Erst wenige Minuten sind vergangen, seit wir auf dem kleinen Campingplatz in Kališta eingecheckt haben. Und schon bringt man uns Mokka und Trauben. Die Betreiberin strahlt, als wären wir lang erwartete Gäste. „Rakija?“, fragt sie noch und zeigt zur Flasche. „Nein, danke“, antworten wir lachend. Für einen Schnaps ist es uns noch zu früh.
Was für ein herzlicher Empfang. Kališta in Nordmazedonien ist die erste Station unseres Roadtrips rund um den Ohridsee, den sich das kleine Binnenland mit Albanien teilt. Es ist Anfang Oktober, wir sind die einzigen Camper auf der grünen Wiese am Seeufer. Das wird auch die nächsten Tage so bleiben. Wir schlürfen den Mokka und schauen auf den von blaugrauen Bergen umrahmten See. Das Wasser glasklar, kein Wellenschlag, kein Wind. Nur eine Dunsthaube überm See, die die Welt um uns herum melancholisch malt.
Nicht alles am Ohridsee wird uns so gut gefallen wie dieser Campingplatz. Für die Lage des Sees gibt es unsere volle Punktzahl. Die kunsthistorischen Schmankerln an seinen Ufern sind faszinierend. Der See selbst, einer der ältesten Europas, ist reich an endemischen Tier- und Pflanzenarten. Dazu uraltes Siedlungsgebiet. Die Ohridregion steht somit zu Recht auf der Liste der UNESCO-Welterben. Und dennoch hat es nicht richtig geschnackelt zwischen uns und dem Ohridsee. Das liegt vor allem an den Städten drum herum. Die haben wir in unseren Reiseträumen falsch verortet. Haben verstaubt-romantische Balkanstädtchen erwartet, nicht aufstrebende Ferienorte mit allen negativen Begleiterscheinungen.
Wir sind 20 Jahre zu spät dran. Der Charme, den wir uns wünschen, ist weitgehend verschwunden. Doch Schönes entdecken wir auch. Und das möchten wir Euch nun zeigen.
Auf unserem Roadtrip um den Ohridsee hatten wir insgesamt vier Standorte. Die Campingplätze findet Ihr weiter unten bei den jeweiligen Orten.
Roadtrip Ohridsee – Inhaltsverzeichnis
Kališta und Radožda: Die Dörfer im Nordosten des Sees
Struga: Wo der See zum Fluss wird
Ohrid: Museumsstädtchen und Kirchenwunder
Entlang der Ostküste: Zwischen Ohrid und Gradište
Zwei-Seen-Blick: Wandern im Nationalpark Galičica
Sveti Naum: Klosterpromi am Ohridsee
Rüber nach Albanien: Tushemisht und Drilon
Pogradec: Größte Stadt auf albanischer Seite
Der Kreis schließt sich: Zwischen Pogradec und der Grenze zu Nordmazedonien
Kališta und Radožda: Die Dörfer im Nordwesten des Sees
Bleiben wir noch kurz auf unserem Campingplatz in Kališta. → Lakeside ist sein Name. Im Sommer mag es hier voll sein, nun herrscht Ruhe pur. Der Platz gehört einer Fischerfamilie. Der Mann fährt raus auf den See, wenn wir noch schlafen, und kommt zurück, wenn wir schon beim Feierabendbier auf der Terrasse sitzen. Dann können wir zuschauen, wie er seinen Fang an Land bringt.
Neben der Terrasse ein kleiner Kiesstrand mit Sonnenliegen. Nach einem Bad im See ist uns Warmduschern allerdings nicht. Nachts kühlt es jetzt im Herbst – wir sind immerhin auf einer Höhe von rund 700 Metern – auf sieben Grad ab. Die Nächte merkt man der Wassertemperatur an.
Campingtipps Ohridsee: In Kališta gibt es noch andere Campingplätze direkt am See, zum Beispiel Rino und Lira. Unser Camping Lakeside hat zudem noch eine schönen „Ableger“ im nahen Dorf Radožda direkt hinter dem dortigen Kiesstrand (= Lakeside 2). Wir gehen davon aus, dass Ihr die App Park4Night nutzt, dort sind alle Plätze zu finden.
