberg also, das fast drei Mal so viele Einwohner hat!
    • Nur etwa ein Drittel der Stadtfläche nehmen Straßen und Häuser ein, der Rest ist Wasser und Vegetation!
    • Potsdam ist kein Vorort Berlins, sondern die Hauptstadt eines Landes, das Brandenburg heißt.

 

INHALTSVERZEICHNIS

 

#1 WEINCHEN TRINKEN AUF DEM WINZERBERG

Monumentales Tor führt auf Weinberg zu
Feudales Entree: Tor zum Winzerberg

Weinberge auf 52 Grad nördlicher Breite gibt es nicht so viele. In und um Potsdam aber schon. Einen sehr schönen gar gleich am Eingang zum Park Sanssouci: den sogenannten Winzerberg. Den terrassierten Weinberg aus dem 17. Jahrhundert betritt man durch ein imposantes Triumphtor.

In Hammer-und-Sichel-Zeiten verwahrloste der Weinberg derart, dass er als unsanierbar galt. Nach der Wende schaffte es der Bauverein Winzerberg e.V. in jahrelanger Arbeit, aus dem heruntergekommenen Areal wieder ein Kleinod zu machen. Insgesamt 300 Rebstöcke wurden gepflanzt.

Von Juni bis September ist der Winzerberg jeden Donnerstag und Freitag von 17 bis 20 Uhr geöffnet. Dann kann man sich in aller Ruhe auf den Terrassen umschauen, auf Liegestühlen chillen und ein Gläschen Wein trinken. Angeboten wird bislang aber nur französischer, noch nicht der eigene. Der Erlös fließt in den Erhalt des Areals.

ADRESSE/HINKOMMEN:  Schopenhauerstr. 23. Bus 614, 650, 697 bis Friedenskirche. Mehr Infos gibt es → hier.

 

Details von Steinmetzarbeiten auf rötlichem Stein

 

#2 SPAZIERGANG DURCH DIE VILLENKOLONIE NEUBABELSBERG

Entlang dem Griebnitzsee macht Potsdam auf ganz dicke Hose. Direkt am und hinter dem Ufer reihen sich Villen aneinander, die man in Teilen durchaus als gatsbyesk bezeichnen kann.

Während der Weimarer Republik lebten hier viele Juden, die ab 1933 enteignet, vertrieben oder deportiert wurden. Stars und Sternchen der Filmbranche sowie Stiefellecker der Partei wurden ihre Nachfolger. Zu DDR-Zeiten trennte der Griebnitzsee Ost von West. Die Villen gammelten als Kindergärten, Wohnheime oder Stasi-Einrichtungen vor sich hin.

Spaziergänge lohnen vor allem entlang der Karl-Marx-Straße, der Rosa-Luxemburg-Straße und ihren Seiten- und Parallelsträßchen. In der so genannten Truman-Villa (Karl-Marx-Str. 2) schlief der amerikanische Präsident Harry S. Truman während der Potsdamer Konferenz im Jahr 1945. Von hier soll er die Atombombe gen Hiroshima geschickt haben. Stalin hingegen residierte in der ehemaligen Villa des Pelzhändlers Paul Herpich (Karl-Marx-Str. 27).

Und Churchill? Der nächtigte in der Urbig-Villa (Virchowstr. 23), die heute wiederum von Kunstmäzen Hasso Plattner bewohnt wird. Architekt war kein Geringerer als Mies van der Rohe. Die charakteristische Formensprache des späteren Bauhaus-Gottes ist hier allerdings noch nicht erkennbar. Das 1915 bis 1917 errichtete Gebäude direkt am See wurde als neoklassizistische Walmdachvilla errichtet.

 

 

In der Gegend wohnten zudem Brigitte Horney (im Landhaus Gugenheim am Johann-Strauß-Platz 11), Hitler-Verehrerin Marika Rökk (Domstr. 28) und hin und wieder auch Heinz Rühmann (in der Villa Lademann, Karl-Marx-Str. 66)

Einen ausführlich beschriebenen Spaziergang durch das Eck findet Ihr in unserem Reiseführer zu Potsdam (siehe Literaturtipp am Ende des Beitrages). Zudem gibt es hier einen separaten Blogpost zum Thema.

