StartEuropaPortugalLost Places auf den Azoren: Ruinensuche im Inselparadies

Lost Places auf den Azoren: Ruinensuche im Inselparadies

-

Verfallene Fabriken, zerstörte Leuchttürme, verlassene Häuser und aufgegebene Siedlungen: Dass es so viele Lost Places auf den Azoren gibt, hat mehrere Gründe. Abwanderung ist ein großes Thema. Portugal war lange Zeit das Armenhaus Westeuropas, und die Azoren wiederum das Armenhaus Portugals. Die Emigration in die USA, nach Kanada oder Brasilien war für viele Azoreaner die einzige Möglichkeit, der Armut zu entkommen. Sie gingen, ihre Häuser verfielen.

Hinzu kommen die Naturgewalten, die den Atlantikinseln immer wieder zusetzen: Erdbeben, Vulkanausbrüche, Monsterstürme. Und ist ein Ort erst einmal aufgegeben, braucht es angesichts des feucht-warmen Klimas nicht lange, bis daraus melancholische Ruinen werden, in denen Bäume sprießen. Angkor Wat im Kleinen sozusagen, nur tempelfrei.

Wir stellen Euch in diesem Artikel Lost Places auf sieben der neun Azoreninseln vor – was nicht heißen soll, dass die anderen beiden Inseln frei von Lost Places sind. Nur entdeckten wir auf Graciosa und Corvo keine Ruinen, die spannend genug wären, um hier aufgeführt zu werden.

 

Frau läuft Treppe eines verlassenen Gebäudes hinauf
Es war einmal ein Hotel auf Terceira: Wer Lost Places auf den Azoren sucht, wird schnell fündig

 

Bitte haltet Euch an die Lost-Place-Etikette: Wo es Verbotsschilder und/oder Zäune gibt, sollte man draußen bleiben. Nichts mitnehmen, nichts dalassen! Und extreme Vorsicht nach oben und unten, falls Ihr Gebäude betreten wollt!

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

LOST PLACES AUF SÃO MIGUEL

Hotel Monte Palace

Lost Place Lobby
Das ehemalige Hotel Monte Palace ist so etwas wie der Promi unter den Lost Places der Azoren

Wo? Im westlichen Inselinneren von São Miguel in Nachbarschaft des Aussichtspunkts Vista do Rei

Wir starten mit dem Promi unter den azoreanischen Lost Places, mit der Megaruine des einstigen Fünf-Sterne-Hotels Monte Palace. Dystopische Filme könnte man darin drehen. Der Hotelbau befindet sich in Traumlage am Kraterrand einer mächtigen Caldeira im Westen von São Miguel. Von dort blickt man auf zwei Seen inmitten eines Kraters. Und in entgegengesetzter Richtung sieht man das Meer in der Ferne glitzern – zumindest, wenn die Sicht frei ist, was nicht immer der Fall ist. Gerne bleiben Wolken am Kraterrand hängen.

 

Mann sitzt da mit Blick auf einen Kratersee

 

Bitte beachten: Das Areal ist mittlerweile von Bauzäunen umgeben und mit „Do not enter“-Schildern versehen, was jedoch kaum einen Touristen davon abhält, durch Öffnungen in den Zäunen einzudringen. Unsere Fotos entstanden in einer Zeit, in der das Betreten des Areals noch nicht offiziell verboten war.

 

Diese Diashow benötigt JavaScript.

 

Das Hotel wurde 1984 von einem französischen Unternehmen eröffnet. Über 170 Betten hatte es. Ein Jahr nach der Eröffnung wurde jedoch kein Laken mehr gewechselt, das Hotel hatte Konkurs angemeldet. Mangels Werbung und Fluganbindungen nach Europa waren zu wenige Gäste gekommen. 2017 wurde die Ruine von einer chinesischen Investorengruppe gekauft, die ankündigte, das Hotel umbauen und wiedereröffnen zu wollen. Auf unserer letzten Recherche 2024 war davon aber noch nichts zu sehen.

Literaturtipp: Die Hotelruine ist Schauplatz des Romans „Rocha Monte“ von Peter Höner, der 2023 erschienen ist.

 

Ladeira da Velha: Das Thermalbad am Meer

Die Warmwasserquelle Ladeira da Velha im Norden von São Miguel speiste einst ein Thermalbad. Heute führt ein steiler Wanderpfad hinab zu den geheimnisvollen, überwucherten Ruinen des vor langer Zeit aufgegebenen Thermalbades.

