Ganz ehrlich: Wir sind keine Kroatienfans. Die Küste mag himmlisch sein, das Insel-Konfetti davor einzigartig. Und dann erst die alten venezianischen Hafenstädte, perfekte Bühnenbilder für Mantel-und-Degen-Filme! Und trotzdem werden wir nicht warm.

In Kroatien suchen wir Authentizität und finden geleckte Kulissen. Wir suchen südliche Herzlichkeit und finden höfliche Distanz. Wir möchten neben Fischern in der Kneipe zechen und sitzen stattdessen mit Helga und Heinz aus Traunstein im Restaurant. Wir wollen Stille und landen noch Ende September auf überfüllten Campingplätzen, die sich ihre Beliebtheit gut bezahlen lassen. Überhaupt die Preise…

 

Panoramastraße im Mittelmeer
Roadtrip Pelješac: Die kroatische Insel ist ein schönes Ziel für Camper

 

Auf die Halbinsel Pelješac in Süddalmatien zog es uns im Herbst 2023 aber schon zum dritten Mal. Pelješac gefällt uns. Abgesehen von den landschaftlichen Reizen hat das vor allem drei Gründe:

  • Die hiesigen Schakale. Wer die Tiere einmal schaurig-schön von den Bergen hat heulen hören, will hier wieder hin.
  • Der Rotwein namens Dingač. Die Wuchtbrumme mit viel Tannin färbt die Zähne so dunkel, als hätte man gerade einen Schakal gerissen.
  • Muscheln und Austern. Die Halbinsel, vor allem im Nordosten, ist ein Paradies für Schalentierfans.

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

Roadtrip Pelješac – kleiner Überblick

  • Topographie: Pelješac, die zweitgrößte kroatische Halbinsel nach Istrien, hängt wie ein toter Ast an seinem Stamm, an Kroatien. Die Halbinsel ist ca. 70 km lang, an der schmalsten Stelle keine 3 km breit. Auf diesen Rest von Ast passt ziemlich viel Landschaft und mit dem Svetí Ilija sogar der höchste Berg der kroatischen Inselwelt (961 m).
  • Fähre oder Brücke? → Fährverbindungen bestehen von Ploče (Festland) nach Trpanj (Halbinsel). Für alle, die von Norden her anreisen, bietet sich auch die Pelješac-Brücke an. Sie ist noch recht neu (2022 eröffnet), bislang mautfrei und führt von Komarna (Festland) nach Brijesta (Halbinsel). Wie mit der Fährpassage spart man sich auch mit der Brückenpassage die Durchquerung des so genannten Neum-Korridors durch Bosnien und Herzegowina und damit zeitaufwendige Kontrollen an der EU-Außengrenze.
  • Roadtripping: Das Straßennetz lässt infolge der Halbinsel-Topographie keine Umrundung mit dem Auto zu. Es geht vor, zurück, vor, zurück. Sackgasse hier, Sackgasse da. Viele Teile der Insel sind bis heute schwer zugänglich.
  • Wie lange? Man kann hier locker ein, zwei Wochen bleiben, ohne sich zu langweilen. Standortwechsel bieten sich angesichts der Größe der Halbinsel an.
  • Campen: Es gibt viele Campingplätze (Infos bei den einzelnen Orten) und viele Camper, selbst in der zweiten Septemberhälfte ist noch gut was los. 2 Personen mit kleinem Camper und Strom sollten mit 30 bis 35 Euro pro Nacht in der Nebensaison rechnen. Deutlich höher sind die Preise in der Hochsaison.
  • Surfen: Pelješac ist ein Mekka der Surfer und Kiter. Sie treffen sich vor allem in Viganj im Südwesten.

 

 

Schakalhausen: Trpanj und Umgebung

Die Überfahrt mit dem Trajekt von Ploče ist zweifellos noch immer die schönste Annäherung an Pelješac. Wer die Fähre wählt, landet in Trpanj, einem freundlichen Küstenort, dem kein Schalk im Nacken sitzt, sondern der Schakal. Besser gesagt nicht nur einer.