START DES SPAZIERGANGS: Vom S-Bahnhof Griebnitzsee kann es losgehen.

 

#3 INSEL-HOPPING: INSEL WANNSEE UND PFAUENINSEL

Eine (Rad-)Tour über die waldreiche Insel Wannsee ist zu jeder Jahreszeit eine gute Idee. Im pastelligen Frühjahr genauso wie im Hochsommer, wenn man von sandigen Badestellen ins Wasser springen kann. Und auch im Herbst, wenn die Natur den Farbregler so richtig hochdreht und den Düppeler Forst in Gelb, Rot und Orange leuchten lässt.

Dass die etwa fünf Kilometer lange Insel vor den Toren Potsdams eigentlich fast vollständig zu Berlin gehört, ist uns gerade mal schnurz. Fünf Brücken verbinden sie mit dem „Festland“, zwei davon mit dem Stadtgebiet Potsdams. Der Promi darunter ist die Glienicker Brücke, auf der Ost und West im Kalten Krieg ihre Agenten austauschten.

 

Brücke mit Fahrradfahrern
Der Promi unter den Potsdamer Brücken: Glienicker Brücke

 

First Stop: Park und Schloss Glienicke. Der Schlosspark liegt von Potsdam aus gesehen direkt hinter der Brücke, also bereits auf Berliner Stadtgebiet.

 

Park mit Brunnen und Schloss
Mehr Landhaus als Schloss: Schloss Glienicke

 

Von dort führt ein Spazier- und Radweg am Ufer entlang gen Norden zur Wassertaxihaltestelle Krughorn. Wer mag, kann von hier zur Sacrower Heilandskirche übersetzen (bzw. hoffentlich bald wieder, 2024 wurde die Strecke leider nicht bedient). Die nah am Wasser gebaute Kirche ist von ganz besonderer Eleganz und erinnert an eine frühchristliche Basilika. Wer unter den Arkaden sitzt und aufs Wasser blickt, vergisst sein Italienweh. Versprochen! Ab 1961 verliefen die Sperranlagen der DDR übrigens direkt an der Kirche vorbei.

 

Kirche am Wasser, Boot davor
Sacrower Heilandskirche

 

Doch zurück zur anderen Seite! Von der Wassertaxihaltestelle Krughorn geht es weiter gen Osten, vorbei am Restaurant Moorlake, auf dessen toller Terrasse weniger tolles Essen (so unsere Erfahrung) serviert wird. Schließlich gelangt man zur Anlegestelle der Fähren zur romantischen Pfaueninsel. Die Insel ist ein Traum. Ein 67 Hektar großes Gesamtkunstwerk. Friedrich Wilhelm II., der „Dicke Lüderjahn“, ließ es als Liebesnest für sich und seine Mätresse gestalten.

Auf der Insel gibt es unter anderem ein Holzschlösschen (2024 wegen Sanierung geschlossen), jede Menge Pfauen (man bleibt dem Namen verpflichtet), eine als gotische Klosterruine konzipierte Meierei und ein idyllisches Sommercafé. Radfahren, Rauchen, Ballspielen und Skifahren (!) sind verboten. Auf der Insel leben neben den Pfauen übrigens auch rund 30 Menschen. Unser Neid ist ihnen gewiss.

 

Dampfschiff vor einer Insel mit weißem Schloss
Postkarte: Dampfschiff Gustav vor der Pfaueninsel

 

Zurück auf der anderen Seite lohnt sich noch ein Abstecher den Buckel hoch zur Kirche St. Peter und Paul auf Nikolskoe. Mit ihrem märchenhaften Zwiebelturm erinnert sie an russisch-orthodoxe Kirchen. Auch das Blockhaus Nikolskoe nebenan sieht schwer nach Russland aus. Die Ausflugsgaststätte bietet eine Traumterrasse!

 

#4 LEIDER GEIL: KÄSEKUCHEN IM CAFÉ GUAM

Ein wunderbarer Ort! Im kleinen Café Guam im Holländischen Viertel wird ausschließlich Käsekuchen serviert. Aber nicht nur einer. Über zehn Sorten stehen in der Regel zur Auswahl. Die Teile sind so genial, dass man beim Gabeln fast stöhnen könnte. Guilty Pleasure vom Feinsten.

