Da stehen wir, den Kopf im Nacken, die Münder offen, und blicken hinauf zum Gewölbe der Nepomukkapelle bei Žďár nad Sázavou. Wie schön ist das denn bitte? In der Mitte die symbolisierte Zunge (!) des Heiligen Nepomuk. Drum herum ein großer Stern, einem Strahlenkranz gleich, und fünf kleine Sterne, schließlich geht es ja hier um einen Fünf-Sterne-Heiligen. Die Bauten des böhmischen Barockarchitekten Giovanni Santini stecken voller Symbolik. Sterne schien er zu lieben, er verwendete sie inflationär. Ein Stararchitekt im wahrsten Sinne des Wortes.
Giovanni Santini war Anfang des 18. Jahrhunderts ein gefragter Baumeister, wenn es darum ging, die baufällig gewordenen gotischen Klöster und Kirchen der verschiedenen Orden, insbesondere der Zisterzienser, barock umzugestalten. Er schuf dabei einen neuen Stil: die Barockgotik, die es so ausschließlich in Böhmen und Mähren gibt. An der eigensinnigen Synthese aus Barock und Gotik hielt Giovanni Santini später auch bei seinen Neubauten fest.
Santini-Bauten in Tschechien: Inhaltsverzeichnis
Giovanni Santini: Stararchitekt des Barock
UNESCO-Welterbe zum Ersten: Die Nepomukkapelle auf dem Grünen Berg
Die Konventskirche und ein leerer Friedhof: Weitere Santini-Bauten rund um den Grünen Berg
Kneipe und Kirchen: Santini-Werke in der Umgebung von Žďár nad Sázavou
UNESCO-Welterbe zum Zweiten: Die Sakralbauten von Sedlec bei Kutná Hora
Kleiner Ort mit großem Kloster: Želiv
Barockkitsch pur: Die Wallfahrtskirche in Křtiny
Die Paradiesburg: Benediktinerabtei Rajhrad
Die Kinský-Residenz: Schloss Karlskron in Chlumec nad Cidlinou
Ein Konvent wie eine Burg: Kloster Kladruby
War er’s oder war er’s nicht: Schloss Rychnov nad Kněžnou
Giovanni Santini : Stararchitekt des Barock
In der deutschböhmischen Literatur taucht Santini vorwiegend als Johann Blasius Santini-Aichel auf. Die Tschechen nennen ihn Jan Blažej Santini-Aichel. Wir nennen den Böhmen mit Migrationshintergrund schlicht Giovanni Santini. Viele andere auch.
Über Santinis Leben ist relativ wenig bekannt. Geboren wurde er 1677 in Prag als Enkel eines aus Lugano eingewanderten Steinmetzes. Ein körperliches Leiden war vermutlich der Grund, warum er den väterlichen Steinmetzbetrieb auf der Prager Kleinseite verließ und sich statt der Bildhauerei der Malerei (Ausbildung bei Christian Schröder, dessen Tochter er später heiratete) und dann der Architektur zuwandte.
Studienreisen führten ihn unter anderem nach Österreich. Die großen Barockarchitekten Johann Lucas von Hildebrand und Johann Bernhard Fischer von Erlach gehörten zu seinen Lehrmeistern. In Italien war er schwer beeindruckt von den Kirchen und Palästen Francesco Borrominis, dessen Formensprache er aufgriff. Bis zum Ende seines kurzen Lebens – Santini starb mit 46 Jahren – verwirklichte der Baumeister fast 100 Projekte, sakrale genauso wie profane. Seine zeitlos-eleganten Gewölbe, die lichtdurchfluteten Kirchen, die wilden Netzrippengewölbe und wunderschönen Treppenhäuser faszinieren bis heute. Als hätte Santini, so könnte man manchmal glauben, den Kubismus vorweggenommen.
UNESCO-Welterbe zum Ersten: Die Nepomukkapelle auf dem Grünen Berg
Žďár nad Sázavou (Saar) liegt auf der Böhmisch-Mährischen Höhe, einer kühlen Hochfläche, die Böhmen von Mähren trennt. Auf dem so genannten Grünen Berg am Ortsrand von Žďár nad Sázavou steht die Nepomukkapelle. Ganz großes Santini-Kino und nicht umsonst UNESCO-Welterbe. Erbaut wurde die Wallfahrts- und Friedhofskapelle für das benachbarte Zisterzienserkloster zwischen 1719 und 1722.
Infos über Eintritt und Öffnungszeiten gibt es hier.
