Die spektakulärsten Sonnenuntergänge. Das geilste Essen unserer Spanienreise. Strände bis zum Horizont. Die meisten Flamingos ever ever. Wenn wir an unsere Tage im Delta de l’Ebre denken, fallen uns nur Superlative ein. Die höchste Moskitodichte gehört leider auch dazu.
Das 320 Quadratmeter große Ebro-Delta ist ein Landschaftsspektakel, bietet ungewöhnlichste Szenerien. Bilder, wie man sie in Europa selten findet. Es ist flach wie eine Pizza und pitschepatschenass. Wasser gibt es hier nicht nur im Meer und in Lagunen, sondern auch in Sümpfen, Kanälen und in von Schilf umgebenen Seen. Und natürlich in den überfluteten Reisfeldern. Fast der gesamte katalanische Reis wird an der Ebromündung geerntet, getrocknet und gereinigt.
Hier ein paar Einblicke und Tipps fürs Ebro-Delta. Wir waren übrigens Anfang November da. Fürs Beachen und Baden war es da schon eindeutig zu kalt.
Inhaltsverzeichnis
Das Ebro-Delta: Ein paar Infos vorab
Flamingos in La Tancada: Bei den Maskottchen des Deltas
Barra del Trabucador: Sand, soweit das Auge reicht
Wo sich Fluss und Meer küssen: Die Ebro-Mündung
Noch mehr Dünenzauber: Die Strände auf der Nordseite
Der Geschmack einer Region: Ein Nachmittag in der Arrosseria
Das Ebro-Delta: Ein paar Infos vorab
- Lage: Das Delta erstreckt sich in Katalonien rund 150 Kilometer südwestlich von Barcelona.
- Name: Der Riu Ebre wurde von den Römern Iberus genannt und ist Namensgeber der gesamten Halbinsel.
- Wie erkunden? Am gemütlichsten erkundet man das Delta mit dem Rad. Die verkehrsarmen, flachen Sträßchen und Wege bieten sich dazu nur so an. Wer allerdings kein Rad dabei hat, findet im Herbst auch keinen Radverleiher mehr. So zumindest erging es uns. Im Sommer ist das anders, da werden vielerorts Räder verliehen. Die Gegend zu durchwandern, stellen wir uns etwas langweilig vor, dafür ändert sich das Landschaftsbild zu selten. Es gibt aber Wanderwege, durch das Delta führt unter anderem der → Sendero del Río Ebro, zugleich der GR 99. Wir selbst cruisten gemütlich mit dem Auto durch die Gegend.
- Die Orte: Im Delta de l’Ebre geht’s um Landschaft, nicht um Städte. Die Orte im Delta fanden wir insgesamt wenig aufregend. Da macht auch der am Ebro gelegene Hauptort Deltebre keine Ausnahme. Die meisten Delta-Besucher übernachten in Sant Carles de la Ràpita, einem im spanischen Vergleich recht schüchtern daher kommenden Urlaubsörtchen.
- Camping: Es gibt mehrere Campingplätze rund ums Delta. Recht komfortabel ist der → Camping Eucaliptus hinter dem gleichnamigen Strand, der allerdings nur von April bis Ende September geöffnet hat. Ganzjährig kann man auf dem einfachen Platz → La Tancada unterkommen, der einem sensationell guten Landgasthof angeschlossen ist. Allein für ein Essen hier lohnt die Anreise (siehe unten)!
- Die Sache mit den Moskitos: Mückenspray nicht vergessen! Der Tanz der Vampire findet insbesondere zum Sonnenuntergang statt. Mit den üblichen Schutzmaßnahmen ging es bei uns in den recht kühlen Anfangnovembertagen gut aus. Wie die Moskitos in den wärmeren Monaten so drauf sind, möchten wir uns nicht ausmalen.
- Information: Viele Infos liefert die Seite www.monnaturadelta.com.
Flamingos in La Tancada: Bei den Maskottchen des Deltas
Natürlich wollen wir dahin, wo alle hinwollen: zu den Flamingos. Die bestens gekleideten Sirs unter den Vögeln des Deltas wohnen in La Tancada, einer geschützten Lagune ganz im Süden.
Mehrere Tausend Flamingos kann man im Delta antreffen. Manche davon sind ganzjährig da, die meisten kommen im Winter. Als wir im schönsten Abendlicht in La Tancada antanzen, sind es Hunderte von Vögeln, die im seichten Wasser umherstelzen und einen Mordsflamingolärm veranstalten. Ein pastellfarbenes Flamingofestival der Extraklasse! Der schöne Vogelsound wiegt uns später auch in den Schlaf. Eine Mischung aus Gackern und Trompeten.
Beobachten lassen sich die Flamingos aus Naturschutzgründen übrigens nur aus der Ferne, am besten von Beobachtungshütten. Die sind einfach zu finden, nur immer den Birdern mit den Megaobjektiven hinterher.