 

Käsekuchen auf einem Teller mit Gabel
Käsekuchenpause im Café Guam

 

Danach lässt sich eine gemütliche Runde durchs Holländische Viertel rollen. Das Viertel geht auf den Soldatenkönig zurück, der als Kronprinz schwer beeindruckt durch Holland gereist war und auch in seiner Stadt solch hübsche Ziegelsteinhäuser haben wollte.

 

Kopfsteinpflasterstraße mit roten Ziegelbauten
Fast zu perfekt, um wahr zu sein: Holländisches Viertel

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Bis heute sieht das Holländische Viertel noch in etwa so aus wie zu seiner Fertigstellung im Jahr 1742. Es besteht aus vier Karrees und 134 roten Backsteinhäusern mit weißen Fugen, kunstvollen Giebeln und geschnitzten Portalen und Fensterrahmen. Ein Schlendertraum mit jeder Menge toller Läden.

ADRESSE/HINKOMMEN: Das Café Guam befindet sich an der Mittelstr. 38. Ins Holländische Viertel gelangt man mit den Trams 92, 96, Haltestelle Nauener Tor.

 

#5 CARAWAHN: KURZURLAUB IM CAMPINGPARK SANSSOUCI

Der knapp sechs Kilometer südlich des Potsdamer Zentrums gelegene Campingpark Sanssouci gehört zu den komfortabelsten Campingplätzen Deutschlands, ist aber auch nicht gerade billig.

Egal, wir sind hier immer wieder gerne für ein paar Tage, um Abfuck-Berlin zu entkommen. Sitzen im Sommer vor unserem Van, trinken Rotwein und schauen aufs Wasser, während die Ruderer vorüberziehen. Und sitzen im Spätherbst in unserem kuschelig eingeheizten Bus, während die Kastanien polternd aufs Dach fallen.

 

Wohnwagen am Ufer eines Sees
Erste Reihe im Campingpark Sanssouci: teuer aber schön

 

Der große Platz mit altem Baumbestand liegt wunderschön am Ufer des Templiner Sees. Die Sanitäranlagen sind top. Es gibt eine Badestelle und ein gutes Restaurant. Zudem kann man in „Weinfässern“ direkt am Wasser übernachten. Für letztere heißt es: so früh wie möglich buchen! Aber auch Stellplätze reserviert man in der Saison und fürs Wochenende besser.

ADRESSE/HINKOMMEN: An der Pirschheide 41. Von Potsdam Richtung Geltow/Werder fahren, dann ausgeschildert.

 

#6 VOLL CHILLIG: EIN ABEND IN CAPUTH

Mehr Brandenburg-Sommer geht kaum: Wir radeln durch grüngold flackernde Alleen. Um uns herum Wasser und Wälder. Unser Ziel: das Fährhaus Caputh. Das Fährhaus Caputh ist ein ungemein atmosphärischer Ort direkt am Gemünde, wie die Havel-Engstelle zwischen Templiner See und Schwielowsee genannt wird. Eine kleine Seilfähre mit dem prollig-drolligen Namen Tussy II verbindet dort Caputh mit Geltow auf der anderen Seite. Die Fähre ist ein wichtiges Verkehrsmittel und erspart lange Umwege.

 

Allee mit Radfahrerein
Alleenzauber im Umland von Potsdam

 

Wir bekommen einen Platz auf der nostalgischen Holzveranda des Fährhauses direkt am Wasser. Bestellen Weinschorle und Forelle Müllerin. Wer’s uns nachmachen will, sollte für den Abend unbedingt reservieren!

 

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Danach geht’s zum Sundowner hinüber ins Seebad Caputh. Der Name ist verwirrend, da es genau genommen in Geltow liegt. Das wohl stylishste Strandbad rund um Potsdam bietet einen Sandstrand mit lässigen Kissen, Holzliegen unter strohgedeckten Schirmen, ein Beachcafé und eine schicke Cocktailbar auf der Seebrücke. Wer Glück hat, erlebt hier einen Sonnenuntergang von der Sorte, als hätte einem jemand ein bisschen LSD in die Caipi gemischt:

ADRESSEN/HINKOMMEN: Nach Caputh fährt Bus 607 ca. alle 30 Minuten ab Potsdam-Hauptbahnhof. Die Seilfähre ist von April bis November von 6–22 Uhr ständig unterwegs, im Winter verkürzt. Genaue Zeiten hier.