Ihr habt Räder mit? Dann lohnt sich eine kleine Tour von Kališta Richtung albanische Grenze ins 6 Kilometer südlich gelegene Dorf Radožda. Dabei geht es am Kloster Sveti Bogoridca vorbei, das allerdings nicht sonderlich spannend ist.
Deutlich interessanter ist die Höhlenkapelle des Erzengels Michael in Radožda (Schlüssel im Restaurant Dinga gegenüber). Steile Stufen führen zu ihrem Eingang. Im Inneren der Felskapelle muss sich das Auge erst an die Dunkelheit gewöhnen, bevor man die faszinierenden Fresken erblickt. Sie stammen aus dem 13. Jahrhundert. Leider wurden sie von Vandalen heimgesucht: Augen sind ausgekratzt, Gesichter zerstört.
Im Dorf hat es einige herrlich gelegene Fischlokale, teils auf Stegen überm Wasser. Angesichts der wenigen Touristen jetzt im Herbst trauen wir ihnen in Sachen Frische allerdings nicht ganz. Ein Fehler?
Struga: Wo der See zum Fluss wird
Die 15.000-Einwohner-Stadt ganz im Norden des Ohridsees ist keine, die uns aufjauchzen lässt. Die Bars und Restaurants an der Uferpromenade heißen „Mirage“ oder „Vanilla Sky“. Dazwischen Autoscooter, Bar, Restaurant. Autoscooter, Bar, Restaurant. Dauerschleife. Überall sieht es gleich aus.
Der Stadtstrand erstreckt sich östlich und westlich des Auslaufs des Schwarzen Drin. Ja, dieser Fluss mündet hier nicht in den See, sondern beginnt hier – der Ohridsee ist die Quelle des Schwarzen Drin.
Der Strand ist in einzelne Abschnitte aufgeteilt: für Männer, für Frauen, für Männer und Frauen. Jeder Abschnitt hat einen Namen, einer heißt „Viagra Beach“. Der „Sand“, der fast die Konsistenz von Splitt hat, ist gesprenkelt mit Hundehaufen. Tretboote liegen verwaist da. Die Tristesse der Nebensaison. Immerhin lacht der Himmel, hin und wieder schweben ein paar Schäfchen durchs Blau. Den Hochsommer möchten wir uns hier nicht vorstellen. Dann ist es hier vermutlich voll, voller, am vollsten.
Wir spazieren ins Zentrum, entdecken eine kleine Moschee aus osmanischer Zeit und einen verfallenen Hamam, sonst aber nur wenig Historisches. Am Hauptplatz turnen Kinder auf einem Denkmal aus Tito-Zeiten herum:
Auf den Gehwegen ein multireligiöser Mischmasch. Frauen in Tanktops laufen vorüber, bekreuzigen sich vor den Kirchen. Muslimas huschen in Wallegewändern über die Straße. Zur Gebetszeit singt der Muezzin, zuweilen aber kürzer als üblich, was den häufigen Stromausfällen in diesem Land geschuldet ist.
Wir kehren in einer einfachen Grillstube ein, Skopje 10 ihr Name, Marks i Engels 22 ihre leicht zu merkende Adresse. Wir essen hervorragende Ćevapčići mit Tarator, Knoblauchjoghurt dick wie Rahm.
Ohrid: Museumsstädtchen und Kirchenwunder
Das glattgebügelte und übermanikürte historische Zentrum von Ohrid, mehr Museumsstädtchen als natürlicher Wohnort, wird umringt von einer Ferienstadt aus Beton. Am Yachthafen legen Ausflugsschiffe an, so proppevoll, dass sie Schlagseite haben. Die Luft ist erfüllt von Urlaubsheiterkeit.
Zusammen mit vielen türkischen Touristen – jetzt im Oktober scheinen sie das Gros der ausländischen Besucher zu stellen – erkunden wir die hügelige Altstadt Varoš. Wir sehen viel Schönheit, aber kaum Charisma. Diese Stadt ist entlaust und aufgebürstet für den Tourismus. Lottercharme, wie wir ihn lieben, muss man suchen. Für Ohrid und seine Umgebung, ja, wir sagten es schon, sind wir zu spät dran.