Nirgendwo lauter haben wir das nächtliche Schakalgeheul in Erinnerung als in Trpanj. Die Tiere scheinen die steil ansteigenden Berge hinter dem Ort zu lieben. Nachts kann man ihnen durchaus auch auf der Straße begegnen, oder am frühen Morgen beim Joggen in den silbrig flirrenden Olivenhainen der Umgebung.

Trpanj zählt keine 1000 Einwohner, wirkt aber größer. Trpanj zählt sechs Kirchen und die Reste einer byzantinischen Festung. Von der charmanten Uferpromenade blickt man auf eine vorgelagerte Felsinsel mit einer weißen Madonna. Sie behütet das Städtchen und den Hafen. Vom Ortsstrand kann man zu ihr hinüberschwimmen. Zu Fuß ist sie über die Hafenmole zu erreichen.

 

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Die Umgebung bietet schöne Bademöglichkeiten wie den von Dattelpalmen gesäumten weißen Kieselstrand Vrila südöstlich von Trpanj. Ein herrliches Plätzchen mit glasklarem Wasser und dazu noch in Laufnähe zum Städtchen.

Kein Campingtipp: Hinter dem Strand von Vrila gibt es den wunderschön gelegenen Campingplatz Vrila. Wir haben ihn geliebt. Seitdem er von neuen Pächtern übernommen wurde, können wir ihn leider nicht mehr empfehlen. Im Herbst 2023 machte der Platz auf uns einen ungepflegten Eindruck, die Sanitäranlagen waren schmutzig. Wir zogen enttäuscht weiter.

Gen Westen schlängelt sich von Trpanj eine schmale Straße durch Weinfelder und vorbei an Zypressen zum hellen Kiesstrand von Divna und weiter in die Strandsiedlung Duba. Die dortigen Campingplätze sind vor allem bei Slowenen, Polen und Tschechen beliebt. Grundsätzlich machen Tschechen auf Pelješac den größten Anteil der Touristen aus.

 

Einsames Häuschen am Meer
Küste bei Trpanj

 

Campen: Direkt hinter dem Strand von Divna befindet sich der kleine einfache Camping Divna. Am Strand stehen die Wohnmobile Stoßstange an Stoßstange. Dahinter campt es sich im Sommer schön-schattig unter mächtigen Bäumen. In der kühleren Nebensaison allerdings nicht, dann ist es zu schattig und dunkel. Der kleine → Kamp Luka in Duba liegt zurückversetzt vom Strand und besitzt für unseren Geschmack wenig Atmosphäre.

 

Sechs Kilometer östlich von Trpanj wiederum liegt Velíka Prapratna. Über ein Asphaltsträßchen ist dieser abgeschiedene Ort bequem zu erreichen. Am Kai vor der stillen Paarhäuserbucht schaukeln Boote im Wasser. Wer Erholung eintüten will, kann sich hier auch länger einmieten.

Hoch darüber, im unauffälligen Weindorf Oskorušno decken wir uns mit Rotwein aus der Plavac-Mali-Rebe ein. Aus der Rebe wird auch der berühmte Dingač gekeltert (mehr zum Dingač später). Überall auf der Halbinsel gibt es kleine Familienwinzereien, die vom Fass in Plastikflaschen abfüllen. Den Liter bekommt man ab ca. 3,50 Euro. Falsch machen kann man eigentlich nichts, nicht in Oskorušno und nicht anderswo auf der Halbinsel. Die Weine sind süffig und solide.

Danach schauen wir noch bei der schwarzen Madonna vorbei, die vom Altar der Dorfkirche von Kuna auf uns Sünder hinabblickt:

 

Schwarze Madonna in einem Barockaltar
Bei der Madonna von Kuna

 

Postup und Podobuče

Steil zieht sich das von Weinbergen durchzogene Örtchen Postup den Hang hinab. Auf dem dortigen → Camping Paradiso, einem Familienbetrieb, verbringen wir einige Tage. Die terrassierte Anlage mit Pinien und Olivenbäumen hat viel Platz für alle, von jedem Stellplatz blickt man aufs Meer. Die Sanitäranlagen sind veraltet, aber sehr sauber. Und ganz unten am Wasser gibt es einen Ministrand, Betonplattformen und einen Grill.