Doch von Flamingos nicht genug. Im Delta flötet, krächzt und keckert es aus zahlreichen Schnäbeln. An die 250 Vogelarten leben ständig hier, weitere 50 zeitweise. Für Laien sind Adler, Falken und Bussarde noch am leichtesten zu unterscheiden. Dazu gibt es Reiher in allen Farben, Haubentaucher, Stelzenläufer, Säbelschnabler – eine ewige Liste könnte man hier aufführen. Wenn man bedenkt, dass viele Spezies 50.000 bis 100.000 Exemplare zählen, kann man sich das Geflatter und Gepiepe vorstellen.
Barra del Trabucador: Sand, soweit das Auge reicht
Südlich von La Tancada liegt die Barra del Trabucador, eine sechs Kilometer lange Landenge. Mal misst die Landenge 100 Meter in der Breite, mal nur 10 Meter. Sie verbindet das Ebro-Delta mit der Halbinsel La Banya. Die Halbinsel selbst ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die Sandpiste über die Barra del Trabucador zur Halbinsel aber ist für abenteuerlustige Allradfahrer befahrbar. Doch Vorsicht: Manchmal wird die Landenge derart überspült, dass ein Fortkommen oder Zurückkommen nicht mehr möglich ist.
Wir entscheiden uns fürs Strandwandern. Auch schön. Funkelnde Salzwasserwellen kommen und gehen. Auf der Barra des Trabucador kann man durchatmen und den Gedanken freien Lauf lassen.
Später, als sich die Sonne in den Feierabend verabschiedet, schauen wir noch den Kitesurfern zu. Dann geht’s zurück zum Campingplatz. Nachts nämlich darf sich aus Naturschutzgründen niemand auf der Barra aufhalten. Da die Kontrollen lax sind, setzen sich Freisteher immer wieder über diese Regel hinweg. Vollpfosten!
Die Reisfelder
Die Landschaft im Delta ist so ereignisarm wie spektakulär. Das liegt vor allem an der ziemlich exotisch daher kommenden Reisfeldszenerie. Als wir im Frühwinter auf den schnurgeraden Straßen umhergurken, sind die Felder leider schon abgeernet. Welches Bild mögen sie im Sommer abgeben, wenn sich die Reisfelder in Atomic Green präsentieren?
Überall in der überfluteten Felderlandschaft und zwischen den Salzsümpfen des Deltas stehen einsame Häuschen und von Palmen eingerahmte Gehöfte. Zu ihnen führen stegartige, von Bäumen beschattete Sträßchen. Was für ein Anblick! So idyllisch das Ganze aber auch wirkt: Leben möchten wir hier nicht. Ein Bett im Reisfeld ist ein Bett in der Moskitohölle.
Wo sich Fluss und Meer küssen: Die Ebro-Mündung
Die wunderschöne Ebro-Mündung könnt Ihr unter anderem mit dem Boot erkunden. Bei der Urbanitzacio Riumar, einer Feriensiedlung nahe der Mündung, starten Ausflugsschiffe. Auch könnt Ihr Euch dort Boote mieten und selbst herumtuckern. Mehr Infos dazu hier.
Wir entscheiden uns erneut für einen Spaziergang. Fahren bis zum letztmöglichen Parkplatz und stiefeln dann hinein in die nächste sensationelle Ecke dieses schön-nassen Landschaftswunders.
Pfade und Wege führen durch das Naturschutzgebiet. Meterhohes Gras wiegt sich sanft im Wind. Im weichen Abendlicht ziehen Boote und Yachten an uns vorüber. Angler sind da, in der Hoffnung auf Aale, Doraden und Meeräschen, die sich hier tummeln.
Noch mehr Dünenzauber: Die Strände auf der Nordseite
Dünen türmen sich auf. Der Wind pustet Wellen ins Wasser. Auch der Nordseite des Deltas hat die Natur die wunderbarsten Strände spendiert. Dieser hier beispielsweise breitet sich vor der etwas monotonen Feriensiedlung Riumar aus. Im Sommer ist hier ordentlich was los.
Weiter nordwestlich erstreckt sich die die Platja de la Marquesa, an die wiederum die Halbinsel Punta del Fangar anschließt. Die 410 Hektar große Halbinsel wird auch als Wüste bezeichnet. Es sind 410 Hektar voller Dünen. Dünen, die wandern. Und Dünen, die nicht wandern.
Der Geschmack einer Region: Ein Nachmittag in der Arroseria
Ein katalanisches Gedicht in drei Versen geht so:
Reis aus dem Ebro-Delta | Meeresfrüchte aus dem Ebro-Delta | Und dazu ein kühles Bier
Im Ernst, Leute: Wer das Delta besucht und nicht mindestens einmal eines der sagenhaft guten Reisgerichte probiert, macht einen schweren Fehler. Wir hätten da sogar den ultimativen Geheimtipp: das → Restaurant La Tancada nahe der gleichnamigen Lagune. Dem Restaurant ist praktischerweise auch ein Campingplatz angeschlossen (siehe oben).
In dem einfachen, aber stets gestopft vollen Landgasthof essen wir eine Pfanne mit schwarzem Sepia-Reis und diversem Meeresgetier aus dem Delta. Besser kann es ein solches Gericht auf der Welt kein zweites Mal geben!
Achtung Öffnungszeiten: Das Restaurant La Tancada hat nur zum Mittagessen, also etwa zwischen 13 und 17 Uhr geöffnet. Zusätzlich ist es in den Wintermonaten montags und dienstags geschlossen.
Tipp für Selbstversorger: Alle Zutaten für die leckeren Regionalgerichte, vom Krustentier bis zum Reis, findet Ihr im nettem Ambiente der Markthalle von Amposta am westlichen Rand des Deltas. Mehr Informationen zum Mercado Municipal hier.
Letzte Abendrot-Show im Delta
Nicht nur die Reisgerichte des Deltas sind bleibende Erinnerungen, die wir aus dem Delta mit nach Hause nehmen. Auch die Wahnsinnssonnenuntergänge gehören dazu. Kein Abend vergeht, an dem wir nicht vom Wandel der Farben am Horizont geflasht sind. Als wollte sich der Tag mit einer Verbeugung verabschieden. Damit nicht genug: Nach dem Sonnenuntergang folgt eine Nacht mit einem Zirkuszelt voller Sterne samt Milchstraße.
Das Schauspiel enttäuscht uns auch an unserem letzten Abend nicht: Von Minute zu Minute wird die Stimmung magischer. Der Himmel, die Kanäle, die Seen und Felder präsentieren sich in den kitschigsten Sunset-Farben. Wolken in Weiß und Rot spiegeln sich im Wasser. Manchmal ziehen auch Wolken aus Vögeln über uns hinweg. Andere Federtiere stimmen derweil ihr Abendkonzert an.
Selbst eingefleischte Romantikverächter lassen diese Sonnenuntergänge nicht kalt. Wir inhalieren den Augenblick und lassen unsere Bierdosen zischen.
Mehr Ebro-Delta zum Weiterlesen
- Julia vom Blog Mein Weltbuch hat das Ebro-Delta aus einer ganz anderen Perspektive beschrieben: Das Ebro-Delta – Naturspektakel an der spanischen Mittelmeerküste
- Sina vom Blog On Tour with Dogs hat dem Delta einen umfangreichen Artikel mit Campingtipps gewidmet: Ebro-Delta: Reis, Vögel & einsame Strände
Literaturtipp
Ein mehrseitiges Kapitel zum Ebro-Delta findet Ihr im Reiseführer → Katalonien unseres Kollegen Thomas Schröder. Erschienen ist es im Michael Müller Verlag.
Mehr Spanien bei uns im Blog
- El Rocío: Wo sich Andalusien wie Mexiko anfühlt
- Pintxos-Party in San Sebastián: Kulinarischer Streifzug durch den Stadtteil Gros
- Kurvenstar La Gomera: Wo der Winter Frühling spielt
- Roadtrip Costa da Morte: Mit dem Camper an der Küste des Todes
- Spiel mir das Lied vom Tod: Drehort Western Leone
Liebe Gabriele, lieber Michael,
was für ein schöner Artikel über eine Gegend, die ich überhaupt nicht kannte, obwohl ich viele Male in Barcelona und auch in Valencia gewesen bin. Dass es dazwischen den namensgebenden Fluss der iberischen Halbinsel zu bewundern gibt, war mir überhaupt nicht klar. Und da ich selbst auch gerne Vögel beobachte, keineswegs professionell, aber doch mit Begeisterung, finde ich Euren Besuch im Ebro-Delta unbedingt nachahmenswert. Spanien ist für uns ohnehin das Land, welches sich am schnellsten erreichen lässt und es hat tatsächlich auch sehr viel zu bieten. Eine Radtour durch das Delta klingt tatsächlich sehr verlockend. Einzig die Moskitos machen mir etwas Sorgen. Vielleicht lohnt es sich, das Delta am Nachmittag wieder zu verlassen?
Herzliche Grüße,
Jens
Lieber Jens, herzlichen Dank für dein schönes Feedback. Macht Euch keine Sorgen wegen den Moskitos, mit entsprechender Kleidung und ordentlichem Mückenschutz hält man das schon mal aus. Schade wäre, am Nachmittag wieder abzureisen. Dann nämlich versäumt Ihr die unglaublichen Sonnenuntergänge im Delta. Herzliche Grüße zurück, Gabi und Michael