Das Erbe der Jahrhunderte wurde in Ohrid derart dick übermalt, dass manche Erkerhäuser in den schmalen Gassen wirken, als wären sie gestern erst erbaut worden. Die osmanische Architektur, die das Gesicht Ohrids prägt, ist auf dem Balkan öfters zu sehen. Wer zum Beispiel schon in Berat (Albanien) war, dem sind die Stadthäuser mit ihren nach oben hin auskragenden Etagen vertraut.
Handwerker, die in staubigen Holes in the Wall ihrer Arbeit nachgehen, sucht man in Ohrid vergebens. Stattdessen gibt es glitzernde Souvenirs, manche made in China, zu kaufen. Zudem können die türkischen Touristen alles erstehen, was sie auch von zu Hause kennen: Baklava, Çay und Klamotten von LC Waikiki. Und – wir haben es vor lauter Schock fast vergessen: Shirts mit Putinporträts.
Tipp: Ein Kontrastprogramm zu all dem Kitsch in Ohrid bietet das coole nordmazedonische Klamottenlabel → Sheezick Na Reezick. Haltet in der Altstadt von Ohrid nach ihrem Store Ausschau!
Hagia Sophia
Die Altstadt von Ohrid steckt voller byzantinischer Kirchen. Sie sind wahre Orte der Ruhe, da die wenigsten Touristen an ihnen Interesse haben – drei Euro Eintritt pro Kirche sind vielleicht der Grund dafür. Leider darf im Inneren der Sakralbauten von Ohrid nicht fotografiert werden.
Die Hagia Sophia, die „Kirche der Heiligen Weisheit“, ist die bedeutendste Kirche der Stadt. Der klassisch-byzantinische Bau aus dem 11. Jahrhundert beeindruckt durch Fresken auf blauem Hintergrund. Den Köpfen im mannshohen Bereich wurden leider auch hier die Augen ausgekratzt.
Kirche der Muttergottes Peribleptos
Die Kreuzkuppelkirche im oberen Teil der Altstadt ist jünger als die Hagia Sophia, sie stammt aus dem späten 13. Jahrhundert. Von ihrem Vorplatz hat man einen tollen Blick über die Altstadt und auf die Bucht. Auch im Innern ist der Sakralbau ein Highlight. Wir bestaunen Fresken im Stil der Palailogischen Renaissance und Mosaike, die von einer frühchristlichen Kirche an gleicher Stelle übrig geblieben sind. Ein wunderschöner Ort, zu dem ein Ikonenmuseum gleich nebenan gehört.
Noch etwas weiter das antike Theater, das einzige Bauwerk Ohrids aus hellenistischer Zeit:
Kirche Johannes Kaneo
Wir möchten gar nicht wissen, wie viele Influencer:innen direkt zu dieser Kirche hasten, sich schnell vor ihr ablichten und zum nächsten Insta-Hotspot auf dem Balkan düsen. Die Kirche Johannes Kaneo, die imposant auf einer Klippe thront, ist das Wahrzeichen der Stadt und das Postkartenmotiv des Sees überhaupt. Bekannt wie eine Filmdiva.
Campen in Ohrid: 2 km südlich der Altstadt und damit noch in Laufnähe (was uns wichtig war) liegt der → Camping Dinovo. Die Lage direkt hinter dem Strand ist an sich schön. Ein Renner ist der Platz trotzdem nicht: fragwürdige Sicherheit, nicht sonderlich gepflegt und ein Personal, das schon am Morgen schnapselt.
Entlang der Ostküste: Zwischen Ohrid und Gradište
Das Wasser strahlt in diversen Aquarellfarben, davor immer wieder baumbestandene Kiesstrände. Das Ufersträßlein ist jetzt im Oktober ein wahrer Genuss. Zunächst passieren wir Sveti Stefan, dann Lagodin. Dort chillt ein Mann mit seinem Hund auf einem Steg. Balkanidylle. Allerdings lassen die vielen, jetzt leer stehenden Hotels vermuten, dass hier im Sommer die Hölle los ist. Der Ohridsee ist die Badewanne eines Landes ohne Anschluss ans Meer.