 

Terrassierter Campingplatz mit Meerblick
Camping Paradiso in Postup

 

Pelješac ist eine Halbinsel für E-Biker und Mountainbiker. Für unsere klapprigen Stadtfahrräder ist Pelješac zu bergig, das ewige Auf und Ab sehr mühsam. Dennoch entscheiden wir uns für eine kleine Tour auf dem Küstensträßlein von Postup ins fünf Kilometer südöstlich gelegene Podobuče.

Wir radeln los. Doch was heißt radeln? Wir schieben viel und radeln wenig, düsen dann aber kleine Gefälle hinab mit der Nase im Fahrtwind. Und machen Pause. Bei dieser herrlich unverbauten Küste macht man doch gerne ein Päuschen nach dem anderen.

 

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Podobuče war mal ein Fischerdorf und ist heute eine hübsch anzusehende Siedlung an einer kleinen Bucht samt weißem Kiesstrand. Verwunschene Gärten mit Palmen, Granatapfel- und Orangenbäumen umschließen Natursteinkaten, die zu Ferienunterkünften umgebaut wurden. Die Luft riecht nach Rosmarin und Fallobst.

 

Kiesstrand mit ein paar Häusern an einer Bucht
Podobuče: Hübsches Dorf mit hübschem Strand

 

Orebić: Zentrum der Pelješacer Riviera

Mit Orebić beginnt die Pelješacer Riviera, wie die Kette der Ferienorte im Südwesten von Pelješac genannt wird. Orebić selbst ist zugleich das touristische Zentrum der Halbinsel – doch keine Sorge, von einer Touristenhochburg der schrillen, unangenehmen Sorte ist Orebić Lichtjahre entfernt.

Je weiter man sich von der Durchgangsstraße entfernt, desto charmanter wird der Ort. Zum Meer hin umhüllt einen das Flair einer historischen Kleinstadt, die alles andere als arm war. Handelsschiffe aus Orebić waren im 18. und 19. Jahrhundert in ganz Europa unterwegs, von Konstantinopel bis zu den Küsten Westeuropas, selbst nach Amerika segelten sie. Auskunft darüber erteilt das zentral gelegene Schifffahrtsmuseum am Kai.

 

Historische Stadt am Mittelmeer
Orebić: Gemütliches Zentrum der Pelješacer Riviera

 

Hinweis für Camper: In Orebić und Umgebung gibt es zig Campingplätze von sehr einfach bis sehr komfortabel. Eine spezielle Empfehlung haben wir nicht.

Doch die Besichtigung des Museums muss warten. Einen Tag und eine Nacht verbringen wir in unserem Camper. Ein Herbststurm zieht über die Halbinsel hinweg, der sich gewaschen hat. Einer von der Sorte, als käme der Leibhaftige höchstpersönlich zu Besuch. In der Nacht knallt es derart, dass Donner und Blitz alles erzittern lassen und die Erdbeben-Warnapp unserer Handys aktiviert wird.

Doch man wäre nicht am Mittelmeer, würde nicht nach Regen wieder die Sonne strahlen. Und so spazieren wir schon am nächsten Tag in der Mittagsschwüle die Uferfront von Orebić entlang. Zur Seeseite säumen Tamarisken die schmalen Strände, zur Landseite erheben sich prächtige Kapitänsvillen: Bougainvilleas an den Fassaden, Oleander und Palmen in den Gärten. Die Palästchen, die heute Hotels, Restaurants oder Souvenirshops beherbergen, stammen aus jener Zeit, als die Orebićer Reeder im Zenit ihres Ruhmes standen.

 

Historische Stadt am Meer mit Bergen dahinter
Im Nacken von Peljesac ragt das Küstengebirge auf

 

​Im Nacken von Orebić sehen wir den mächtigen Svetí Ilija aufragen. Ehrfürchtig blicken wir hinauf. Die Besteigung des 961 Meter hohen Inselriesen steht auf unserer To-do-Liste – kein Spaziergang, wie wir noch erfahren werden.