 

Mann steht vor Ruine im Grünen
Ladeira da Velha

 

Noch etwas weiter, direkt am Meer, hat ein kleiner Thermalpool die Zeiten überdauert. Die hier oft stürmische See hat ihn schwer gezeichnet. Er wird noch immer von warmem Wasser gespeist. Ein toller Ort!

 

Paar sitzt an einem aufgegebenen Pool am Meer
Pause am alten Thermalpool

 

Wo? Die Ruinen sind nur zu Fuß zu erreichen. Von der Praia dos Moinhos nahe Porto Formoso führt ein markierter Wanderweg zur Ladeira da Velha (Dauer ca. 2,5 Std.).

 

Antena Marconi

Eher durch Zufall entdeckten wir im Inselinneren von São Miguel die riesige Antena Marconi (Durchmesser der Parabolantenne 32 Meter). Die vergammelte, aufgegebene Anlage wirkt wie die Kulisse eines Schience-Fiction-Films. Errichtet wurde sie in den 1980er-Jahren zur Verfolgung von Satelliten. Auftraggeber war das Telegrafieunternehmen Companhia Portuguesa Rádio Marconi (CRPM), das 2002 in der Portugal Telecom aufging. Über eine Restaurierung und Wiederinbetriebnahme wird nachgedacht.

 

Aufgegebene Satellitenanlage
Antena Marconi

 

Wo? Die Anlage passiert man auf der EN 4-1A zwischen Ponta Delgadas nördlichem Vorort Fajã de Cima und São Vicente an der Nordküste der Insel. Achtung: Das Areal ist umzäunt, das Betreten verboten! Ihr könnt es jedoch von außen einsehen.

 

Die Mineralwasserabfüllanlage von Lombadas

Die Ruinen von Lombadas liegen in der Serra de Água de Pau, einer eigenartigen, zerfurchten Landschaft mit Schluchten, rauschenden Bächen und Wasserfällen. Hier wurde zwischen 1897 und 1999 das Água Mineral Carbo-Gaso­sa das Lombadas abgefüllt, einst das bes­te Mineralwasser des Archi­pels. Bis zu 17.000 Liter spru­delten pro Stunde aus der Quelle, abgefüllt wur­den aber nur wenige Kis­ten.

 

Ruine im Grünen
Die ehemalige Mineralwasserabfüllanlage von Lombadas

 

Wo? Lombadas ist von der Straße zwischen Ribeira Grande und Vila Franca do Campo ausgeschildert.

Erd­rutsche und Hoch­was­ser zer­stör­ten schließlich den Be­trieb, zurück blieb ein fast gruse­liger Trüm­merhaufen. Künf­tig jedoch, so die Planungen, will man die Quel­le wieder anboh­ren und ei­ne Abfüllanlage auf­bau­en. Bis dahin könnt Ihr hier einen Lost Place in wirklich wildromantischem Setting besuchen.

 

Die Ruine mit den Häschenfliesen

Auf dem Weg von Ribeira Grande nach Lombadas steht etwas abseits der Straße die dachlose Ruine eines Wohnhauses, zu dem eine Allee führt. Der Ausblick muss früher herrlich gewesen sein, heute ist er zugewachsen.

 

Dachlose Ruine eines Wohnhauses

 

Wo genau? Haltet etwa zwei Kilometer oberhalb von Caldeiras linker Hand Ausschau, aufpassen!

Zunächst recherchierten wir ein wenig ins Leere, bis wir auf die Idee kamen, Freunde zu fragen, die Jahrzehnte lang auf São Miguel gelebt hatten. Und siehe da: Die beiden kannten das „Hexenhaus“ noch im intakten Zustand. Das war noch in den 1990er-Jahren so. Das Haus in den Bergen gehörte einem Emigranten, der vermutlich nicht ganz glücklich mit seiner Immobilie war: Viele Monate im Jahr steht man hier in den Wolken.

Der Kamin im Wohnzimmer ist noch rudimentär erhalten. Küche und Bad schmücken Fliesen mit Häschen- und Obstkorbmotiven. Und an der Außenmauer entdecken wir ein hübsches Keramikbild mit Maria und dem Jesuskind.