 

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#7 DAS TREPPENHAUS IM MILITÄRWAISENHAUS

Das ehemalige Militärwaisenhaus ist ein spätbarocker, von vier Straßen umgebener Gebäudekomplex, der im späten 18. Jahrhundert entstand. Waisen und ungewollte Kinder von Militärangehörigen wurden hier untergebracht.

In preußischer Zeit lebten in dem Komplex bis zu 2000 Jungen und Mädchen in teils überaus beengten Verhältnissen. Zwar bekamen die Kinder Schulunterricht, mussten aber auch auf den Maulbeerplantagen oder in der Textilindustrie schuften – bis zu zehn Stunden täglich.

Später unterhielten die Nazis hier eine brutale Erziehungsanstalt und Kaderschmiede. Dann fielen die Bomben. Das schöne, riesige Gebäude wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Erhalten blieb das elegante Treppenhaus, eine architektonische Meisterleistung mit schmiedeeisernem Rokokogitter. Werktags ist ein Blick ins Treppenhaus möglich. Lohnt sich, meinen wir. Sehr selbst:

HINKOMMEN: Das Treppenhaus ist von der Lindenstr. 34A zugänglich. Bus 606 bis Haltestelle Naturkundemuseum.

 

Kuppel mit zwei Menschen, die ein Selfie machen
Ziemlich elegant: überkuppeltes Treppenhaus im Militärwaisenhaus

 

#8 GEDENK- UND BEGEGNUNGSSTÄTTE LEISTIKOWSTRASSE

Die Gedenk- und Begegnungsstätte befindet sich in der Nauener Vorstadt. Feudale Villen prägen das Viertel. Viele Grafen und Gräfinnen Koks sind hier zuhause. Das war nicht immer so. Das Stadtidyll bekommt schnell einen faden Beigeschmack, wenn man von der Nutzung weiter Teile der Nauener Vorstadt zu DDR-Zeiten erfährt.

Zwischen 1945 und 1994 befand sich hier, auf 16 Hektar und ca. 100 Gebäude verteilt, die Deutschlandzentrale des sowjetischen Geheimdiensts KGB und der Militärspionageabwehr. „Militärstädtchen Nr. 7“ war der fast schon putzig klingende Name des Areals, der durch hohe Mauern, Tore und Wachtürme von der DDR-Außenwelt abgeschirmt wurde.

 

 

Heute erinnert nur noch das ehemalige Gefängnis, nun die Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße, an die „Verbotene Stadt“ und vormalige Nutzung des Areals. Bis 1955 saßen dort 35.000 Zivilisten vorübergehend ein. Viele wurden zum Tod durch Erschießen oder zum Gulag verurteilt. Ab 1955 knöpften sich die Russen nur noch die eigenen Leute vor. Spionageverdächtige wurden gefoltert auf Teufel komm raus. Ein erschütternder Ort.

ADRESSE/HINKOMMEN: Die Gedenkstätte befindet sich an der Leistikowstr. 1. Bus 603 bis Haltestelle Persiusstraße.

 

#9 DÖBERITZER HEIDE: BUSCHLAND DER WISENTE UND WILDPFERDE

In der Döberitzer Heide nördlich von Potsdam ist der Brandenburger Sandkasten besonders sandig. Das riesige Naturschutzgebiet diente bis in die 1990er-Jahre als Truppenübungsplatz. Heute engagiert sich hier die Heinz Sielmann Stiftung. Seitdem galoppieren hier Przewalski-Pferde, schubbern sich Wisente an Eichen und lugt Rotwild hinter Ginsterbüschen hervor.

 

Wildpferde in einem Naturpark
Wilde Begegnung: Przewalski-Pferde in der Döberitzer Heide

 

Hier und dort sieht man aber auch noch alte Baracken und Schuttberge. Egal. Die lila blühende Heide ist ein Naturparadies geworden, durch das man herrlich wandern kann – auch wenn das wegen des lockeren Sanduntergrunds teils ganz schön anstrengend ist. Nur die Kernzone ist tabu. Ein beliebtes Ziel ist der Aussichtsturm auf dem Finkenberg. Diverse Wege führen hin. Doch Achtung: Verlasst die Wege nicht – rechts und links davon kann es immer noch Munitionsreste geben!

Weitere Infos zur Döberitzer Heide gibt es hier.

HINKOMMEN: Wer einfach nur mal schnuppern will, fährt am besten nach Fahrland, biegt dort am Ortsbeginn rechts ab auf die Kienhorststraße und fährt diese bis zu ihrem Ende. Hält man sich hinter der Schranke bei der T-Kreuzung rechts, sieht man schon bald die ersten Wildpferde in einem weiten Schaugehege. Nach Fahrland fährt auch Bus 609 vom Potsdamer Hauptbahnhof.

 

#10 FRISCH GERÄUCHERT: SAIBLING VOM FISCHERHOF POTSDAM

Fischernetz in einem Garten am Wasser
Fischerhof Potsdam

Mario Weber ist der einzige Fischer Potsdams, der sein Metier noch hauptberuflich ausübt. In seinem urigen Hof stapeln sich Reusen und hängen Fischernetze. Davor ein kleines Gärtchen zur Havel, wo am Steg vertäut Boote liegen. Hier gibt es auch eine kleine Verkaufsstelle. Der geräucherte Saibling ist der WAHNSINN. Im Sommer werden zudem Fischbrötchen verkauft.

ADRESSE/HINKOMMEN: Große Fischerstr. 12. Mit Tram 91, 94 oder 99 bis Haltestelle Burgstraße/Klinikum.

 

#11 RUINENBERG: SPIELPLATZ DES ALTEN FRITZ

Am Anfang war das Wasserbecken. Friedrich II. ließ es anlegen, als die Anhöhe nördlich von Schloss Sanssouci noch Höneberg hieß. Mittels Pumpen sollte Havelwasser auf den Berg transportiert und im Bassin gesammelt werden. Von dort sollte es dann durch Röhren hinab in den Park Sanssouci fließen und durch Eigendruck die Fontänen zum Sprudeln bringen. Doch das teuere Projekt funzte nicht. Die Wasserspiele blieben aus. Vorerst zumindest.

Rund um das Becken ließ Friedrich II. diverse antikisierende Ruinen errichten: einen Rundtempel mit „eingestürztem“ Kuppeldach, eine Pyramide, drei einsame Säulen und die Mauer eines Amphitheaters. 1846 fügte Friedrich Wilhelm IV. den 23 Meter hohen Normannischen Turm hinzu, der einem mittelalterlichen Wachturm nachempfunden wurde.

 

Brunnenwasser, im Hintergrund Ruinen
Ruinenberg

 

Der Ort ist durch und durch kitschig, das müssen wir zugeben. Aber das ist ja viel in Potsdam. Seine ganz eigene Atmosphäre kann man dem Ruinenberg aber dennoch nicht absprechen. Zudem ist man hier auch dann meist alleine, wenn sich die Touristen unten beim Schloss Sanssouci gegenseitig auf die Füße treten.

HINKOMMEN: Bus X15 oder 695 bis Schloss Sanssouci, dann zu Fuß weiter.

 

#12 BRANDENBURGER VORSTADT: PRENZLBERG IN POTSDAM

Auf einer Mauer steht "Ohne Sorge"
Sorgloser Spaziergang durch die Brandenburger Vorstadt

Auf geht’s zum Kiezspaziergang! Die Brandenburger Vorstadt schließt im Süden an den Park Sanssouci an und ist doch vom Touritrubel weit entfernt. Schattige, großbürgerliche Wohnstraßen prägen das Viertel, das bei jungen Akademikerfamilien enorm beliebt ist. Die Stadtpaläste mit Säulen, Balkonen und Balkönchen – sehr schöne stehen zum Beispiel in der Feuerbachstraße – entstanden ab Mitte des 19. Jahrhunderts.

 

Beleuchtete Bar mit Leuten auf der Terrasse
Lässige Abhängoase: Waschbar

 

Am bildhübschen Doktor-Rudolf-Tschäpe-Platz erhebt sich die neugotische Erlöserkirche (1896–1898). Und in der Geschwister-Scholl-Straße gibt es ein paar nette Cafés und Läden. Ganz lässig kommt zum Beispiel das nachhaltig produzierende Streetwearlabel Rotholz daher. Großartige Holzofenpizza servieren schrullige Männer in der Trattoria Villa Apostoli (Sellostr. 19, Tel. 0331-9679071). Und den Absacker trinkt man am besten in der Waschbar (Geschwister-Scholl-Str. 82), einer gemütlichen Mischung aus Waschsalon und szeniger Abhängoase.

HINKOMMEN: Tram 91 oder 94 bis Haltestelle Feuerbachstraße.

 

#13 FORSTHAUS TEMPLIN: BESTES BIER, BESTES WILD UND NEBENAN DAS BESTE WALDBAD

Seit 1834 schon gibt es das Forsthaus Templin, ein Ausflugslokal zwischen Potsdam und Caputh. Heute braut hier die Braumanufaktur alte regionale Biersorten in Bioqualität. Dazu gehört die Potsdamer Stange, ein unfiltriertes, untergäriges Vollbier. Es wird in hohen, schmalen Gläsern (= Stangen) ausgeschenkt. Außerdem wurde das bernsteinfarbene, malzbetonte Werdersche Bier wiederbelebt, das schon der olle Fontane kannte.

Dazu gibt es zünftige Brotzeiten wie Treberbrot (aus der Maische gebacken) mit Wildschweinschinken, Matjes mit Bratkartoffeln oder Wildgulasch mit Klößen und Rotkohl. Sicherlich keine Diätküche, in jedem Fall aber saugut! Draußen ein schöner Biergarten, drinnen uriges Ambiente mit Hirschköpfen und Braukessel.

 

Gulasch mit Klößen in zünftiger Gaststätte
Wildgulasch und Matjes im Forsthaus Templin

 

Man muss nur kurz über die Straße springen und steht schon fast im Waldbad Templin am gleichnamigen See. Schattig und lauschig, mit Sandstrand, Wakeboard, Wasserski und FKK-Bereich. Man kann „in a typical German Strandkorb“ (so die Broschüre) relaxen und in Bungalows übernachten. Wer muss da noch nach Thailand?

HINKOMMEN: Buslinie 607 von Potsdam hält direkt vor dem Biergarten des Forsthauses.

 

#14 KLEINSTADTBEHAGLICHKEIT IN WERDER

Wer Werder sagt und Bremen nicht anfügt, spricht in der Regel von der Altstadtinsel in der Havel eineinhalb Bootsstunden südwestlich von Potsdam. Das Eiland ist von Schilf gesäumt und voller still-schöner Pflastergassen mit schmiedeeisernen Laternen und einstöckigen Fischerhäuschen. Den mehr als beschaulichen Marktplatz kann man kaum verpassen.

 

Stadt mit Kirchturm an einem See
Werder – bildschön

 

Ihr wollt Kuchen? Könnt Ihr haben. Südlich des Marktplatzes  erhebt sich die Heilig-Geist-Kirche, ein Backsteinbau aus dem 19. Jahrhundert. Nahebei lässt sich im Café Duval beziehungsweise davor unter einer betagten Linde wunderbar süß sündigen.

Ihr wollt Fisch? Könnt Ihr auch haben! Wir lieben das Fischrestaurant Arielle, dem ein Imbiss und eine tolle Terrasse direkt am Wasser angeschlossen sind. Räucherfisch, Fischbratwurst, Backfisch, Fischsuppe… Very oldschool, aber einfach nett.

 

 

Ihr wollt Wein? Auch das gibt’s! Die Umgebung von Werder hängt voller Obst. Daraus werden Fruchtweine von der Kategorie „Schädelspalter“ hergestellt. Vor Ort bezeichnet man sie als „Bretterknaller“: Sie befördern ihre Trinker nämlich schneller auf die Bretter, als denen lieb ist.