Essen mit Aussicht: Nahe dem Franziskanerkloster befindet sich die Konoba Panorama: Fisch und gute Fleischgerichte auf einer Traumterrasse.

Auf einer Anhöhe westlich von Orebić liegt das Franziskanerkloster Mariä Himmelfahrt, das Ende des 15. Jahrhunderts errichtet wurde. Die Mönche sind zu beneiden: Der Blick über die Inselwelt voraus und hinüber nach Korčula ist wahrlich göttlich. Im 19. Jahrhundert konnten Reisende im Kloster übernachten, unter anderem nächtigte hier Tolstoi. Heute geht das leider nicht mehr.

 

Kirche hoch über dem Meer
Roadtrip Pelješac: Mit dem Auto geht’s zum Franziskanerkloster

 

Sonntags ist das Kloster Besuchern leider nicht zugänglich. Unser Pech. So schauen wir uns nur den schönen kleinen Klosterfriedhof an, bevor wir weiterfahren.

 

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Kućište und Viganj: Wo sich die Surfer treffen

Die nächsten kleineren Orte an der Pelješacer Riviera sind Kućište und Viganj. Von Orebić kommend, führen links des schmalen Asphaltbands Bootsstege ins Meer, sonnen sich Urlauber auf teils nur handtuchbreiten Stränden. Auf der anderen Seite stehen Barockkirchen und wie in Orebić die einstigen Wohnsitze der Kapitäne.

 

 

Campingplatztipp: Von den Campingplätzen in dieser Ecke der Insel fanden wir → Anthony Boy zwischen Kućište und Viganj am besten. Der Platz ist recht groß, gepflegt und erstreckt sich über einen terrassierten Hang (somit viele Plätze mit Meerblick).

 

Van steht auf einem Campingplatz erhöht über dem Meer
Gute Wahl: Camping Anthony Boy

 

Das Meer davor gehört den Surfern – kein Wunder, nachmittags kommt hier richtig Wind auf, dann zieht es wie Hechtsuppe. Auf unserem Campingplatz tummeln sich vor allem süddeutsche und österreichische Surfer und Kiter zwischen 50 und 70 Jahren. Besonders stimmungsvoll ist es, ihnen am Abend zuzusehen, wenn die Sonne langsam Tschüß sagt und sich nach und nach hinter der Nachbarinsel Korčula verabschiedet.

 

Surfer im Abendlicht im Meer
Surfer-Hotspot Pelješac

 

Überhaupt sind die Ausblicke von den hiesigen Stränden auf das gegenüberliegende Inselhauptstädtchen Korčula superb. Und fast überwältigend, wenn es auch noch von einem mächtigen Regenbogen in Szene gesetzt wird:

 

Regenbogen über einer Stadt auf einer Insel
Korčula mit Regenbogen

 

Der Berg ruft: Wanderung auf den Gipfel des Svetí Ilija

Das Thermometer zeigt die perfekte Wandertemperatur an. Wir zurren die Bergstiefel fest. Acht Stunden später werden wir „Aua!“ stöhnend auf unseren Campingplatz zurücktrippeln. 26.000 Schritte wird uns der 961 Meter hohe Svetí Ilija abverlangen. 4,5 Stunden hoch, 3,5 Stunden runter. Da darf man auch mal im Arsch sein. Und stolz auf sich dazu.

Infos und Warnung: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich dem Gipfel zu nähern. Grobe Wanderkarten bekommt man in der Touristeninformation von Orebić. Unsere Tour startete am Campingplatz Anthony Boy in Viganj (siehe oben) und führte über die St.-Laurentius-Kapelle (Crkva sv. Lovro) und die Alte Jagdhütte (Stara Lovačka Kučica) zum Gipfel und auf dem gleichen Weg zurück. Man kann aber auch am Franziskanerkloster über Orebić parken und dort starten – um einiges kürzer. Nehmt für alle Fälle ausreichend Wasser mit, unterwegs gibt es keine Quellen! Passt zudem auf, wohin Ihr Euch setzt und wohin Ihr tretet: In den Bergen von Pelješac ist die Hornviper zu Hause, deren Biss für Menschen tödlich enden kann.