 

Ruine eines Hauses mit Kamin

 

Das verlassene Restaurant

Wer von Ribeira Grande zum Lagoa do Fogo fährt, passiert nach etwa drei Kilometern die Ruine eines Restaurants. Die Terrasse samt Grill ist heute überwuchert, das Innere des Lokals wurde von Vandalen heimgesucht. Wir blicken durch die zerschlagenen Fenster in den ehemaligen Gastraum, trauen uns aber nicht weiter, zu marode wirkt alles.

 

Das verlassene Restaurant

Wir kannten das Lokal noch in der intakten Version, bis zur 2006er-Auflage empfahlen wir es in unserem Azoren-Reiseführer. Es hieß Restaurante Lagoa do Fogo und bot eine „gute Küche, bei der das Gegrillte nur selten verkohlt ist“ – schmunzelnd lasen wir für diesen Artikel unsere alten Buchtexte wieder. Außerdem heißt es dort:

„Gepflegtes Restaurant mit rustikaler Einrichtung, ein Bächlein fließt durchs Lokal. Unter ‚Peixe’ findet man neben tiefgefrorenem auch frischen Fisch.“

Dahin ist dahin.

 

Die ehemalige Alkohol- und Zuckerfabrik SINAGA

Die Alkohol- und Zuckerfabrik von Lagoa war einmal ein bedeutender Arbeitgeber an der Südküste São Miguels. Annähernd 250 Angestellte hatte SINAGA. Die Fábrica do Álcool e do Áçúcar da Lagoa unterhielt eine eigene Blaskapelle und einen eigenen Fußballverein.

Wo? Rua da Fábrica/Ecke Avenida António de Medeiros e Almeida, Lagoa.

Alkohol und Zucker wurden aus Rüben gewonnen. An die 1000 Bauern bestellten auf São Miguel ihre Felder für das Unternehmen. Die Fabrik gab es über 100 Jahre, 1882 wurde sie eröffnet, 1996 dicht gemacht. Seitdem verfällt sie zunehmend, die Zukunft des Areals steht in den Sternen.

 

Aufgegebene Fabrikanlage

 

Das Gelände ist nicht zugänglich, ein Tor und Stacheldraht verhindern den Zutritt. Das war 2018 noch anders, als Matthias vom Blog Stadterkundung auf São Miguel war. Was er auf dem Gelände so entdeckt hat, könnt Ihr hier sehen.

 

LOST PLACES AUF SANTA MARIA

Die aufgegebene Radarstation

Der spannendste Lost Place auf Santa Maria ist eindeutig die aufgegebene Radarstation am nordöstlichen Zipfel der Insel nahe dem Dorf Norte. Die LORAN-Station (LORAN war ein terrestrisches Funknavigationssystem) wurde zwischen 1965 und 1978 von der portugiesischen Marine betrieben.

Lost Place im Gebüsch
Lost Places Azoren: die aufgegebene Radarstation auf Santa Maria

Auf alten Fotos sieht man eine stattliche Ansammlung weißer Gebäude auf einer freien Fläche, dahinter das Meer. Heute verstecken sich die Ruinen im Gebüsch. Man kann frei umherstreifen, Absperrungen gibt es nicht, verschlossene Türen auch nicht. Aber bitte gut aufpassen: Manche Teile der Anlage wirken, als würden sie jeden Augenblick zusammenfallen wie ein Kartenhaus. Wir entdeckten im Inneren unter anderem einen kaputtgeschlagenen Sicherungskasten, Reste von Toiletten und einer Küche.

 

Lost Place im Inneren

 

Ein tolles Fotomotiv sind zudem die Relikte des einstigen Basketballfelds:

 

Diese Diashow benötigt JavaScript.

 

LOST PLACES AUF TERCEIRA

Wo Nixon Pompidou traf

Wie auf São Miguel findet man auch auf Terceira eine spannende Hotelruine. Sie liegt ganz im Nordwesten der Insel in Nachbarschaft des Waldparks Mata da Serreta. Das Estalagem da Serreta war eine kleine Nobelherberge, 1969 wurde sie eingeweiht. Architekt war João Correia Rebelo (1923–2006), Sohn von Domingos Rebelo, dem bekanntesten Maler der Azoren. Das in die umliegende Landschaft integrierte Gebäude galt als eine Perle der portugiesischen Moderne.