Die architektonische Symbolik der Kapelle ist am besten aus der Vogelperspektive zu erkennen. Da Red Bull aber keine Flügel verleiht und wir keine Drohne besitzen, müssen wir das kurz erzählen: Aus der Luft betrachtet hat die Kapelle den Grundriss eines fünfzackigen Sterns, aus dem wiederum fünf kleinere Kapellen hervortreten. Umfasst wird die Kapelle von einem Kreuzgang in Form eines zehnzackigen Sterns, mit fünf Kapellen und fünf Eingängen.
Immer wieder wird das Motiv der fünf Sterne am Strahlenkranz des Heiligen Nepomuk, dem hier ja gehuldigt wird, aufgegriffen. Genauso das der „Zunge“. Die symbolisierte Zunge im Gewölbe haben wir weiter oben schon erwähnt. Sie züngelt förmlich durch die Kapelle, selbst die Fenster sind zungenförmig.
Die Konventskirche und ein leerer Friedhof: Weitere Santini-Bauten rund um den Grünen Berg
Bereits 1706 war Santini mit dem Innenumbau der Konventskirche Mariä Himmelfahrt aus dem 13. Jahrhundert beauftragt worden. Sie befindet sich auf dem Klosterareal zu Füßen der Nepomukkapelle. Auch sie ist ein großartiger Bau. Die Empore, auf welcher die Orgel steht, schwebt förmlich in den Raum. Engel, wohin man nur blickt. Gold und Weiß.
Infos zu den Führungen über das Klosterareal gibt es hier.
Die üppig ausgeschmückte Kirche ist in den Sommermonaten kostenlos zu besichtigen. Ansonsten ist sie Bestandteil der Führung auf den Spuren Santinis, bei der es auch durch das Kloster, in die freskenstrotzende Prälatur, in die Abtswohnung und die barocken Stallungen geht. Absolut empfehlenswert!
Nördlich des Klosters erhielt Santini den Auftrag zum Bau eines weiteren Friedhofs – er sollte kommende Pestopfer aufnehmen. Heute wird er Unterer Friedhof genannt. Der Friedhof, in dessen Mitte ein Engel zum Jüngsten Gericht bläst, besitzt keinen einzigen Grabstein und wirkt alles in allem ziemlich creepy.
Bei unserem letzten Besuch waren die Skulpturen auf dem Areal in zerfetzte Plastikplanen gehüllt, die im Wind flatterten:
Der Untere Friedhof ist nur im Hochsommer täglich von 10–16 Uhr geöffnet.
Kneipe und Kirchen: Santini-Werke in der Umgebung von Žďár nad Sázavou
Santini konnte auch profan. Im Dorf Ostrov nad Oslavou (Ostrau an der Oslawa) zwölf Kilometer südlich des Grünen Bergs entwarf er für den Abt Václav Vejmluva ein Gasthaus. Nicht irgendeins, sondern eines mit dem Grundriss eines doppelten „V“s, den Initialen des Abts. Es diente als Pilgerherberge. Heute fährt man achtlos daran vorbei. Die Kneipe steht leer. Daher gibt’s hier nur ein Bild von außen:
Die Kirche in Obyčtov ist nur zu Gottesdiensten geöffnet. Man kann jedoch durch eine Glastür hineinblicken.
Knapp zwei Kilometer nördlich von Ostrov nad Oslavou liegt das Dorf Obyčtov (Obitschdorf). Santini zeichnete dort für die Kirche Mariä Heimsuchung verantwortlich, die im Schönbrunner Gelb vor sich hinleuchtet. Der Bau wurde allerdings erst nach Santinis Tod in den Jahren 1730–35 realisiert. Der Turm wird von einem Stern statt einem Kreuz gekrönt. Very Santini.
Genial auch hier die Symbolik: Die Form der Kirche soll an eine Schildkröte erinnern, durch ihren schützenden Panzer ein Symbol für die Jungfrau Maria. Die vier Kapellen bilden die Beine, der Zwiebelturm den Kopf. Wer hat genügend Vorstellungsvermögen?
In Zvole (Swolle) 17 km östlich von Obyčtov kann man in ein ähnlich entzückendes Dorfkirchlein blicken (leider auch hier nur durch die Glastür), das 1713–17 nach Plänen Santinis entstand. Das Schiff ist mehr breit als lang, das Innere santinitypisch sehr hell. Nebenan der Dorffriedhof.
Auf dem Weg dahin passiert man Bobrová (Bobrau). Auch hier gibt es eine Santini-Kirche. Von dieser aber haben wir kein Foto. Warum? Weil das kleine Dorf zwei Kirchen hat, was wir nicht erwartet hatten. Wir hielten vor der ersten Kirche, die wir sahen. Vor der falschen Kirche. Und wunderten uns, dass eine architektonisch so belanglose Kirche von Santini stammen sollte.