Die Wandertour mit Penthouseblick über die schön-schroffe Halbinsel ist ein Spektakel. Die Knie knacken, die Lungen beben, es geht teils wirklich steil bergauf. Der Lohn der Mühe: immer gigantischere Aussichten, zunächst auf die Nachbarinsel Korčula, später über immer mehr Inseln Mittel- und Süddalmatiens hinweg.

 

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Zwischendurch passiert man ein Kapellchen im Wald und die geheimnisvollen Ruinen einer einsam stehenden Kapitänsvilla:

 

 

Später wandern wir durch schattige Steineichen- und Kiefernwälder. Auf dem Pfad Hinterlassenschaften der hier lebenden Wildpferde. Auch Wildschweine und Schakale sind in den Wäldern zu Hause.

 

Frau wandert einen steilen Kalksteinhang hinauf
Fast da

 

Irgendwann, endlich, der Gipfel! Den Aussichtsbalkon am schlichten Holzkreuz haben wir ganz für uns alleine. Trotz Kaiserwetters. Wir drehen uns um die eigene Achse und sehen nur noch Blau. Was für ein Fern-Seh-Wahnsinn! Bei ganz klarer Sicht kann man sogar bis an die Küste Italiens, bis zum Gargano blicken. Diese Sicht bleibt uns heute versagt. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.

 

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Donij Nakovanj: Das verlassene Dorf

Neuer Tag, neues Programm. Hinter Viganj schlängelt sich die Straße vom Meer weg die Berge hinauf. Auf dem Höhenrücken der Halbinsel wollen wir die melancholischen Ruinen von Donij Nakovanj besuchen. Das Dorf wurde im Zweiten Weltkrieg von italienischen Faschisten niedergebrannt. Danach wurde es nach und nach verlassen und verfiel. Heute wird hier und da etwas renoviert. Aus den Ruinen sollen Ferienwohnungen werden.

 

Ruinendorf mit Kopfsteinpflaster und Natursteinkaten
Melancholischer Ruinenort: Donij Nakovanj

 

Leere Gassen führen vorbei an den dachlosen Skeletten der Natursteinhäuser. Kaum ein Fenster hat mehr Glas, die einst grün gestrichenen Holztüren sind zerfressen und von der Sonne verdörrt. Grashüpfer springen umher, Hummeln brummeln in der Stille. Da ein alter Mühlstein, dort ein Steinofen.

 

 

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Die Westspitze: Lovište

Durchs offene Autofenster weht der Duft von Pinien. Wir sind auf dem Weg nach Lovište, dem abgelegensten Teil von Pelješac. Noch in den 1980er-Jahren war das Fischerdorf Lovište nur auf dem Seeweg zu erreichen. Bis heute kommt es sehr gemütlich daher. In der Bucht dümpeln Yachten, in den Obstgärten dahinter gedeihen Wein und Feigen, die auch den hiesigen Schakalen munden.

 

Steg einer Marina mit Palmen
Lovište: Ruhiger Ort mit hübscher Marina

 

Tipps für Camper: In der Bucht gab es bei unserem Besuch im September 2023 zwei empfehlenswerte Campingplätze, den → Camping Lupis und den → Camping Denka. Ein dritter war im Entstehen.

Touristen kommen gerne in den kleinen Badeort mit seinen hübschen Kiesstränden. Und nicht zu knapp, selbst in der Nebensaison. Erster Campingplatz: ausgebucht. Zweiter Campingplatz: hat nur noch einen Katzenplatz. Egal, wir nehmen ihn, für eine Nacht ist er okay.

Am Abend spazieren wir ins kleine Zentrum, kaufen Olivenöl und Salzfisch. Und bekommen danach noch einen Sonnenuntergang der Extraklasse vor den Latz geknallt. Für ein paar Minuten ist uns, als trügen wir Brillen mit orangefarbenen Filtern:

 

Orangefarbener Sonnenuntergang am Meer

 

Im Zeichen des Weins: Über Potomje nach Dingač

Lovište ist das Ende der Welt, zumindest das Ende der Welt von Pelješac. Gen Westen kann man nicht mehr weiter. Wir müssen also wieder zurück gen Osten, um unseren Roadtrip fortzusetzen. Dazu kurven wir über die halbe Halbinsel. Eine kleine Weinkellerei folgt auf die andere. Irgendwann landen wir in Potomje, einem morbid-charmanten Winzerdorf im Inselinneren.