 

Treppenaufgang eines Lost Places
Auch noch als Lost Place architektonisch spannend: das ehemalige Hotel Estalagem da Serreta

Verfallendes Gebäude

 

1971 trafen hier der französische Präsident Georges Pompidou und der amerikanische Präsident Richard Nixon (samt Sicherheitsberater Henry Kissinger) zusammen, um über die Wirtschaftskrise zu sprechen. Trotz dieser prominenten Begegnung musste das Hotel aus Gästemangel schließen. Später diente es einige Jahre als Therapiestätte für Drogenabhängige.

 

Diese Diashow benötigt JavaScript.

 

Eine Renovierung und Wiederaufnahme des Hotelbetriebs ist seit Jahrzehnten im Gespräch. Wir fanden das Anwesen kürzlich sogar auf der Seite eines Immobilienmaklers. Für rund 720.000 US-Dollar wird es dort angeboten. „It is ready for refurbishment“, heißt es.

 

Glasloses Fenster mit Blick ins Grüne
Blick ins Grüne

 

Die frei zugängliche Ruine im Grünen ist ein kleines Fest für Lost-Place-Fans. Spannendster Bereich ist der einst vollständig verglaste Speisesaal im oberen Stock mit herrlichstem Meeresblick:

 

Terrasse mit Meerblick eines Lost Places
Heute ziemlich luftig: Der Speisesaal des Hotels war einst komplett verglast

 

Noch mehr Hotelruinen in der ganzen Welt haben wir hier zusammengetragen: Lost Hotels: Wo wir spannende Hotelruinen entdeckten.

 

Die Kirche in São Mateus

Wo? An der Uferstraße westlich des Zentrums von São Mateus.

Die Ruine der Igreja Velha de São Mateus blickt im gleichnamigen Fischerörtchen im Süden von Terceira auf den Atlantik. Sie stammt aus dem Jahr 1700 und wurde 1893 durch einen Hurrikan zerstört. Seitdem dämmert sie als atmosphärische Ruine vor sich. Das Innere ist komplett leer. Nebenan befindet sich ein hübscher Friedhof.

 

Diese Diashow benötigt JavaScript.

 

LOST PLACES AUF PICO

Die alte Thunfischfabrik

Wie schnell aus einer aktiven Firma ein Lost Place werden kann, zeigt das Beispiel der Thunfischfabrik Cofaco auf Pico: Die Fabrik in Areia Larga, einem südlichen Vorort des Inselhauptstädtchens Madalena, wurde erst 2018 geschlossen.

 

 

Wo? Avenida Padres da Rosa, Areia Larga

Zunächst war das Werksareal für die Öffentlichkeit gesperrt, zuletzt aber stand es offen. Mancherorts wirken die Hallen und Büros wie eben erst verlassen. Die Schlüssel hängen noch im Schlüsselkasten des Portierhäuschens. Auf dem blanken Asphalt eine Rechenmaschine. In den Büroräumen Kladden und Ordner. Eine umgefallene Kaffeetasse neben einem herausgerissenen Kabeltelefon.

 

Blick durch ein Fenster in eine leer geräumte Fabrikhalle

Zerstörte Toiletten

 

Doch die Tage dieses Lost Places sind voraussichtlich gezählt. Die Fabrikanlage soll abgerissen werden und den Platz frei machen für ein Fünf-Sterne-Hotel.

 

Hotel Pico

„Vornehmes Haus mit 46 Zimmern und 23 Apartments. Komfortable Ausstattung. Pool. Gutes Restaurant. DZ 15.000 Escudos“.

So beschrieb Michael das Hotel Pico in Madalena in der Erstauflage seines → Azoren-Reiseführers (1999). Das noble Haus kackte jedoch im Lauf der Jahre zunehmend ab. In der zweiten Auflage 2002 schrieben wir, dass „das Haus seinen guten Ruf in den letzten Jahren verloren“ hat. Und in der dritten Auflage (2006) war schließlich zu lesen:

„Abgewohntes Mittelklassehaus mit schlechtem Preis-Leistungs-Verhältnis.“

 

Aufgegebenes Hotel mit Palmen
Lost Place Hotel Pico

 

Bald darauf war das Hotel Pico dicht und verfiel. Mittlerweile ist es eine traurige Angelegenheit: In den ebenerdigen, von außen einsehbaren Zimmern stehen teils noch Möbel. Der Pool gammelt in einem völlig verwilderten Garten vor sich hin.