Doch wie sagte schon Lenny von den Simpsons: „Menschen machen Fehler, sonst gäbe es am Bleistift keinen Radiergummi.“ Merke daher: Die Santini-Kirche ist die Peter-und-Paul-Kirche im Norden des Ortes bzw. im Ortsteil Horní Bobrová. Und die ist toll, wie wir später im Netz sahen.
UNESCO-Welterbe zum Zweiten: Die Sakralbauten von Sedlec bei Kutná Hora
Auch die mittelböhmische Stadt Kutná Hora, das schwerreiche Kuttenberg des Mittelalters und der frühen Neuzeit, steht dank Giovanni Santini auf der → UNESCO-Welterbeliste. Auf Santini geht der Umbau zweier Sakralbauten im Vorort Sedlec zurück.
Fangen wir mit etwas Geisterbahn an: Die ursprünglich gotische Kapelle, die Santini 1703–10 umbaute, gehört wohl zu den bizarrsten Kapellen Europas. Im Inneren der Kapelle lagern Knochen von Abertausenden Menschen, die teils zu völlig makabren Kunstwerken drapiert sind. Da ein Kronleuchter aus Oberschenkelknochen und Rippen, dort Schädelketten und eine Knochenmonstranz. Mit der makabren Ausschmückung der Kapelle hat Santini aber nichts zu tun, sie stammt aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
400 Meter südlich der Knochenkapelle steht die Mariä-Himmelfahrts-Kirche aus der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert. Von außen trägt die turmlose Kirche ein düsteres mittelalterliches Kleid:
Von innen präsentiert sie sich dank Santini als ein strahlender Tanzsaal Gottes. Schaut nur mal diese Gewölbe an:
Giovanni Santini war ein Treppengott, den nur Borromini überflügelte. Die unglaublich ästhetischen (Wendel-)Treppen in vielen seiner Gebäude sind ein typisches Santini-Charakteristikum. Auch in der Mariä-Himmelfahrts-Kirche könnt Ihr auf einer solchen bis nach oben unters Dach steigen und dann hinab ins Kirchenschiff blicken:
Die Kirchen sind gebührenpflichtig. Für beide Kirchen gibt es ein Kombiticket. Über Öffnungszeiten und Preise informiert man hier.
Kleiner Ort mit großem Kloster: Želiv
Wir sind wieder auf der Böhmisch-Mährischen Höhe, nun in der mächtigen Klosterkirche von Želiv (Seelau). Santini wurde 1713 beauftragt, sie umzugestalten. Seitdem hat auch diese Kirche beachtenswerte Wendeltreppen. Sie führen rechts und links des Eingangs hoch zur Orgelgalerie. Santinis heißgeliebte Sternensymbolik darf nicht fehlen:
Unser letzter Besuch der Klosterkirche fiel zufällig auf einen Sonntagvormittag. Da war ein überaus eindrucksvoller Gottesdienst im Gange – ein audiovisuelles Gesamterlebnis, das wir genossen, aber nicht zu fotografieren wagten.
Auffällig ist in Želiv auch die Treppenlösung des angrenzenden Konventsgebäudes. In diesem Part der Anlage sind übrigens ein Hotel und eine Brauereigaststätte untergebracht. Das hausgebraute Bier schmeckt himmlisch!
Infos zu Besichtigungszeiten und über das Klosterhotel erhaltet Ihr hier.
Barockkitsch pur: Die Wallfahrtskirche in Křtiny
Eine pompöse Wallfahrtskirche dominiert das Dorf Křtiny (Kiritein) in Südmähren: 65 Meter lang, 35 Meter hoch und breit. Eine kleine Muttergottesstatue aus dem 14. Jahrhundert wird darin verehrt.
Die Kirche ist ein Santini-Neubau. Santini lieferte die Pläne, begleitete die jahrzehntelangen Bauarbeiten aber lediglich im Anfangsstadium. Erst 1750, 27 Jahre nach seinem Tod, wurde die Kirche fertig gestellt.
Die Kirche ist tagsüber in der Regel zugänglich.
Mehr als 30 Fenster verleihen der Kirche eine enorme Leichtigkeit. Die Kuppel ist bis ins Detail ausgemalt, an den Seitenwänden illusionistische korinthische Säulen, herrlich kitschig, überschwänglichster Barock. Auch der tempelartige freistehende Hauptalter wirkt wie aus der Antike entlehnt. Ein Tempel im Tempel.
Im halbrunden Kreuzgang haben sich Pilger verewigt:
Die Paradiesburg: Benediktinerabtei Rajhrad
Die lichte Klosterkirche der südmährischen Benediktinerabtei Rajhrad („Paradiesburg“, auf Deutsch Groß Raigern) ist ebenfalls ein Barockträumchen. Auch ihre Fertigstellung im Jahr 1739 erlebte der Architekt nicht mehr. Das Kloster diente in kommunistischer Zeit als Kaserne, wurde den Benediktinern aber nach 1989 restituiert.
Hier zwei Bilder aus dem Inneren. Säulen, Fresken, Stuck und Gold satt, dazu viel rosafarbener Marmor.
Die Kirche ist tagsüber in der Regel kostenlos zugänglich. Wer mag, bucht eine Führung und sieht dabei auch noch die großartige Klosterbibliothek. Infos dazu hier.
Die Kinský-Residenz: Schloss Karlskron in Chlumec nad Cidlinou
Die mittelböhmische Kleinstadt Chlumec nad Cidlinou, durch die der Schwerverkehr rauscht, ist alles andere als ein Aufreger. Einziger Anziehungspunkt neben dem hiesigen Freibad: Schloss Karlová Koruna (Karlskron).
Alle Infos zum Schloss gibt es hier.
Projektiert wurde es zwischen 1721 und 23 von Ihr wisst schon wem. Bauherr war Franz Ferdinand Graf Kinský. Das Ergebnis ist bis heute beeindruckend: Das Schloss besteht aus einem hohen, kreisförmigen, von einer Kuppel gekrönten Mittelbau, in dem drei quadratische Seitenflügel „stecken“. So kommt das Schloss, das heute wieder im Besitz der Familie Kinský ist, ohne Verbindungsgänge aus.
Es können einige Säle besichtigt werden. Der so genannte Marmorsaal spiegelt den barocken Zeitgeist am besten wider. Da Fotografieren im Inneren verboten ist, gibt es hier nur ein Bild von außen:
Treppenwunder: Kloster Plasy
Auch das westböhmische Städtchen Plasy (Plass) ist in etwa so prickelnd wie drei Tage alte Cola – wäre da nicht sein weitläufiges, ehemaliges Zisterzienserkloster, ein Pilgerziel von Santini-Fans. Der große Architekt baute die in Teilen noch romanische Anlage im frühen 18. Jahrhundert zusammen mit Kilian Ignaz Dientzenhofer um. Übrigens stehen die Fundamente des heute von außen teils ziemlich morbide wirkenden Klosters aufgrund des sumpfigen Areals auf über 5100 Eichenholzstämmen.
Infos zu Führungen und Öffnungszeiten bekommt Ihr hier.
Zwei Führungen werden angeboten. Die eine widmet sich der Abteikirche, die andere dem Spitaltrakt. Auf Letzterer waren wir kürzlich unterwegs. Augen groß wie Suppenteller haben wir wieder bei den Treppenhauslösungen bekommen. Das formschöne Haupttreppenhaus sieht zum Beispiel so aus:
Die Wendeltreppe, die den Spitalflügel mit dem Kloster verbindet, ist ebenfalls brillant. Sie diente nicht nur als Verbindung der Stockwerke, sondern auch als Lüftungsschacht:
Beachtung verdienen auch die Kreuzgänge mit ihren in Teilen freskenverzierten Gewölben, die man „Platzelgewölbe“ nennt. Die Fresken zeigen Themen aus dem Leben der Zisterzienser.
Und dann erst die luftige St.-Bernhard-Kapelle: Mehr Santini geht nicht! Das Kuppelfresko wird von einem achteckigen Stern umkränzt. Die Kuppeln und Gewölbe im Spitaltrakt sind insgesamt umwerfend:
Ein Konvent wie eine Burg: Kloster Kladruby
Kloster Kladruby (Kladrau), eine der imposantesten Klosteranlagen Böhmens, erhebt sich rund 30 Kilometer westlich von Pilsen majestätisch auf einer Anhöhe. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Anlage schwer mitgenommen und im Zuge der Gegenreformation von Giovanni Santini wieder aufgebaut.
Hauptattraktion ist die riesige Klosterkirche Sankt Marien: Auch in dieser vom Tageslicht verwöhnten Kirche verschmelzen gotische und barocke Elemente. Der wilde Tanz der Netzrippen im Gewölbe ist ein Fest fürs Auge.
Infos über Führungen und Öffnungszeiten findet Ihr hier.
War er’s oder war er’s nicht: Schloss Rychnov nad Kněžnou
Schloss Reichenau an der Knieschna, das Anfang des 18. Jahrhunderts für die Adelsfamilie Kolowrat um- und in Teilen neu aufgebaut wurde, soll auf Pläne Santinis zurückgehen. Viele stilistische Merkmale weisen darauf hin, unter anderem die ovalen Fenster in den Dachgauben. Vor Ort war der Architekt jedoch nie, zumindest gibt es keine Beweise dafür.
Unsere ganz persönliche Meinung: Auch wenn das Schloss zu den größten Schlössern Böhmens gehört, ist es eher ein Langweiler. Extra herzufahren, lohnt unserer Meinung nach nicht. Wer es doch macht, kann eine Führung buchen, bei der man viele alte Schinken und eine Waffensammlung sieht.
Alle Infos zu Öffnungszeiten und Eintritt gibt es hier.
Klein aber fein: Die Dorfkapelle von Mladotice
Im bescheidenen westböhmischen Dorf Mladotice (Mlatz) steht in einem privaten Obstgarten eine rot-gelbe Kapelle, die zu einem heute nicht mehr existenten Kloster gehörte. Santini errichtete sie im Jahr 1710 im Grundriss eines sechszackigen Sterns. Auch im schönen Gewölbe des Kapellchens taucht die Sternensymbolik wieder auf. Wer sich hierher aufmacht, sollte allerdings vorher zum Telefon greifen: Unter der Telefonnummer 792339281 können Besichtigungstermine vereinbart werden.
Die Nüchterne: Wallfahrtskirche Mariánský Týnec
Auch unser letzter Santini-Bau befindet sich in Westböhmen: die Wallfahrtskirche in Marianský Týnec (Maria Teinitz). 1711 wurde der Grundstein für die von Santini entworfene Kirche gelegt. Doch bereits 1785 wurde das Kloster wieder aufgelöst. Schon bald danach begann die Kirche zu verfallen. 1919 schließlich stürzte die Kuppel ein.
Mittlerweile ist die Kirche umfangreich restauriert, wirkt aber leider etwas spröde und ihres Glanzes beraubt. Trotz alledem ist die Formensprache des großen Santini im hellen Gotteshaus, das übrigens die Form eines gleicharmigen griechischen Kreuzes besitzt, noch immer zu erkennen:
In der Propstei ist ein Heimatmuseum untergebracht, das man nicht unbedingt gesehen haben muss.
Infos über Öffnungszeiten und Eintritt (auch die Kirche ist gebührenpflichtig) findet Ihr hier.
Noch mehr Infos über Santini
- Viele Infos über den Architekten gibt es auch auf der Seite www.santini.cz.
- Eine überaus ambitionierte Monographie zu Santinis Werk stammt von Fritz Barth: Santini 1677–1723. Ein Baumeister des Barock in Böhmen. Ostfildern: Hatje Cantz 2004. Jeder Santini-Stein wird dort umgedreht.
- Auch in unseren Reiseführern → „Tschechien“ und → „Westböhmen“ haben wir die Architektur Santinis gewürdigt. Beide Titel erschienen im Michael Müller Verlag.
Noch mehr Tschechien bei uns auf dem Blog
- Mährische Moderne: Funktionalistische Architektur in Brünn
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- Kunstrebell: Auf den Spuren David Černýs durch Prag
- Praha-Holešovice: Prags Hipsterviertel im Moldaubogen
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- Verschwundene Orte, verschwundene Menschen: Lost Places in Westböhmen
- Klingelring: Mit der Straßenbahn durch Prag
- Prag revisited: Heißer Scheiß und kaltes Bier
- Bat’as Schuh(schachtel)-City: Die funktionalistische Stadt Zlín in Mähren
Das sieht ja superspannend aus! Nie von Giovanni Santini gehört, aber jetzt will ich unbdingt nach Tschechien. Eigentlich sollte das ja möglich sein von Berlin aus, auch mal für einen Kurztrip. Toller Post mit supervielen Infos – Danke!
Liebe Natascha, herzlichen Dank für das nette Feedback. Santini ist toll. Wir stehen da schon lange drauf, haben jetzt bei der letzten Recherche aber endlich mal geschafft, die wichtigsten Santinis durchzufotografieren. Übrigens kann man Tschechien von Berlin aus wirklich easy auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln bereisen. Mit Zug und Bus kommt man in Tschechien bequem fast überall hin. Herzliche Grüße von Gabi und Michael