In der Mittagsstille erkunden wir das schachbrettförmig angelegte Dorf. Die Luft duftet nach Eintöpfen mit viel Knoblauch. Aus Kellern und Garagen riecht es nach gärendem Wein – es ist Erntesaison. Ein alter Mann grüßt aus einer dunklen Ecke. Hinter einer hohen Mauer kläfft ein Hund.

 

Frau steht in einer Gasse eines Natursteindorfs
Spaziergang durch Potomje

 

Südlich von Potomje führt ein schwach beleuchteter Felstunnel zu einer der spektakulärsten Weinlagen der Welt: zu denen von Dingač. Bis zur Einweihung des Tunnels im Jahr 1975 kam man nur zu Fuß oder auf Eselsrücken über den Bergzug nach Dingač. Dieser Küstenberg scheint direkt ins Meer zu fallen. Hier Wein anzubauen, fühlt sich nahezu tollkühn an.

 

 

Der Dingač-Wein ist der so genannte Grand Cru der Weine aus der autochthonen Plavac-Mali-Rebe. Sprich: Die Trauben gedeihen in den Bestlagen an Südhängen. 30 bis 70 Prozent Bodenneigung haben die Weinberge hier. Unter großer Anstrengung wird der Wein eingebracht, zum Teil auch mit Steigeisen. Angeblich braucht man für die Ernte drei Mal so lang wie auf herkömmlichen Weinbergen.

Was herauskommt, ist dunkelrot, überaus voluminös und schwer (13 bis 14,5 Prozent). Unter 15 Euro ist ein Fläschchen Dingač leider kaum zu bekommen. Drei bis vier Jahre wird der Wein mindestens gelagert. Der Dingač ist kein Tröpfchen für einen heißen kroatischen Sommerabend, eher einer für den Berliner Winter. Einen Dingač bekommt Ihr übrigens nicht nur in Dingač, sondern in den meisten Weinläden auf Pelješac. Sollte auf Eure Souvenirliste!

Doch zurück zum Tunnel. Hat man ihn passiert, steht man vor der Wahl, rechts oder links abzubiegen. In beide Richtungen geht es an Weinbergen vorbei hinab nach Dingač, nach rechts in den Ortsteil Potočine, nach links ins „Hauptdorf“.

Es geht nicht etwa steil hinab. Eher steilsteil. Die schmale Serpentinenstraße, auf der keine zwei Pkws nebeneinander Platz haben, lässt uns derart schwitzen, dass wir selbst das Fotografieren vergessen. Teilweise haben wir das Gefühl, auf einer Rampe direkt ins Meer zu fahren.

Irgendwann landen wir in der tiefenentspannten Siedlung Dingač. Sie liefert zum erstklassigen Wein alle weiteren Zutaten für einen gelungenen Nixtu-außer-Bücher-lesen-Urlaub: Ferienapartments mit Panoramaterrassen, kleine Kiesstrände vor einem türkisfarbenen Meer und zwei Restaurants. Das Mikroklima unter der steilen Wand lässt grünen und blühen, was auch immer man sät. Hier würden wir uns gerne mal für ein paar Wochen einigeln.

 

Kiesstrand mit türkisfarbenem Wasser davor
Am Strand von Dingač

 

Die Taille von Pelješac: Trstenik und Žuljana

Die halbkreisförmige Bucht von Trstenik ist zwar recht apart, irgendeine Art von authentischem Charme hat sie aber nicht. Im früheren Fährhafen zur Insel Mljet legen heute vornehmlich kleine Kreuzfahrtyachten an. Die hiesigen Restaurants haben sich auf dieses Publikum eingestellt.

 

Restaurant in einer Meeresbucht
Trstenik

 

Auf einem herrlichen Küstensträßchen fahren wir weiter nach Žuljana, einem sympathischen Badeort, den Olivenhaine umringen – den Liter Olivenöl (sehr gut) bekommt man vor Ort für etwa zwölf Euro.