 

 

Im ehemaligen Foyer wurden Kloschüsseln zusammengetragen – sie wirken fast wie eine Kunstinstallation:

 

Kloschüsseln in einem Lost PLace

 

Wie die alte Thunfischfabrik von Madalena ist auch der Fortbestand dieses Hauses ungewiss: Angeblich soll es restauriert werden und als Hotel wiederauferstehen. Ob das klappt? Die Lage an der Ausfallstraße ER1 nach São Roque do Pico ist alles andere als spannend.

 

Die alte Feuerwehrwache von Madalena

Wo? Avenida Machado Serpa

Seitdem die Bombeiros von Madalena an den Stadtrand gezogen sind, verfällt die ehemalige Feuerwehrwache im Zentrum des Städtchens. Die alte Halle der Feuerwehrautos wird gerne als überdachter Parkplatz genutzt, der restliche Bereich des Gebäudes ist bei Drogenkonsumenten beliebt. Kein Den-musst-du-unbedingt-gesehen-haben-Lost-Place, aber falls Ihr ohnehin schon in der Gegend seid…

 

Diese Diashow benötigt JavaScript.

 

LOST PLACES AUF FAIAL

Faial hat ausgesprochen viele Lost Places, die vor allem auf zwei Naturkatastrophen zurückgehen. Da ist zum einen der Ausbruch des Vulkans Capelinhos 1957/58 zu nennen. Ein Jahr lang hielt er die Einwohner der Insel in Atem. Asche wurde über 1400 Meter hoch in die Atmosphäre geschleudert, Lava bis zu 500 Meter hoch. Ganze Landstriche wurden unter einer Ascheschicht begraben. Rund 250 Familien aus dem Westen der Insel verließen daraufhin Faial für immer.

1998 hingegen bebte die Erde. Bei den Erdstößen (5,8 auf der Richterskala) starben zehn Menschen. Rund 500 Häuser stürzten ein, über 1500 Menschen wurden obdachlos. Bis heute sind Ruinen auf der Insel allgegenwärtig, wir zeigen Euch ein paar.

 

Leuchtturm zum Ersten: Ponta dos Capelinhos

Inmitten der Aschewüste an der Ponta dos Capelinhos am Westzipfel Faials zieht die Ruine eines Leuchtturms Touristen in Scharen an. Die gesicherte und teilrestaurierte Ruine ist ein Überbleibsel des Vulkanausbruchs von 1957/58 und heute Part eines spektakulären Besucherzentrums. Der Turm kann bei gutem Wetter bestiegen werden.

Mehr Infos zum Besucherzentrum Capelinhos gibt es hier.

 

Leuchtturmruine in einer Aschewüste
Die Ponta dos Capelinhos ist ein Must-see auf Faial

 

Um die Szenerie nicht zu stören, wurden die Ausstellungsräume des Besucherzentrums unterirdisch angelegt – ein architektonisches Wunder, das Ihr nicht verpassen sollt. Das Museum informiert über den Ausbruch des Capelinhos, aber auch über andere Vulkane weltweit. So sieht das Foyer aus:

 

 

Fährt man vom Besucherzentrum Richtung Süden, kann man bis heute die Giebelreste verschütteter Häuser aus Sand und Asche ragen sehen:

 

 

Leuchtturm zum Zweiten: Ribeirinha

Der 1915 erbaute Farol da Ribeirinha wies bis 1998 Schiffen den Weg durch die Meerenge zwischen Pico, São Jorge und Faial. Dann kam das Erdbeben. Seitdem steht der Leuchtturm als melancholische Ruine einsam und traurig in der Landschaft. Der Ort hat einen ganz besonderen Reiz: Drum herum weiden Kühe und Pferde, der Blick schweift hinüber zur Nachbarinsel São Jorge.

 

Leuchtturmruine in herrlicher Küstenlandschaft
Einer der schönstgelegenen Lost Places der Azoren: die Leuchtturmruine von Ribeirinha auf Faial

 

Wo? Der Leuchtturm ist von Ribeirinha und von der weiter nordwestlich gelegenen Ortschaft Espalhafatos ausgeschildert.

 

Die Kirche von Ribeirinha

Das Dorf Ribeirinha wurde beim Erdbeben im Juli 1998 schwer in Mitleidenschaft gezogen. Das Gros der zerstörten Häuser ebnete man danach ein und ersetzte es durch sterile Neubauten.