Besser hält man sich an „richtigen“ Wein, der in Werder ebenfalls angebaut und gekeltert wird – und alles andere als verkehrt schmeckt! Schaut zur Saison unbedingt mal bei der Winzerei Dr. Lindicke am Wachtelberg vorbei! Dort kann man in einer idyllischen Straußwirtschaft einkehren.

HINKOMMEN: Von Potsdam fährt Bus 631 regelmäßig nach Werder. Schöner ist die Anfahrt mit dem Schiff, Infos gibt es hier.

ÜBERNACHTEN: Schönste Unterkunft vor Ort ist das direkt an der Havel gelegene Hotel Prinz Heinrich. Dem Haus ist auch ein Sternerestaurant angeschlossen. Camper sind auf dem Blütencamping Riegelspitze 2,5 Kilometer südlich der Altstadtinsel bestens aufgehoben.

 

 

#15 BEELITZ-HEILSTÄTTEN: LOST IN LOST PLACE

Schnell hin, bevor aus dem ehemaligen Lost Place ein Bobo Place wird! In und rund um die denkmalgeschützten Backsteingebäude der ehemaligen Lungenheilanstalt Heilstätten wird kräftig investiert, renoviert und neu gebaut.

Die größte Lungenheilstätte der Welt wurde zwischen 1898 und 1902 aus dem märkischen Sand gestampft. Tuberkulose war zu jener Zeit eine der häufigsten Todesursachen. Die Heilstätten waren auf dem neuesten Stand der Technik (eigenes Heizwerk, Einsatz von Elektromobilen) und der medizinischen Vorsorge. 600 Beschäftigte kümmerten sich um etwa 1200 Pfleglinge.

 

Lost Place Beelitz-Heilstätten

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde aus den Heilstätten ein sowjetisches Lazarett und eine medizinische Forschungsstätte. In den 1990er-Jahren verkamen weite Teile des Areals zu einem spannenden Lost Place, der für Filmaufnahmen genutzt wurde.

 

Menschen unter einer grünen Kuppel

 

2015 wurde auf dem Areal ein Baumkronenpfad eröffnet. Er führt am sog. Alpenhaus vorbei, einem alten Kliniktrakt, auf dessen Dach bereits Bäume wachsen. Durch das Alpenhaus und durch die ehemalige Chirurgie finden überaus spannende Führungen mit hohem Schauderfaktor statt, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

HINKOMMEN: Vom Hauptbahnhof in Potsdam mit der RB 23 bis Seddin und weiter mit der RB 7 bis Beelitz-Heilstätten.

 

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Kennt Ihr Potsdam und habt den einen oder anderen zusätzlichen Tipp parat? Dann ab damit in die Kommentare! Ansonsten freuen wir uns wie immer über Eure Pins.

 

Für noch mehr Infos gibt es unser Buch „Potsdam“, erschienen im Michael Müller Verlag. 

 

Mehr Potsdam und Brandenburg gibt es auch hier bei uns auf dem Blog: 

 

Und noch mehr Tipps für schöne Aktivitäten in Potsdam haben Mandy und Swen vom Blog MARO-Effekt aufgeschrieben: 

Potsdam erleben: 11 zauberhafte Aktivitäten in der Stadt der Schlösser & Filme

4 Kommentare

  1. Als Neu-Potsdamer und Vater eines 3-jährigen Sohns habe ich noch einen Tipp: Das Krongut Bornstedt. Dort gibt es ein Café, einen Biergarten, einen kleinen Spielplatz und etwas versteckt: ein Pfauen-Gehege. Man kommt richtig nah ran an die Pfauen. Das Krongut gehörte mal der Tochter von Queen Victoria, die in die Hohenzollern-Familie eingeheiratet hatte. Direkt gegenüber liegt der alte Bornstedter Friedhof – sowas wie der Prominenten-Friedhof Potsdams. Auch wunderschön.

    • Hallo Matti, mit dem Krongut Bornstedt haben wir tatsächlich seit einigen Jahren so unsere Probleme. Wir finden es da die meiste Zeit des Jahres ziemlich trist und leblos. Der Bornstedter Friedhof ist allerdings wirklich toll. Herzliche Grüße, Gabi und Michael

Gib süßen oder scharfen Senf dazu (E-Mail-Adresse wird nicht angezeigt)

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