Um Žuljana gibt es einige Badebuchten, die teilweise nur zu Fuß erreichbar sind. Mit dem Auto lässt sich die Bucht Vućine ansteuern. Bilderbuch! Heller baumbestandener Kiesstrand, ein Wasser in Südseefarben davor und darin meist noch eine schaukelnde Yacht. Über der Bucht thront ein Kapellchen, wie geschaffen für das Feierabendbier, während die Sonne im Meer versinkt.

 

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Mann sitzt auf Terrasse über schöner Küstenlandschaft
Traumbucht Vućine

 

Hinweise für Camper: In Žuljana selbst gibt es zwei familiengeführte Minicamps über dem Ortszentrum. Über der Vućine-Bucht liegt der → Camping Vućine. Bei unserem letzten Besuch Ende September 2023 war er fürchterlichst überlaufen (viele Jugendgruppen). Der Andrang war auch den Sanitäranlagen anzusehen. Fazit: grausam!

Auf dem Weg von Žuljana zur Nordküste machen wir einen kurzen Stopp in Janjina. Der Grund: Uns ist mal wieder der Wein ausgegangen. Da der nächste Winzer auf Pelješac ja nie weit ist, stoßen wir sogleich auf einen, der auch eine gute Taverne dabei hat: Domanoeta. Der Inhaber keltert einen herausragend guten Orange Wine. Perfekt. Wir bereuen, nicht mehr gekauft zu haben.

Janjina ist geprägt von Abwanderung, wie wir bei unserem Rundgang durch den Ort, der zur Kirche hin aufsteigt, feststellen. Es gibt viele verlassene Häuser, eine Galerie und hie und da ein bisschen Kunst an verfallenden Gebäuden.

Die Orte der Nordostküste von Pelješac blicken zum Festland und sind wenig spannend. Osobjava hat einen kleinen künstlichen Sandstrand, vor dem ein paar Boote schaukeln. Streser, früher Fischerdorf, heute Feriendorf, haut uns noch weniger um: künstliche Kiesstrände, dazu eine sterile Mole.

Die zerlappte Buchtenlandschaft bei Brijesta hat durch den Bau der neuen Pelješac-Brücke und deren Zufahrtsstraßen arg an Charme verloren. Dafür kann man sich hier mit Schalentieren und frischem Fisch eindecken. Wir holen uns Austern. Die Arbeit in den Austernfarmen wird übrigens vornehmlich von Filipinos verrichtet:

 

Arbeiter in einer Austernfarm
Besuch in der Austernfarm

 

Völlerei in Ston

An ihrem südöstlichen Ende „zerfällt“ die Halbinsel Pelješac in zwei Finger, der nördliche davon lehnt sich ans Festland. Auf diesem liegt Ston. Ston wiederum teilt sich auf in das Wehrdorf Mali Ston („Kleines Ston“) und das Städtchen Veliki Ston („Großes Ston“). Zwischen beiden Orten thront ein Berg, über den sich eine kilometerlange mittelalterliche Verteidigungsmauer zieht. Sie wurde errichtet, um den Zugang zur Halbinsel zu kontrollieren. Die Mauer, die gerne als die längste Festungsmauer Europas bezeichnet wird, ist begehbar – ein Mauerspaziergang belohnt mit herrlichen Ausblicken.

Vor Veliki Ston wird Salz aus Salinen gefördert. Dahinter erstreckt sich ein bezauberndes, teilweise auch etwas lepröses Ensemble aus blumenüberrankten Natursteinhäusern und uralten Kirchen. Auch ein Franziskanerkloster ist zu finden. So still ist es in Veliki Ston, dass man teils nur das Flattern der Tauben in den Gassen hört.

 

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In Ston solltet Ihr das tun, was hier jeder tut und wir natürlich auch: Austern essen! Doch nicht nur das. Unser feudales Mittagessen in Ston besteht außerdem aus Oktopussalat, Muscheln in Weißweinsud und Dorade mit Mangold und Butterkartoffeln.