 

Kirchenruine im Gegenlicht
Es war einmal ein Gotteshaus: Kirchenruine in Ribeirinha

 

Die Kirche von Ribeirinha liegt auch über 25 Jahre nach dem Beben noch immer in Trümmern. Die Natur fährt ihre Krallen aus und besetzt die heiligen Hallen. Die Treppe zur Kanzel scheint fast ins Leere zu führen. Ein starker Lost Place, der wohl wie im Nachbarort Pedro Miguel irgendwann durch einen sterilen Kirchenneubau ersetzt wird.

 

Die Kneipe am Porto do Salão

Ruine am Meer mit Sonnenaufgang

 

Den alten Hafen des Dorfes Salão lieben wir sehr, nicht zuletzt deswegen, weil sich darüber ein sehr einfacher, aber überaus stimmungsvoller Campingplatz befindet. Dort schlagen wir stets unser Zelt auf, wenn wir auf Faial sind.

Zwischen Campingplatz und der Badestelle des alten Hafens befindet sich die nicht minder atmosphärische Ruine der ehemaligen Snackbar A Canoã. Auch sie wurde nach dem Erdbeben im Juli 1998 aufgegeben und nie mehr instandgesetzt.

 

Ruine einer Kneipe am Meer
Lost Places auf Faial: Ruine der ehemaligen Snackbar A Canoã

 

Das Thermalbad in Varadouro

Im Küstenörtchen Varadouro könnt Ihr das morbide Gebäude eines ehemaligen Thermalbads begucken – leider nur von außen. Es ist ebenfalls seit dem Erdbeben 1998 geschlossen, die Pumpanlagen wurden damals zerstört. Wann die Therme wieder eröffnet und ein Bad im heißen Wasser möglich ist, steht in den Sternen.

 

Das ehemalige Thermalbad in Varadouro

 

Die Ruinen von Horta

Das Inselhauptstädtchen Horta ist eine Perle. Hier treffen sich die Atlantiküberquerer an der kunterbunt bemalten Mole, und hier gibt es gute Restaurants und ein paar witzige Kneipen.

Wer sich durchs Zentrum treiben lässt, wird auch viele Ruinen entdecken, Zeichen der Abwanderung wie so oft auf den Azoren. Darunter befinden sich ganze Stadtpaläste genauso wie historische Wohnhäuser, von denen nicht viel mehr erhalten blieb als die Fassade.

 

 

Eine besonders schöne Ruine ist das alte Karmeliterkloster am Largo do Carmo hoch über Horta. Seit Jahren heißt es, dass aus der Klosterruine ein Fünf-Sterne-Hotel werden soll, doch nichts dergleichen scheint sich zu tun.

 

Ruine
Lost Places Azoren: das ehemalige Karmeliterkloster hoch über Horta

 

LOST PLACES AUF SÃO JORGE

Der Leuchtturm an der Ponta das Rosais

An der Ponta dos Rosais, der westlichsten Spitze São Jorges, erhebt sich über der steil abfallenden Küste fast 200 Meter über dem Meer die Ruine einer Leuchtturmanlage. Noch zu Zeiten Salazars diente sie auch militärischen Zwecken. Ein starkes Erdbeben zog den Komplex aber so in Mitleidenschaft, dass man den Leuchtturm aufgab.

Wo? Der holprige Weg zum Leuchtturm (mit „Farol“ ausgeschildert) ist ab Rosais nicht mehr geteert.

Elf Sekunden lang zitterte in der Silvesternacht 1979/1980 die Erde. Am schlimmsten traf es den Südwesten Terceiras, aber auch São Jorge und Graciosa waren betroffen. Auf den drei Inseln wurden über 60 Tote und mehr als 5400 völlig zerstörte Häuser gezählt. Außerdem wurden 20.000 Menschen obdachlos.

 

Leuchtturmruine im Nebel
Gespenstisch: der aufgegebene Leuchtturm a der Ponta das Rosais

 

Das Betreten der Anlage ist offiziell verboten, abgesperrt ist das Areal jedoch nicht. Wir raten tunlichst davon ab, das Gelände zu erkunden – die Küste droht hier abzubrechen. Den schönsten Blick auf den Leuchtturm hat man ohnehin von einem alten Walausguck nahebei:

 

Frau blickt von oben auf eine aufgegebene Leuchtturmanlage

 

LOST PLACES AUF FLORES

Das verlassene Dorf Caldeira

Auf fast jeder Azoreninsel gibt es verlassene Dörfer und Siedlungen. Die Geschichte des Flores-Dörfchens Caldeira endete mit dem Wegzug der letzten Familie im Jahr 1992. Ein kleiner Spaziergang durch den in einer Senke gelegenen Ruinenort hat seinen besonderen Reiz. Auch der offizielle Wanderweg von Lajedo nach Fajã Grande führt durch die aufgegebene Siedlung.