Am schmalen Strand von Peštani sind bunte Boote aufgebockt. Peštani ist ein natürliches Fischerdorf, das uns gut gefällt. Hinter Peštani schieben sich die über 2000 Meter hohen Berge des Galičica-Nationalparks imposant ins Blickfeld.
In der Bucht von Gradište entdeckte ein Taucher 1997 Reste einer prähistorischen Pfahlbautensiedlung. Der Fund gab Anlass zur Rekonstruktion der Anlage, die nun den etwas theatralischen Namen „Museum Bay of Bones“ trägt. Wir können mit solchen disneylandesken Rekonstruktionen leider wenig anfangen.
Highlight Trpejca
Der schönste Standort am Ohridsee? Tata, hier ist er! Trpejca. Das Dorf thront auf einem Hügel, zum Strand geht es steil hinunter.
Der mit Trauerweiden bestückte Kiesstrand ist ein Traum, das Gleiche gilt für das dortige Restaurant Uno in Bestlage. Tipp: Ferienwohnung mit Balkon und Seeblick mieten und einen Stapel Bücher einpacken – in Trpejca könnten wir es locker eine Woche aushalten, und zwar ohne einen einzigen Ausflug. Merken wir uns vor. Noch aber sind wir im Entdeckermodus.
Zwei-Seen-Blick: Wandern im Nationalpark Galičica
Die Luft hat perfekte Wandertemperatur. Wir machen uns auf zu einer aussichtsreichen Tour in den 250 Quadratkilometer großen Nationalpark Galičica. Wir wollen uns einen der „Zwei-Seen-Blicke“ erlaufen, von denen man den Ohridsee und den Prespasee gleichzeitig überblickt.
Höchste Erhebung im Nationalpark ist der 2255 Meter hohe Magaro. So hoch aber wollen wir gar nicht hinaus. Uns reicht der Marsch auf den 1984 Meter hohen Lako Signoj.
Schon die Anfahrt auf der Serpentinenstraße zum Wanderparkplatz ist spektakulär. Sie führt vorbei an mehreren Aussichtspunkten. Nach jeder Kehre ist der Blick auf den See und die umliegende Berge ein anderer.
Hinweis: Der Nationalpark ist eintrittspflichtig, 200 Denar (umgerechnet ca. 3,30 €, Stand 2024) werden pro Person fällig. Der Einstieg in die Tour zum Lako Signoj liegt beim Wanderparkplatz an der Passstraße zum Prespasee. Ihr findet ihn etwa 600 m hinter der letzten Kehre, die einen Blick auf den Ohridsee bietet.
Vom Wanderparkplatz führen Schotterwege und -pfade hinauf zum Gipfel des Lako Signoj, auf dem eine aufgegebene Funkstation vor sich hin rottet. Die Aussichten, die Farben, die baumlose Kargheit da oben – alles verdient den abgegriffenen Ausdruck „atemberaubend“. Hoch und runter braucht man für die Wanderung etwas über zwei Stunden.
Den Zwei-Seen-Blick könnt Ihr fotografisch mit der Panoramafunktion Eures Handys hinbekommen. Michael hat’s mal versucht. Hier das Ergebnis:
Sveti Naum: Klosterpromi am Ohridsee
Der dauerblaue Himmel macht sich schon für den Abend hübsch, als wir das Sträßlein zum Kloster Sveti Naum kurz vor der albanischen Grenze nehmen. Das Kloster thront herrlich auf einem Fels über dem See. Auch am Spätnachmittag ist noch gut was los, schließlich ist die Anlage eine der Top-Sehenswürdigkeiten der Region.
Das Kloster stammt aus dem 10. Jahrhundert, die Kirche aus dem 16. Jahrhundert. Der Heilige Naum, ein Schüler der Slawenapostel Kyrill und Method, fand hier seine letzte Ruhe.
Neben dem Kloster breitet sich eine liebliche Auenlandschaft aus. Dort serviert das Restaurant Ostrovo inmitten eines Quellteichs Schnecken im Tontöpfchen. Ein schöner Ort trotz des Andrangs.
Campen nahe Sveti Naum: Nur 3 km nordöstlich des Klosters befindet sich hinter einem Kiesstrand der → Camping Lijubanishta, eine riesige Anlage, die im Sommer aus allen Nähten platzen mag. Im Oktober wirkt der Platz hingegen gespenstisch, wir fuhren weiter.
Rüber nach Albanien: Tushemisht und Drilon
Nur wenige Kilometer nach dem unkomplizierten Grenzübertritt erreichen wir Tushemisht, einen kleinen Ferienort mit historischem Dorfkern samt restaurierten Natursteinhäusern. Touristengrüppchen spazieren durch die Gassen und über schmale Kanälchen, kaufen Raki Marke Eigenbau, Eingelegtes und Marmeladen. Alles in allem eine etwas künstliche Welt, die ein Kirchlein mit blauem Dach überblickt.
Im Westen schließt Drilon an Tushemisht an. Dort hat es einige kleine Campingplätze hinter der Uferstraße, manche mit einem Restaurant. Davor ein unsauberer Strand mit grobem Sand. Den tollen Panoramablick aber kann man dem Strand nicht absprechen:
Campen in Drilon: Wir standen auf dem kleinen → Camping Fabio, nicht mehr als eine Wiese hinter dem gleichnamigen Restaurant. Nichts Besonderes und ohne Aussicht, aber für eine Nacht okay.
Bei Drinol breitet sich wie in Sveti Naum ein Feuchtgebiet mit Teichen, Auwäldern und blubbernden Quellen aus. Dem Diktator Enver Hoxha gefiel es hier so gut, dass er sich ein Feriendomizil mit Park anlegen ließ. Im Herbst 2023 ist der aber leider eine einzige Baustelle. Zwischen Absperrungen und Bauzäunen treffen wir auf eine albanische Familie, die in Deutschland lebt. Sie ist auf Heimatbesuch. „Urlaub machen wir hier nicht mehr“, sagt der Vater. „Dafür fliegen wir lieber nach Griechenland. Ist billiger.“
Pogradec: Größte Stadt auf albanischer Seite
Wir fahren weiter nach Pogradec. Wahrlich keine Schönheit. Und von irgendwelchen Sehenswürdigkeiten kann man auch nicht sprechen. Einen gewissen Charme aber muss man der 21.000 Einwohner zählenden Stadt zugestehen, zumal die dahinter aufsteigenden Mokraberge eine hübsche Kulisse abgeben. So sieht Pogradec von oben aus:
An der Uferpromenade hinter dem Strand mit seinen bunten Holzbooten stehen Bänke in Schwanenform. Sitzen will dort aber gerade niemand.
Das Zentrum, dessen historische Bausubstanz von Plattenbauten durchsetzt ist, wirkt lebendig. Die Cafés sind voll, die Restaurants und Garküchen wie so oft in Albanien allerdings weitestgehend leer. Die Türen zu den Geschäften stehen offen. Metzger hantieren mit dem Beil, aus den Käseläden riecht es säuerlich. Obst und Gemüse gibt’s frisch von kleinen Ständen. Fische werden lebend aus Aquarien verkauft. Dazu gehört der schmackhafte Koran, auch bekannt als Ohridforelle, eine endemische Art.
Auf der Weiterfahrt gen Norden passieren wir ein bereits 1994 aufgegebenes Nickelaufbereitungswerk, heute ein weitläufiger Lost Place:
Der Kreis schließt sich: Zwischen Pogradec und der Grenze zu Nordmazedonien
Das nordmazedonische Ufer fanden wir reizvoller als das albanische. An der Landschaft liegt es nicht, sondern an den Straßen. In Nordmazedonien kurvten wir gemütlich auf Landsträßchen umher. Jetzt fahren wir auf einer bestens ausgebauten Straße, auf der auch viele Lkws unterwegs sind.
Neben dem Highway verläuft ein Radweg. Wir passieren Strände und Cafés. Gefühlt alle 100 Meter steht ein kleiner halbrunder Bunker, einer von rund 200.000, die der paranoide Diktator Enver Hoxha für den Fall einer Invasion bauen ließ.
Der freundlichste Ort entlang dem albanischen Westufer des Ohridsees ist das Fischerdorf Lin. Es liegt nur einen Katzensprung vom nordmazedonischen Dorf Radožda entfernt, wo wir eine Woche zuvor unsere Tour um den See begonnen haben.
Lin breitet sich zu Füßen einer mächtigen Felszunge aus, die in den See ragt. Oben auf dem Fels befinden sich die kniehohen Reste einer frühchristlichen Basilika. Ihre herrlichen Mosaike sind zum Schutz mit Sand bedeckt.
Mehr Zulauf bekommt das zentral gelegene Fischrestaurant Leza mit seiner spektakulären Terrasse über dem See. Es ist bestens besucht, was in Albanien etwas heißt, denn bestens besuchte Lokale sieht man nur selten. Auf den Tellern der meisten Gäste: frischer Fisch aus dem See. Wir selbst werden ihn an unserem letzten Abend am See ebenfalls bestellen:
Campen auf der albanischen Westseite des Ohridsees: Wir übernachteten auf dem gut geführten → Camping Peshku in Udënisht. Ganzjährig geöffnet, mit gutem Restaurant. Vor der Nase ein schöner Strand, im Nacken leider die laute Uferstraße. Beim Dorf Lin gibt es den → Camping Erlin Beach, wo man jedoch sehr eng steht.
Literaturtipp
Unser Kollege Ralph-Raymond Braun widmet in seinem → Albanien-Reiseführer auch dem nordmazedonischen Teil der Ohridregion genug Platz. Erschienen ist das Buch im Michael Müller Verlag.
Mehr Balkan hier auf dem Blog
- Roadtrip um den Skadar-See: Wo sich Montenegro und Albanien ein Stelldichein geben
- Campingtrip Albanien: Kleines Land mit großem Herz
- Wo die Schakale heulen: Mit dem Van über die Halbinsel Pelješac
- Kroatien: Chillen, bis die Bora kommt
- Stopover Montenegro: Zwischen Overtourism und Undertourism
- Timişoara: Stippvisite in der Europäischen Kulturhauptstadt 2023
Landschaftlich wunderschön die Gegend! In Ohrid und Pogradec war ich bereits, nach Struga führt mein Weg hoffentlich bald noch!
Herzliche Grüße und weiterhin gute Reise,
Tom
Landschaftlich auf jeden Fall, aber Struga kannst du dir eher sparen. Da gibt es sicher schönere Städte in Nordmazedonien. Herzliche Grüße zurück von Gabi und Michael
Das klingt nach den typischen Licht-und-Schattenseiten, die auf Balkanreisen Hand in Hand gehen.
Sehr gut zu wissen, welche der Orte man sich am Ohrid-See sparen kann, und welche nicht.
Ich habe die „Badewanne eines Landes ohne Anschluss ans Meer“ auf jeden Fall noch auf der sogenannten Bucket List. 😀
Vielen Dank für die Inspiration.
Liebe Grüße
Dennis
Hi Dennis, danke dir erstmal fürs genaue Lesen ;-). Du hast völlig Recht mit den Licht- und Schattenseiten. Auch in Montenegro und Albanien haben wir viele Schattenseiten gesehen, insbesondere an der Küste, aber zum Glück auch sehr viel Schönes im Landesinneren. Liebe Grüße zurück!
Vielen Dank fürs Mitnehmen! Ich war vor einigen Jahren in Skopje, würden den Ohrid-See aber auch gern irgendwann mal besuchen.
Hallo Janine, dafür fehlt uns Skopje noch;-) Lieben Dank fürs Feedback und viele Grüße!
Lieben Dank fürs Mitnehmen in eine Region, von der ich davor noch nie gehört hatte. Der See und seine Umgebung sehen klasse aus!
Herzliche Grüße und einen herrlichen Sommer,
Sanne
Liebe Sanne, der See ist ein Traum und liegt traumhaft. Nicht von allen Ortschaften waren wir jedoch so angetan. Dir auch noch schöne Sommerwochen, herzliche Grüße zurück, Gabi und Michael