 

 

Campen und Baden: Der nächstgelegene → Campingplatz liegt ca. 3 km südlich von Veliki Ston hinter einer schönen türkisfarbenen Bucht samt Strand und Strandbar. Weitläufig, viel Schatten unter Olivenbäumen, Föhren und Zypressen. In der Nebensaison enorm relaxt. Die hoch darüber gelegene neue Schnellstraße stört zum Glück nicht.

 

Türkisfarbene Bucht mit Sandstrand
Prapratno: Campingplatz und Strand in Traumbucht

 

Der Arsch von Pelješac: Broce und Kobaš

Das Sträßlein, das die Lagune von Ston auf einem Damm überquert, hat Charakter. Rechts Wasser, links Wasser und in der Mitte unser Busle. Wir sind zum Abschluss unseres Pelješac-Roadtrips auf dem Weg zu zwei abgelegenen Dörfern ganz im Osten von Pelješac.

 

Straße wie ein Damm über dem Meer
Roadtrip Pelješac: Unterwegs zu den Dörfern ganz im Osten der Halbinsel

 

Zunächst steuern wir Broce an, ein an sich gemütliches, typisches Pelješac-Dorf. Durch den Bau einer Autobrücke, über die der Verkehr zur großen Pelješac-Brücke rollt, hat es jedoch seine Idylle verloren. Wir sehen nur ein Restaurant, die obligatorischen Kapelle und Ruinen, die langsam zu Ferienhäusern werden. Ein Gebäude ist übersät mit Einschusslöchern, die aus den Balkankriegen der 1990er-Jahre stammen.

Das verwinkelte Hafendorf Kobaš noch weiter südöstlich liegt an einer hufeisenförmigen Bucht. Wer es erkunden möchte, parkt am Ortseingang. Für Autos sind die wenigen handtuchbreiten Gassen nicht gemacht. Oder man kommt mit dem Boot. Ohnehin scheinen mehr Leute mit dem Boot anzureisen als mit dem Auto. In den gemütlichen Restaurants am Wasser klönen die Segler, während nebenan Zikaden von Granatapfelbäumen sägen.

Auf dem Rückweg zum Auto versperrt uns ein dicker Labrador den Weg. Er zuckt nicht mal mit der Wimper, als wir über ihn hinwegsteigen. So fühlt sich Frieden an.

 

Steg in einer idyllischen Hafenbucht
Kobaš

 

 

2 Kommentare

  1. Ich war ein einziges Mal in Kroatien: 1996 – da war ich 12 Jahre alt. Danach gings dann mit den Eltern wieder im deutschsprachigen Raum in Urlaub. Irgendwie waren sie keine Auslandsurlauber.
    Und ich bin seither nie wieder nach Kroatien gekommen. 1996 war bevor Kroatien so populär wurde… und seither höre ich immer wieder, wie teuer und touristisch es geworden sei. Manchmal denke ich mir dann: Schade, dass habe ich verpasst, bevor es so überrannt war…
    Und dann lese ich von heulenden Schakalen. Damit könnte ich mich anfreunden… <3

    Ich hoffe ja, hier in Italien, endlich mal einen Wolf heulen zu hören. Zu Gesicht bekommen immerhin haben wir schon mal einen beim Wandern. Aber ihn nachts mal in der Ferne heulen hören… das wäre was. Klingt das bei Schakalen ähnlich?

    • Liebe Ilona, herrlicher Kommentar :-). Wie ein Schakal heult, haben wir dir eben noch über FB mitgeteilt, also schon anders als ein Wolf, spooky, aber gleichzeitlich wunderschön. Kroatien ist ein wirklich schwieriges Reiseland geworden, vor allem an den Plitvicer Seen und an der Küste. Teuer und unauthentisch. Man macht Urlaub unter Urlaubern, die Kroaten sind nicht wirklich da. Gleichzeitig, und das muss man halt auch sagen, ist die Küste ein Traum, und die historischen venezianischen Küstenstädte sind schlicht unglaublich. Die würdest du lieben. Aber Italien hast du ja zu Hause. Lg nach Florenz von Michael und Gabi

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