 

 

10 Kommentare

  1. Wow, was für faszinierende Lost Places! Das Klima der Azoren trägt sicher auch einen großen Teil dazu bei, dass die Orte so ‚lost‘ wirken. Besonders spannend fand ich die Hintergrundinformationen zur Geschichte und den Gründen für die Entstehung dieser Ruinen, wie die Abwanderung und die Auswirkungen der Naturgewalten. Die vorgestellten Lost Places wecken die Neugier, diese Orte selbst zu erkunden. Tastächlich habe ich bei meinem Besuch auf den Azoren nur einen dieser Plätze selbst gesehen, die Ponta dos Capelinhos. Der Leuchtturm und die Ruinen der ehemaligen Häuser in der Nähe fand ich beeindruckend.

    • Danke fürs Feedback, Cornelia. Die hohe Luftfeuchtigkeit und der viele Regen tragen ganz klar dazu bei, dass Gebäude innerhalb kürzester Zeit völlig vergammelt aussehen oder eben überwuchert sind. Da braucht es manchmal nur ein, zwei Jahre. Viele Grüße, Gabi und Michael

  2. Tolle Eindrücke, liebe Gabi und lieber Michael!

    Die überwucherte Therme an der Küste ist ja wild – und das Besucherzentrum zu dem Vulkanausbruch sieht beeindruckend aus. Die ehemaligen Hotels sehen auch toll aus. Ich bin da immer zu ängstlich: Nach oben traue ich mich irgendwie nie in solchen Gebäuden.

    Liebe Grüße
    Angela

    • Liebe Angela,
      also die überwucherte Therme ist echt toll, da führt auch ein sehr schöner Wanderweg hin. Also wir laufen auch immer etwas schissig durch so manche Lost Places, immer mit dem bangen Blick nach oben. Und überall trauen wir uns lange nicht hinein;-)
      Herzliche Grüße, Gabi und Michael

  3. Hallo Gabi, hallo Michael,

    was für ein faszinierender Artikel über die Lost Places auf den Azoren!
    Diese geheimnisvollen Orte haben eine ganz eigene Magie. Ich finde es immer total spannend, mehr über ihre Geschichten zu erfahren.

    Mmmh, noch ein Grund mehr für mich, mal Richtung Azoren aufzubrechen.

    Liebe Grüße von unterwegs
    Annik

  4. Oh wow, da sind einige tolle Plätze dabei, auch wenn es natürlich schade ist, das die Hotelanlagen nie wieder in Betrieb genommen wurden und an anderen Stellen dafür wieder neu gebaut wurde. Am besten gefällt mir das Hotel Pico

    • Liebe Gudrun, das ist wohl wahr. Gleichzeitig war das Hotel Monte Palace auf Sao Miguel eine Fehlinvestition. Viele Monate im Jahr sitzt man hier nämlich im Nebel. Auch eine Restaurierung und Neueröffnung könnte deswegen schwierig werden.
      Viele Grüße, Gabi und Michael

  5. Hallöchen Ihr Beiden,

    toller und umfangreicher Beitrag. Die Azoren stehen zwar aktuell nicht auf meinem Reiseplan – aber sobald es mich dorthin verschlägt, weiß ich, wo ich nochmal genauer nachlesen muss. Lost Places sind immer toll – traurig dennoch die Geschichten dahinter. Achso: ich nehme eine Häschen-Fliese (Spaß – ich finde gut, dass Ihr darauf verweist, auch an verfallenen Orten alles so zu lassen wie es ist.)

    Liebe Grüße aus Potsdam
    Sandra

    • Hallo Sandra, dankeschön fürs Feedback. Ja, die Häschen-Fliesen sind schon wirklich cool :-D… Viele Grüße, gerade von den Kapverden, Gabi und Michael

Wir freuen uns auf Eure Kommentare (E-Mail-Adresse wird nicht angezeigt)

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein